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Ein prächtiges Bilderbuch über die Zeit um 1914

Von Silvia Nagl, 01. September 2014, 00:04 Uhr
Ein prächtiges Bilderbuch über die Zeit um 1914
Karl Kraus’ Duo aus "Die letzten Tage der Menschheit": der Pessimist und der Optimist Bild: © Lucie Jansch

Das Gesicht blutrot beleuchtet, der restliche Körper und die Bühne rundherum im Dunklen, das vorher gesprochene Wort des Mannes zu seiner Frau und den Kindern ist "Kriegstauglich!".

Nur eine von Hunderten kurzen Bildsequenzen, die im Kopf des Zusehers eine ganze Geschichte, ein gesamtes Menschenleben, ein grausames Schicksal abspulen lassen.

Der amerikanische Theatermagier Robert Wilson (72) entwirft mit "1914" ein faszinierendes Bilderbuch, basierend auf den beiden monumentalen Werken des 20. Jahrhunderts, "Die letzten Tage der Menschheit" von Karl Kraus und Jaroslav Hasek "Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk", die den Ersten Weltkrieg zum Thema haben.

Wilson erschafft ein geniales Gesamtkunstwerk: mit gezielt ausgesuchten Text-Passagen, einem beinahe heiter-fröhlichen Zugang zum Grauen, einem spielerischen Unterton und artifiziellen Bildern, die beispielsweise den Gaskrieg stilisieren, ihn aber nicht darstellen. Er zeichnet die Figuren wie Comics, die gerade einem Buch von Wilhelm Busch entsprungen sein könnten. Das berühmte Kraus’sche Duo, der Pessimist und der Optimist, agiert wie dereinst die Slapstick-Ikonen Laurel und Hardy. Von der Bewegungschoreografie wirkt das elfköpfige Ensemble wie aus jener Zeit, als die Bilder laufen lernten: zackig, unrund, übertrieben in Gestik und Mimik.

Die große Diva

Geheimnisvoll jene Figur, die immer wieder einer Mahnerin gleich aus der Gruft auftaucht, als Fotografin Bilder für die Ewigkeit konserviert, die ständig steigende Zahl der Toten dokumentiert ...: Soña Cervená (89), aus Tschechien stammende, vom Publikum verehrte Opernsängerin, hat – als schöne Geste beim in tschechischer Sprache mit deutschen Untertiteln präsentierten Gastspiel des tschechischen Nationaltheaters im Linzer Musiktheater – ihren Part großteils in Deutsch mit unserer Zeit längst abhanden gekommener, deutlicher und klarer Bühnensprache rezitiert.

Das Bühnenbild ist mit blinkenden Umrissen dem legendären tschechischen Schwarzen Theater nachempfunden, die Technik jongliert perfekt mit den so raffiniert simplen Bühnenprospekten. Dafür ein Extra-Bravo. Ebenso wie der ausgeklügelten Lichttechnik, die schon an Zauberei grenzt.

Großer Jubel für das tolle, homogene Ensemble und die Musikband, die aus verblüffend wenigen, nämlich nur vier, Musikern besteht und den zirzensischen Melodienreigen und die vielfältige Geräuschkulisse beisteuert.

Achse Prag–Linz ist gelegt

Gegen Ende wäre ein Bild nach dem anderen als passendes Schlussbild geeignet, Robert Wilson hat sich mehrmals fürs Weitermachen entschieden. Viel Applaus, auch für den anwesenden Wilson. Genau solch ein Gastspiel passt perfekt in das Linzer Musiktheater: Die Achse Prag–Linz ist gelegt.

Theater: Robert Wilson’s "1914" vom Nationaltheater Prag; Linzer Musiktheater, 30. 8.

OÖN Bewertung: 6 von 6 Sternen

 

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5  Kommentare
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Gugelbua (31.935 Kommentare)
am 01.09.2014 10:19

strahlten schon immer eine grausame Faszination auf Menschen aus.

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( Kommentare)
am 01.09.2014 19:21

weniger; wir gehören einer aufgeklärten Generation an.

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zappo1410 (18.016 Kommentare)
am 01.09.2014 19:23

ist das so ?

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( Kommentare)
am 01.09.2014 19:36

nicht sehr intensiv, doch als Beobachter, die Siebziger ähnlich, und habe eine bedeutende Abnahme eine Kriegsbegeisterung verspürt.

Auch sagte jemand mit einem trivialen Bild den Pendelumschlag von starken linksextremen Umtrieben auf ebenso rechtsextreme voraus.

Das ist natürlich alles sehr vage, mir sinds Anhaltspunkte.

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( Kommentare)
am 01.09.2014 08:34

Offenbar habe ich eine ganz andere Vorstellung gesehen: ein Klamauk mit gefälligen Bildern, völlig vom Text gelöst, banal, formlos und endlos langweilig.Ist ein guter beleuchter denn schon ein Theatermacher? Ich habe schon jetzt Angst um die Traviata, die dieser Herr in Linz machen soll... Keine Linie, keine gut gezeichneten Charaktere, eine sinlose Aneinanderreihung der Textfragmente. Aber: wenn man mit den Spuren der Verirrten anfängt, vielleicht doch ein konsequenter dramaturgischer Schritt...Die Achse Prag-Linz ja bitte, schon längst überfällig, aber ohne die US-amerikanische Kitschjongleure beiderseits, es gibt, glaube ich, in Prag auch gutes Theater.
Der Verfasser vom Schwejk heisst übrigens Hašek, nicht Hacek.

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