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Ludwig Hirsch: Liederritter von der traurigen Gestalt

Von Bernhard Lichtenberger   25.November 2011

„Vielleicht – zum letzten Mal“ nannte der Liederritter von der traurigen Gestalt eine vergangene Tournee, in der er seine musikalischen Geschenke neu verpackte. Nie hätten wir ernsthaft gedacht, dass das „vielleicht“ demnächst zu Grabe getragen wird.

Hängende, nach innen gekrümmte Schultern, bucklig auf dem Hocker kauernd, hager wie Woody Allen, unterschätzt wie Columbo – oft, aber kein einziges Mal zu viel haben wir Ludwig Hirsch so auf der Bühne gesehen. Er verteilte mit feinem Timbre seine Liedperlen, die bis zuletzt glänzten wie damals, als er 1978 mit dem Album „Dunkelgraue Lieder“ in die Musikwelt trat.

Über die Jahrzehnte hat er unsterbliche, liebgewordene, skurrile und abgründige Figuren geboren: den taubenfütternden Herrn Haslinger, der Kinder mehr als nur gern hat; das gedemütigte Peterle, das in bösen Träumen zurückschlägt; den alten, räudigen Wolf, der von der Freiheit träumt; die Omama, die nicht frei von Fehl war; die Tante Marie, die einer Melodie erliegt.

Schwarzer Humor („Spuck den Schnuller aus“), war eine Seite seines Schaffens. Dazu gesellten sich die poetischen Momente, die von der klaren, wahren Liebe kündeten. Wenn man Ludwig Hirsch fragte, wie das Liebeslied entstanden sei, antwortete er: „Indem die Menschen den Vogerln das Singen nachgemacht haben.“

Der einzigartige Liedermacher scheute sich auch nicht davor, das Picksüße anzugreifen: Mit dem romantischen L’Amour-Hatscher „Gel’ du magst mi“ bestieg er 1983 sogar den Gipfel der österreichischen Single-Hitparade.

Bevor er die Musik als seine Kunst entdeckte, studierte der am 28. Februar 1946 im steirischen Hartberg geborene, aber in Wien aufgewachsene Hirsch Grafik an der Universität für angewandte Kunst und besuchte die Schauspielschule Krauss.

Das Theater führte ihn zunächst nach Deutschland. Ab 1975 gehörte er zum Ensemble des Theaters in der Josefstadt. Weil ihn die Bühne nicht auslastete, schrieb er Lieder und fand seinen besonderen Weg, den keiner vor ihm gegangen war.

In welchem Genre er sich auch bewegte, ob in der Musik oder als Schauspieler – Ludwig Hirsch ging es immer um die Geschichte. „Ich kann nichts anderes als Geschichten erzählen, den Leuten Bilder malen, akustisches Kino bieten. Ich hab’s hin und wieder versucht, und es hat absolut nicht funktioniert“, sagte er.

Mehr als 20 Platten hat der scharfe Geist mit der poetischen Ader hinterlassen. Er war mit der Schauspielerin Cornelia Köndgen verheiratet, Sohn Moritz wurde 1981 geboren.

Gestern früh lag Ludwig Hirsch tot unter einem Fenster des Wiener Wilhelminenspitals, wo er zur Untersuchung war. Der große schwarze Vogel muss ihn gehört haben.

Reaktionen zum Tod von Ludwig Hirsch lesen Sie hier!

 

Das letzte Interview: Erst Ende Oktober hat OÖN-Redakteur Reinhold Gruber noch mit Ludwig Hirsch gesprochen. Über den Herbst, das Leben und Momente, die man genießen sollte.

Info: Die „Spielräume“ (Ö1, 17.30 Uhr) widmen sich heute Ludwig Hirsch, ORF 2 (22.35 Uhr) wirft einen musikalischen Rückblick auf seine Anfänge.

 

Textzeilen aus „Komm großer schwarzer Vogel“:

Ja, großer schwarzer Vogel, endlich!
Ich hab’ Dich gar nicht reinkommen g’hört,
wie lautlos Du fliegst,
mein Gott, wie schön Du bist!

Auf geht’s, großer schwarzer Vogel, auf geht’s!
Baba, ihr meine Lieben daham!
Du, mein Mädel, und du, Mama, baba!
Bitte, vergesst’s mich nicht!

Auf geht’s, mitten in den Himmel eine,
nicht traurig sein, na, na, na,
ist kein Grund zum Traurigsein!
Weil ich werd’ singen, ich werd’ lachen,
ich werd’ „das gibt’s net“ schrei’n,
weil ich werd’ auf einmal kapieren,
ich werd’ glücklich sein!



 

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29. März 2024