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Meteorologische Kälte rund um einen Finanzjongleur

Von Reinhold Reiterer   01.Juni 2015

Der Vorhang geht auf, wir sehen in eine Winterlandschaft und auf die nackte Feuermauer des Akademietheaters (Bühnenbild: Kathrin Brack). Am schneebedeckten Bühnenboden rührt sich etwas, eine Person richtet sich auf. Es ist Birgit Minichmayr mit Langhaarperücke als Gunhild Borkman, Ehefrau jenes betrügerischen Bankdirektors John Gabriel Borkman, der nach Verbüßung seiner mehrjährigen Gefängnisstrafe verbittert auf seine Rehabilitierung wartet. Zumindest in Henrik Ibsens gleichnamigem Stück, das seit der Finanzkrise 2008 eine Renaissance auf den deutschsprachigen Bühnen erlebt.

Der australische Regisseur Simon Stone (30), der vor zwei Jahren mit seiner "Wildente"-Überschreibung Furore im internationalen Theaterbetrieb machte, nahm bei seiner Inszenierung nur die dramaturgische Grundstruktur des Stücks und ließ sich von Martin Thomas Pesl eine Neufassung schreiben, in der von Internet, Facebook, Online-Einkauf und Psychotherapie via Skype die Rede ist: willkommen im 21. Jahrhundert.

Noch nie hat man diese Geschichte über einen Betrüger, der in Selbstmitleid versinkt und sich mit seinen Liebsten aussöhnen möchte, so witzig und doch so stimmig gesehen. Das Ganze funktioniert auch deswegen so prächtig, weil absolute Spitzenleute am Werk sind. Minichmayr stattet bei ihrem Burgtheater-Comeback Gunhild, die alle Hoffnung in eine diffuse Karriere ihres Sohnes Erhart (Max Rothbart) setzt, als gefallenen Schluckspecht aus. Martin Wuttke als Borkman kommt als uneinsichtiger Zausel daher. Nur der versponnene Träumer Wilhelm Foldal (Roland Koch), den seine Tochter (Liliane Amuat) verlassen wird, steht ihm zur Seite. Diese Wiener-Festwochen-Produktion kommt ab Herbst in das Burgtheater.

Theater: "John Gabriel Borkman" nach Henrik Ibsen. Akademietheater Wien. www.festwochen.at

OÖN Bewertung:

 

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25. April 2024