Ein zu Unrecht Vergessener
OÖN-Musikkritikerin Karin Wagners Buch widmet sich dem jüdischen Komponisten Hugo Kauder.
Nicht viele haben so intensiv an ein zukünftiges Europa geglaubt wie der österreichische Komponist Hugo Kauder, der wie beinahe alle seiner Generation auf Grund der jüdischen Abstammung zur Flucht gezwungen war. Eine Flucht, die Kauder seinen Freunden minutiös in Briefen schilderte, und die sich kaum von heutigen Flüchtlingsdramen unterscheidet. Somit ist das neue Buch von Karin Wagner nicht bloß eine Biografie eines absolut zu Unrecht vergessenen Musikers und Komponisten, sondern ein Zeugnis dafür, wie grausam Menschen mit Menschen umgehen können.
Umgang mit Vertriebenen
An so ein Thema lässt sich trotz aller Wissenschaftlichkeit nicht emotionslos herantreten, wie die Pianistin, Dozentin und OÖN-Musikkritikerin, die ihr Buch vergangenen Montag im Kepler Salon präsentierte, im Gespräch mit Musiker und Kepler-Salon-Intendant Norbert Trawöger gestand. Es ist allerdings nicht nur die Geschichte einer in diesem Fall glücklichen Flucht und eines ebenso zufällig erfolgreichen Fußfassens in der neuen Heimat New York, was nicht allen musikalischen Exilanten derart gelungen ist, sondern es ist auch eine Geschichte des Umgangs mit Vertriebenen nach dem Krieg.
In Österreich komplett vergessen, war man nicht einmal interessiert, den Vorlass des einst ausgezeichneten Komponisten zu übernehmen, der 1928 für seine erste Symphonie den Kompositionspreis der Stadt Wien erhielt. Erschreckenderweise ist Kauder für die ablehnende Haltung österreichischer Beamter und Politiker kein Einzelfall.
Wenngleich überwiegend Autodidakt hat sich Hugo Kauder beim Studium Alter Musik eine bestechende Kompositionstechnik angeeignet, die er in einen scheinbar traditionell tonalen und doch auf einem eigenen System begründeten harmonischen Satz einbettet. Eine Musik, die offensichtlich den Nerv der Zeit getroffen hat und in Amerika durchaus gewisse Popularität genoss, die bis heute nachwirkt.
In Österreich kaum bekannt
In Österreich ist der vertriebene Sohn so gut wie unbekannt. Dagegen vermag die brillant geschriebene, akribisch recherchierte und weit über das Einzelschicksal hinaus viele Themenbereiche streifende und doch emotional berührende Biografie anzukämpfen. Immerhin warten beinahe 300 Kompositionen, darunter fünf Symphonien und 19 Streichquartette auf ihre Wiederentdeckung.
Sehr lesenswerter und gut geschriebener Artikel!