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Senta Berger liest Shakespeare in Linz

Von Karin Schütze   18.Oktober 2014

"Man gleitet in das Älterwerden hinein", sagt eine, der man ihre 73 Lebensjahre nicht ansieht: Senta Berger widmet sich in der Sonntagsmatinee mit den Nürnberger Symphonikern William Shakespeare.

 

OÖNachrichten: Das Publikum wird Shakespeares mysteriöser "Dark Lady" begegnen, in seinen Sonetten. Was glauben Sie hat er in ihr gesucht und vielleicht – sofern es sie gegeben hat – gefunden?

Senta Berger: Wir wissen es nicht genau. Man kann nur spekulieren. Aber das macht natürlich auch Spaß. Es gab wohl einige Frauen in Shakespeares Leben, die dem zeitgenössischen Schönheitsbild – blond, bleich – nicht entsprachen. Aber mehr noch die gesellschaftliche Vorstellung, die man damals von Frauen hatte, nicht bedienen wollten. Vielleicht meinte er mit "dark" ihre Seele. Ihre Lebensweise. Ich stelle mir eine schöne dunkelhäutige Frau vor, die Shakespeare bis an den Rande des Wahnsinns brachte durch ihre Jugend, ihre Erotik und Unabhängigkeit.

Haben Sie als Schauspielerin je das Gefühl gehabt, vorgegebenen Idealen entsprechen zu müssen?

Nein. Meine Vorstellung von meinem Beruf war anders. Ich wollte in keine Schublade gesteckt werden, – auch nicht in die der hübschen jungen Schauspielerin. Davon habe ich mich früh befreien wollen und auch können. Natürlich ist man in gewisser öffentlicher Position auch eine Projektionsfläche, und Schauspieler sind dafür besonders geschaffen, aber man selbst denkt doch nicht über sich in diesen Kategorien nach.

Wie schafft man es, sich selbst treu zu bleiben?

Ja, das ist ein schöner Begriff, aber in einem freischaffenden Beruf gar nicht immer möglich. Die Miete muss bezahlt werden. Dennoch sind meine beruflichen Entscheidungen fast alle von meinem persönlichen Geschmack geprägt, und manches Mal hab’ ich mich damit schon furchtbar vertan.

Man attestiert Ihnen oft "ein Gesicht, das nicht altert". Wie gehen Sie mit dem Älterwerden um?

Danke für das Kompliment, – aber natürlich ist es nichts mit " nicht altern". Ich habe immer meinem Alter entsprechend ausgesehen. Auch jetzt, über die 70. Man gleitet in das Älterwerden hinein, wie in jedes andere Kapitel des Lebens. Man wird nicht über Nacht Mutter und nicht über Nacht alt. Es sei denn, das Altwerden kommt als Krankheit zu dir. Das ist dann bitter. Noch aber bin ich gesund und freue mich des Lebens. Nicht jeden Tag, nein, das natürlich nicht. Und in den Spiegel schaue ich gar nicht gerne. Vor meinem inneren Auge bin ich immer noch die Senta von vor 20 Jahren.

Welche Rollen fallen Ihnen leichter – jene, die Ihnen ähnlich oder eher fremd sind?

Generell fällt mir gar nichts leicht. Ich gehe immer mit großen Zweifeln an eine Arbeit heran. Je besser eine Geschichte geschrieben ist, desto schneller kann ich eintauchen in die Figur. Es kommt überhaupt mehr auf die Bedingungen an, unter denen eine Arbeit entsteht, als die Rolle selbst, finde ich. Je weiter weg von mir die Frau ist, die ich zu spielen habe, desto mehr regt es natürlich meine Fantasie an. Das macht Spaß! Wie sitzt die Eva Prohacek? Kerzengerade und immer auf der Stuhlkante… das ist interessant, sich auszudenken. Rollen, die mir ähneln, gibt’s die? Ich weiß ja selber nicht, wie ich bin.

Fällt die eher strenge Eva Maria Prohacek in die zweite Kategorie?

Durchaus. Die Eva Prohacek habe ich mir ausgedacht, auch ihren Namen. Ich wollte als Kriminalrätin keinen klingenden, so wie "Rosa Roth" oder " Bella Block". Ich wollte einen Namen wie einen kleinen Peitschenknaller, mit Biographie. Priwan, Prohaska, Prikopa – Prohacek! Aus dem Wiener Telefonbuch.

Wie erarbeiten Sie sich eine Rolle?

Sehr oft stelle ich mir vor, was diese Frau, die ich zu spielen habe, vor Beginn unseres Films, vor Beginn unserer Geschichte erlebt hat. Auch wenn das später im Film nie erwähnt wird. Welche Kleider wird sie tragen? Wie viel Geld gibt sie überhaupt dafür aus? Was liest sie? Welche Körpersprache kann ich ihr geben? Geht sie gebückt, schnell, langsam? Ich komme sehr oft von außen an das Innere der Figur heran. Das ist ein schöner Prozess, und ich merke, eigentlich kann ich ihn nicht erklären.

 

Zur Person Senta Berger

Die Wienerin trat schon als Vierjährige mit ihrem Vater, einem Musiker, auf. Das Max-Reinhardt-Seminar musste sie vorzeitig verlassen (sie hatte unerlaubt eine Filmrolle angenommen) und kam 1958 als jüngstes Mitglied ans Theater in der Josefstadt. Nach Filmerfolgen („Der brave Soldat Schweijk“, „Es muss nicht immer Kaviar sein“) übersiedelte sie nach Hollywood, wo sie von 1962 bis 1969 u. a. mit Frank Sinatra und Kirk Douglas drehte. 1971 beteiligte sich Senta Berger an der von Alice Schwarzer initiierten Medien-Aktion „Wir haben abgetrieben!“. Die zweifache Mutter wohnt südlich von München und in Berlin.

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