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Schweigen finden wir unverschämt

Von Silvia Nagl   18.März 2013

Anerkennung und die höchste Bewertung gebühren Idee, Konzept und Zustandekommen dieser Produktion: „Land der Lämmer“ in Erinnerung an den Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland am 12. März vor 75 Jahren. Zehn Autoren verschiedener Generationen und Herkunft wurden vom Projektverantwortlichen und Regisseur Gerhard Willert eingeladen, Beiträge für dieses „dramatische Kaleidoskop“ zu verfassen. Mit einem vom Zeitgeschichte-Institut der Linzer Kepler-Uni betreuten Begleitprogramm wurde über Theater während der Nazi-Zeit referiert und diskutiert.

Zehn unterscheiedliche Texte

Zehn von Inhalt, Form, Länge und Qualität unterschiedliche Texte an einem inszenatorisch wie schauspielerisch nicht die gesamte Dauer über fesselnden Theaterabend vereint: kein leichtes Unterfangen. Die Bühne von Alexandra Pitz in Rot-Weiß-Rot, die Geländer stilisierte Hakenkreuze, auf einem Vorhang kaum sichtbar die Zahlen 03/38 und 03/13, aber keine Zeigefinger-Aufdringlichkeit, auch nicht bei der zurückhaltenden Musik von Fadi Dorninger, und den Projektionen von Kunstuni-Studierenden, die ein feines Netz über das Bühnengeschehen legen und darin virenähnliche Kleinwesen flattern lassen, die braune Infektion hervorrufen könnten.

Herausragend ist „Die Zischsuppe – ein Ansatz zum Anschluss“ von Franzobel (geboren 1967 in Vöcklabruck). Einfach herrlich, wie Joachim Rathke und Erich-Josef Langwiesner, so wie auch der Stücktext, zwischen beißendem Zynismus und feiner Komödiantik balancieren. Falk Richter (*1969 in Hamburg) kann mit „My Secret Garden“, Erinnerungen an den Vater, der die eigene Erinnerung auslöschen wollte, fesseln – so wie auch der chorische Vortrag des elfköpfigen Ensembles. Der Rückblick von Michel Vinaver (*1927 in Paris) auf den Besuch des Bundeskanzlers der FP-VP-Regierung 2000 in der Schweiz ist ein analytischer Essay – zu lange zum Vorlesen (worum sich Sven-Christian Habich redlich bemüht). Dieser Text ließe sich streichen, ist er doch im Programmheft abgedruckt. Damit wäre auch der Konzentration des Publikums gedient, das in diesen beinahe drei Theaterstunden zu dieser Thematik schon auch sehr gefordert wird.

Thomas Arzt (*1983 in Schlierbach) beobachtet in „Mauthausen“ mit scharfem Blick und Humor eine Besuchergruppe. Mieze Medusa (*1975 in Schwetzingen) nimmt das Wort Anschluss wörtlich in ihrem von Katharina Vötter energievoll dargebrachten „Kein Anschluss unter dieser Nummer“ mit dem markanten, den ganzen Abend symbolisierenden Satz: „Schweigen finde ich unverschämt!“ Der Realsatire „Dunkelstein“ von Robert Schindel (*1944 in Bad Hall) fehlt ob der Radikal-Kürzung die klare Aussage über den Rabbiner Dunkelstein während der Judenpogrome in Wien.

Die vom homogen auftretenden Ensemble – weiters dabei Eva-Maria Aichner, Bettina Buchholz, Katharina Hofmann, Barbara Novotny, Thomas Bammer, Georg Bonn, Sebastian Hufschmidt, Stefan Matousch – gelesene Textfläche „Die Schatzsuchenden“ von Gerhild Steinbuch (*1983 in Mödling) ist nur schwer aufzunehmen. So wie auch die Texte von Betty Shamieh (* 1974 in San Francisco), Barbara Grinberg (*1961 in Paris) und vom des Schreibens müde gewordenen Martin Crimp (*1956 in Kent) nicht hängen bleiben. Trotzdem: Dank für dieses Projekt.

„Land der Lämmer“: Projekt von Gerhard Willert; Landestheater Linz; Uraufführung 16.3.

OÖN Bewertung:

 

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29. März 2024