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"Ich bin ein erfahrener Depressionist"

Von Peter Grubmüller, 29. Oktober 2016, 00:05 Uhr
"Ich bin ein erfahrener Depressionist"
Marco Michael Wanda Bild: Weihbold

Marco Michael Wanda, Sänger und Kopf der unverschämt erfolgreichen Band "Wanda" im OÖN-Interview.

Die Leidenschaftsband "Wanda" schießt seit 2014 raketenartig in den Pop-/Rock-Himmel. Am 10. Dezember spielen die Wiener in der Linzer Tips-Arena. Im Gespräch erläutert Marco Michael Wanda (29, eigentlich Michael Marco Fitzthum), die Rasanz des Erfolgs und warum Bob Dylan ein großartiger Revoluzzer geblieben ist.

 

OÖNachrichten: Wie sind Sie als Namensgeberin auf Wanda Kuchwalek gekommen, einst Wiens einzige weibliche Zuhälterin?

Marco Michael Wanda: Ich wohne im zweiten Bezirk in Wien. Diese Gegend ist untrennbar mit ihrer Rotlicht-Geschichte verbunden, hier hat die Wilde Wanda gewirkt. Ich habe ihre Geschichte von Taxifahrern und Kellnern gehört – das ist hängen geblieben. Und weil wir einen Namen mit Wien-Bezug gesucht haben, hat es sich angeboten.

Fühlen Sie sich in der Rotlicht-Atmosphäre wohl?

Ich hatte zu wenige Abstecher in dieses Milieu – meistens im Suff, zu viel zu später Stunde, und es war mir immer zu teuer. Nicht der Sex, der kam sowieso nicht in Frage. Als mittelloser Künstler konnte ich mir nicht einmal die Getränke leisten.

Sie haben Sprachkunst an der Angewandten studiert und sind dann zur Musik abgebogen. Oder war da schon früher Musik?

Ich glaub, ich war ein Musiker von Geburt an. Ich wollte es aber nicht wahrhaben, weil das auch ein Fluch sein kann – es ja unrealistisch, damit Geld zu verdienen. Ich habe mir das Schreiben angeeignet, weil es etwas Rhythmisches ist, andererseits vermutlich auch, um noch besser Musik machen zu können. Vielleicht entfesselt es sich irgendwann, befreit sich und tut sich zu einem Roman auf.

Wie denken Sie über den Literaturnobelpreis für Bob Dylan?

Ich finde es der Logik seiner Person gemäß, dass er ihn nicht abholt. Weil der Nobelpreis von einem Wissenschafter gestiftet wurde, der das Dynamit erfunden hat und für den Tod unzähliger Menschen verantwortlich ist. Großartig, dass Dylan sogar im Alter ein Revoluzzer bleibt. Von alten Menschen hört man oft, dass man sich anpassen muss – das ist gerade heute in Frage zu stellen. Die Frage ist, wann man sich Gemütlichkeit überhaupt gestatten darf.

Ist mit diesem Preisträger die Literatur aus dem Elfenbeinturm gestiegen – oder ist die Popkultur in der Kunst angekommen?

Ich habe das Gefühl, dass sich die Gesellschaft in mehrere Elfenbeintürme aufspaltet. Das viele Reisen auf Tour gewährleistet so viele Einblicke in verschiedene Sphären. Ich hab mich immer als Teil dieser gesamten Gesellschaft gesehen.

Dennoch sind Sie ein Jahr lang in Berlin untergetaucht - war das eine Flucht aus dem gesellschaftlichen Rahmen?

Im Gegenteil, ich habe mich der Gesellschaft eher zugewandt, weil sich diese Gesellschaft damals in Bars in Moabit abgespielt hat. Ich hab also von unten versucht, diese Gesellschaft zu ergründen, aber währenddessen immer an meinem Handwerk gearbeitet. Ich hab viel geschrieben, manchmal auf Drogen, in dieser Zeit hatte ich auch mit vielen Schriftstellern Kontakt.

Sind Ihre Liedtexte Literatur?

Nein, weil ich mich in der Literatur auskenne. Ich weiß, was daran verstaubt und was daran menschlich ist. Sich schriftlich auszudrücken ist Jahrtausende alt, und nur weil es im 17., 18. Jahrhundert zum Betrieb wurde, lasse ich mich davon nicht beeindrucken. Ich habe keinen literarischen Anspruch, nur einen Anspruch an mich selbst – das lass ich mir auch nicht beurteilen. Dafür bin ich zu gut – und zu erfolgreich, mittlerweile (lacht).

In Ihrer Musik geht es um Liebe, kompromissloses Leben - vermeiden Sie politische Äußerungen?

Nein, alleine dass wir unseren Körper auf einer Bühne befreien und von anderen verlangen, dasselbe zu tun – das vermittelt Befreiungsgeist. Mir ist die politische Atmosphäre zu aufgeheizt, um meine Meinung auch noch zu sagen. Ich will mit dieser Spaltung nicht weitermachen. Am schlimmsten finde ich die Angst vor dem Fremden, die nicht auszutreiben ist. Aber ich kann nichts dagegen tun.

Spüren Sie angesichts Ihres rasenden Tempos Abnützungserscheinungen?

Immer wieder, bis hin zu milder Depression, aber unser Tempo ist nicht vergleichbar mit jemandem, der Welterfolg hat. Das sind wirklich komplizierte Karrieren. Mit meiner Halbberühmtheit in dreieinhalb Ländern fühle ich mich ganz wohl.

Wie befreien Sie sich aus diesen milden Depressionen?

Ich bin ein erfahrener Depressionist. Ich sitze das aus, trinke vielleicht was oder höre Musik. Es geht vorbei, darauf vertraue ich.

Genügen Ihnen diese dreieinhalb Länder als Markt?

Wir haben das Gefühl, als könnten wir überall funktionieren. Das Tragische ist nur: Will man in Italien berühmt sein, oder will man dort einen Rückzugsort haben? Wir denken gerade darüber nach, ob wir uns zu einem internationalen Phänomen aufblasen wollen. Vielleicht ist es nach zwei Jahren zu früh.

Ihrer Musik wird oft Verwandtschaft zu Falco attestiert. Was halten Sie von diesem Vergleich?

Ein Blues-Musiker in den USA steht auch in einer gewissen Tradition - so wie ich als Wiener Untergrund-Musiker. Natürlich habe ich mich mit den Musikern aus meiner Umgebung beschäftigt, mit ihnen teile ich ja mein Leben. Da ist nichts naheliegender, als Falco zu studieren. Ich selbst finde aber immer weniger von Falco in meiner Musik.

 

Wanda

2012 wurde die Band gegründet (Gesang: Marco Michael Wanda, Gitarre: Manuel Christoph Poppe, Keyboard: Christian Hummer, Bass: Reinhold Weber, Schlagzeug: Lukas Hasitschka). 2014 veröffentlichte sie mit „Amore“ das erste, 2015 mit „Bussi“ das zweite Album – beide wurden mit Platin ausgezeichnet. Jüngst erschien eine Live-DVD. Karten für 10. 12. in der Tips-Arena: unter OÖN-Tickethotline 0732/7805-805 und in den OÖN-Filialen in Linz, Wels und Ried.

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1  Kommentar
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sokolinz (375 Kommentare)
am 29.10.2016 19:20

Weiß der Junge überhaupt, was Depressionen sind?
War er schon deswegen in Therapie?
Ist er überhaupt depressiv?
Wenn nicht, soll er froh sein und nicht dumm daherschwätzen.

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