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Ihr Schmäh rennt

Von Jasmin Bürger   09.Jänner 2016

Aus dem "Marathon" ist ein Marsch geworden: Bei ihrem zweiten Programm hat Kabarettistin Angelika Niedetzky das Tempo reduziert – allerdings nur im Titel, "Niedetzky-Marsch". Denn wer die 36-Jährige auf der Bühne sieht, merkt: Ihr Schmäh rennt. Zum Beispiel, wenn sie als Parodie auf die Schlagerindustrie aus "I sing a Liad für di" "I hob an Hass auf di" macht.

2012 lieferte Niedetzky mit "Marathon" den Startschuss für ihre Solo-Karriere auf Österreichs Kabarettbühnen, mit ihrem Marsch tourt sie seit fast einem Jahr durchs Land. Es sind meist Banalitäten des Alltags, die sie persifliert.

Ihr Spaßtalent stellte die wandlungsfähige Darstellerin vor der Kamera schon bei "Echt fett" und "Schlawiner" unter Beweis, nächste Woche kehrt sie ins Fernsehen zurück. In der dienstäglichen Sketch-Comedyserie "Kalahari Gemsen" (ab 12. Jänner, ORFeins, ca. 23 Uhr) schlüpft sie in unterschiedlichste Rollen. Die Serie war eine Herausforderung: "In den Sketches muss es zack, zack, zack gehen, dann muss die Pointe sitzen, im Kabarett hast du mehr Zeit", erzählt sie, als wir sie beim Kabarett Niedermair im 8. Bezirk, in der Nähe der Wiener OÖN-Redaktion, treffen.

An ihrer Seite: Mischlingshündin Rosa, die Niedetzky seit 13 Jahren fast überallhin begleitet und "sich im Idealfall hinsetzt, wenn ich ,Katze’ sage", wie Frauchen augenzwinkernd erzählt, "weil ich griechisch mit ihr spreche, und ,Katze’ heißt da ,sitz’". Der Vorteil, neben Sprachtraining für die als Kind in Griechenland lebende Komikerin: "Keiner merkt, ob Rosa folgt."

In Thessaloniki war die Familie – Niedetzky hat einen älteren Bruder, der Oberarzt bei den Elisabethinen in Linz ist – bis sie sieben war. Der Vater unterrichtete vier Jahre an der deutschen Schule.

"Piefkenesische" Vorbildung

Die Rückkehr nach Plesching war schwierig: "Ich hab piefkenesisch gesprochen und war in der Volksschule in Steyregg gleich einmal die Außenseiterin." Heute klingt ihr Dialekt, als hätte sie nie anders gesprochen. Dass Verwandte manchmal sagen, sie hätte sich Wienerisch angewöhnt, "beleidigt mich fast, da hau i mi dann extra eini, weil Wienerisch red’ i net", sagt die stolze Oberösterreicherin, die sich trotz neuer Wohnung mit Terrasse beim Naschmarkt "wahrscheinlich nie als Wienerin fühlen wird".

Den Schmäh zum Beruf machen wollte sie früh: "Mit 15 hab ich angefangen, Lehrer zu imitieren, das war der Brüller in der Schule", sagt die Absolventin des Akademischen Gymnasiums in Linz.

Dorfer, Hader, Düringer waren Idole: "Ich hab die auf VHS-Kassetten geschaut, bis die Bandln gekocht haben." Mit dem Ziel, Schauspielerin und Kabarettistin zu werden, ging sie nach Wien und inskribierte – Ernährungswissenschaften, um des elterlichen Friedens willen. Im Audimax der Uni Wien war sie oft, freilich vor allem sonntagabends: Da spielte Alfred Dorfer.

Die erste Begegnung mit dem Idol schildert Niedetzky bühnenreif: "Mit kurzen, feuerroten Haaren klopfe ich eines Sonntags an die Garderobentür, er macht mir auf, oben ohne, so ein Hühnerbrüsterl von Dorfer, und ich sag’: ,Ich bin die Angelika, ich möchte Kabarettistin werden, was kann ich da machen?’"

Der Überrumpelte erklärte sich bereit, ihre Texte zu lesen. "So nervös war ich nicht einmal bei der Matura, weil ich wusste, wenn der Dorfer sagt, des is a Schas, kann ich mich aufhängen."

Alfred Dorfer fand: "Ka Schas"

Statt "Schas" sagte er "outstanding", und: "Toll, dass eine Frau so was schreibt." Na dann. Nächste Station: Schauspielschule Krauss und erste Kabarettauftritte, im Frauenquartett "Freaky Nylons", mit Krauss-Kollegen als "Bakschisch". Von Dauer war beides nicht, bald fasste die vielseitige Niedetzky in TV und Film ("Fallen", 2005, oder "Die unabsichtliche Entführung der Frau Elfriede Ott", 2010) Fuß. Weitere Stationen: Dorfers Donnerstalk, Kabarett Simpl.

Auf der Bühne ist Niedetzky authentisch, schauspielerische Erfahrung setzt sie aber – neben ihrer Weiblichkeit – ebenso gekonnt ein wie ihr Improvisationstalent: "Ich mag das gern, aus den Leuten was rauskitzeln."

Trotz Bühnenroutine kommt vor Auftritten auch mal Nervosität. Was hilft? "Nägel feilen. Akribisch."

Nicht nervös macht sie die finanzielle Unsicherheit des Berufs: "Existenzängste hab ich nie gehabt, auch wenn sie manchmal berechtigt gewesen wären." Auch sonst ist die mit dem Schlagzeuger von Christina Stürmer in einer Beziehung lebende Niedetzky entspannt: "Hochzeit? Da seh ich keinen Mehrwert." Muttergefühle hat sie noch keine, "vielleicht kommt’s nie, aber wenn i mir vorstell’, i bin alt und hab keine Nachkommen, nur an Hund, des is a nix."

Als "bodenständige Lustige" lässt sie sich gern charakterisieren, "Ulknudel" taugt ihr nicht. "Ich weiß, dass ich in der lustigen Schublade drinnen bin, und mir macht das wahnsinnig Spaß. Was mich aber ärgert, ist, wenn es um Film- oder Theaterrollen geht und man mir nicht zutraut, hochdeutsch zu reden und ernst zu sein", sagt sie. "Dann muss ich eben zeigen, dass ich’s kann." Und sie kann.

Zukunftspläne? "Ich bin ein großer Horror- und Psychothrillerfan. Wenn mich niemand besetzt, dann schreibe ich selbst ein Drehbuch." Erfahrung hat sie: Auch die Sketches für die neue Serie haben sie und Co-Darsteller Nair verfasst. Ausdauer lehrt das Laufen: "Marathon ist vor allem Kopfsache."

Derzeit aber arbeitet die Energiegeladene am nächsten Solo-Programm, Premierentermin: November. Ideen sprießen im Alltag, beim Laufen oder im Traum. Fürs Schreiben braucht sie "drei bis vier Monate", einen Tapetenwechsel oder viel Energie: "Zuhause kann ich nur nachts schreiben." Einser-Schmähs gelingen bestens nach Mitternacht.

Lustig ist Niedetzky auch privat, immer Schmäh führen mag sie trotzdem nicht: "Bei Freunden und Verwandten", sagt sie, "schätze ich es, wenn ich einfach nur die Geli sein darf."

 

 

2002 gewann Niedetzky mit der Gruppe „Bakschisch“, die sie mit Kollegen von der Schauspielschule Krauss gegründet hatte, den Grazer Kleinkunstpanther.

Zehn Folgen und ein „Best of“ ihrer mit Ramesh Nair gemeinsam geplanten und gedrehten Sketch-Comedyserie „Kalahari Gemsen“ gehen ab Dienstag, 12. Jänner, in ORF eins an den Start. Der Serientitel ist ein Anagramm aus den Vornamen der Hauptdarsteller.

3:51:47 - In dieser Zeit lief Niedetzky 2013 ihren dritten Marathon. Es war die Wiederholung des New-York-Laufes, den sie nach ihrem Wien-Debüt 2009 im Jahr 2011 absolviert hatte. Weil damals ihr Laufchip kaputt war, schien sie mit der Zeit 00:00:00 auf. Daran kiefelte sie so lange, bis sie sich zum neuerlichen Antritt aufraffte. Der erste Lauf war namensgebend für ihr erstes Solostück.

Nachgefragt

Heimat ist für mich ... dort, wo die Natur in Ordnung ist.

Das fehlt mir in Wien aus Oberösterreich ... die Berge und kalte, aufgeschnittene Weißwurst.

Das gibt es nur in Wien ... den Wiener Schmäh.

Mein Lieblingsplatz in Wien ... der Hermannkogel, da ist es zu jeder Jahreszeit schön.

Der größte Unterschied zwischen Wienern und Oberösterreichern ... die Wiener sind grantlerter.

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16. April 2024