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Mit dieser Interpretation hätte Bruckner seine Freude gehabt

Von Michael Wruss   01.Oktober 2018

Tradition neu lesen und damit Musik in ihrem ursprünglichen Sinn verstehen. Das war das Motto des Konzerts des Bruckner Orchesters am Freitag im Brucknerhaus. Dirigent Markus Poschner nähert sich dem Phänomen Bruckner’scher Musik durch die Bezüge zu den Vorbildern, die er zu ihren Wurzeln zurückkehren lässt. Denn was bedeutet Bruckners Aufsaugen der Musik Beethovens, Wagners und vor allem Berlioz’, wenn die Aufführungsgeschichte dieser Vorbilder mit der Patina des nicht hinterfragten Gewohntseins überzogen ist?

Was war das Beethoven-Bild Bruckners, wie sein Verständnis von Berlioz? Nur wenn man alles bereinigt und auf seinen Grundzustand zurückführt, kann man vielleicht tatsächlich dorthin gelangen, wo Bruckner seine Musik verstanden wissen wollte.

Das dürfte Markus Poschner und dem grandios musizierenden Bruckner Orchester an diesem Abend ziemlich gelungen sein. Schon im ersten Teil, der Wagners Tannhäuser und Tristan galt, ließ Poschner unaufgeregt spielen, hielt die Musik im Fluss, machte agogische Rückungen nur dort, wo sie tatsächlich verlangt oder notwendig sind, und befreite allein damit die Musik von einem jahrhundertealten Ballast vermeintlicher Emotionssteigerung.

Da entfaltet die Musik eine natürliche Durchsichtigkeit. Das nicht nur bei den Vorspielen zu diesen beiden Opern, sondern auch in der Begleitung der Hallenarie und von Isoldens Liebestod. Ricarda Merbeth war dabei die ideale Solistin, die sich in dieses Geflecht miteinbauen ließ und so voll und ganz vom Orchester getragen ihre Stimme frei fließen lassen konnte.

Wagner, entschlackt

Mit einem derart entschlackten Wagner geriet auch Bruckners Dritte in ihrer zu Lebzeiten des Komponisten nie aufgeführten Erstfassung zu einer Lehrstunde zum Thema Bruckner. Einerseits wählte Markus Poschner durchaus zügige Tempi, die erahnen lassen, dass die auch technisch herausfordernde Musik vielleicht die damaligen Möglichkeiten sprengte und wir uns erst heute glücklich schätzen dürfen, diese Musik in einer derartigen Präzision erleben zu können. Aber das Tempo allein ist es nicht, sondern die Balance der Instrumentengruppen, ein intelligentes Strukturieren der Phrasen, ein hingebungsvolles Auskosten der Nebenstimmen und eine darübergestülpte Natürlichkeit des Ausdrucks. Kein pathetisches Mystifizieren, sondern höchst lebendiges und in der oberösterreichischen Tradition wurzelndes Musizieren.

Fazit: Eine Sternstunde für das Bruckner Orchester. Es bewies seine technisch-klangliche Meisterschaft, doch noch mehr. Mit seiner Bereitschaft, sich auf interpretatorische Abenteuer einzulassen, verwandelte es diese zur Sensation.

Brucknerhaus: Konzert des Bruckner Orchesters unter Markus Poschner, mit der Sopranistin Ricarda Merbeth. 28. 9.

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24. April 2024