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Der ganz normale Wahnsinn

Von Michael Wruss   09.Februar 2015

Der mit Spannung erwartete Abschluss von Richard Wagners "Ring"-Tetralogie im Musiktheater brachte einen Triumph für das Bruckner Orchester unter Dennis Russell Davies, ebenso für das Sängerensemble, und einige unverständliche Buhs für das Regieteam, das geradlinig eine fast banale Alltagsgeschichte servierte. Diese "Götterdämmerung" könnte auch in den eigenen vier Wänden passieren.

Keine unnahbaren Helden stehen da, sondern Menschen mit Beziehungskrisen, mit all den Lastern, die – von Neid über sexuelle Begierde bis zu tödlicher Rache – ein ungetrübtes Miteinander erschweren. Dabei könnte in der eleganten 20er-Jahre-Architektur der Gibichungen-Halle und in Siegfrieds feinem Mies-van-der-Rohe- Chalet (Ausstattung Gisbert Jäckel und Antje Sternberg) Harmonie pur herrschen, würde nicht einer – nämlich Hagen – Gift in den Trank mischen.

Triumph für das Orchester

Dieser – und hier geht der Bogen zurück zur "Walküre" – ist zwar der Sohn Alberichs, scheint sich aber quasi als U-Boot in den Machtapparat eingeschleust zu haben und spielt in Uniform ein doppeltes Spiel. Und dieses zielt auf ebenso archaische Grundmuster ab: Eifersucht, Ehre als Verteidigung der eigenen Integrität und Aversion allem Fremden gegenüber. Da wird es auch plausibel, dass die ihres Reichtums beraubten Rheintöchter die Branche wechselten und nun in der Bar "Zum Rheingold" ihre Reize anbieten.

Doch auch ihnen gelingt es nicht, den Teufelskreis der Habgier und des – im Fall Siegfrieds – naiven Machtrausches zu durchbrechen. Falko Sternberg zeigt dies mit eindringlichen Videosequenzen bis hin zur Atombombenexplosion, projiziert damit perfekt die Konflikte des Individuums mit dem an seinem eigenen Handeln zerbrechenden Weltgefüge.

Musikalisch war dieser Abend ein Triumph für das Bruckner Orchester, das unter der plausiblen Tempogestaltung Dennis Russell Davies’ zur Höchstform auflief und sich mit diesem Gesamtprojekt in die erste Liga der Opernorchester katapultierte: klanglich wunderbar ausbalanciert und technisch auf einem herausragenden Niveau. Das macht es auch den Sängern leicht – wenn man das angesichts der Riesenpartien sagen kann –, auf ebenso hohem Niveau zu agieren. Erfreulich, dass Lars Cleveman im Vergleich zum "Siegfried" eine weitaus bessere Figur gemacht hat und stimmlich wie schauspielerisch präsent agierte. Auch Elena Nebera schien die "Götterdämmerung"-Brünnhilde besser zu liegen als alle anderen zuvor. Sie begeisterte mit großartigem Spiel vor allem als beinahe Wahnsinnige bei ihrer Ankunft auf der Gibichungenburg. Textdeutlichkeit ist ihre Sache nicht, dafür beeindruckte sie mit sicherer Stimme bis zum großen Schluss.

Alfred Pesendorfer war sein grippaler Infekt nicht anzumerken , er gestaltete einen Hagen von sängerischer Größe und imponierender Gestaltung. Ihm nicht viel nach stand Seho Chang, der einen brillanten Gunther gab und die Zerrissenheit zwischen Blutsbrüderliebe und Hagens unerbittlichem Einfluss deutlich transportierte.

Sonja Gornik war eine großartige, nobel zurückhaltende Gutrune, Bjørn Waag überzeugte als fein differenzierender Alberich. Bernadett Fodor sang eine herausragende Waltraute, lotete alles nur Erdenkliche dieser scheinbar kleinen Rolle perfekt aus. Auch gemeinsam mit Karen Robertson und der fulminanten Brit-Tone Müllertz punktete sie als eine der drei Nornen.

Claudia Braun-Tietje, Gotho Griesmeier und Valentina Kutzarova waren eine perfekte Wahl für die Rheintöchter. Chor und Extrachor ergänzten dieses bravouröse Ensemble. Auf dieses "Ring"-Finale darf man stolz sein.

Oper: "Die Götterdämmerung" von R. Wagner, Musiktheater Linz, Premiere am 7.2.

OÖN Bewertung:

 

Zahlen zum „Ring“

Vom „Ring des Nibelungen“ – Premiere „Rheingold“ am 26. 10. 2013, „Die Walküre“ am 22. 3. , „Siegfried“ am 1. 11. und „Die Götterdämmerung“ am 7. 2. – gibt es insgesamt 38 Vorstellungen (gesamt 37.500 Karten). Drei „Ring“-Zyklen – alle Teile binnen Tagen – werden angeboten: Zyklus 1 am 13., 21., 28. Februar und 7. März; Zyklus 2 am 31. März, 2., 5. und 8. April und Zyklus 3 am 8., 10., 14. und 17. Mai.

 

Wagner in Linz, 2016 in Bayreuth

In Linz hat er Wagners vierteiligen „Ring des Nibelungen“ inszeniert, der Vielarbeiter Uwe-Eric Laufenberg (54) widmet sich aber auch anderen Aufgaben. Seit August des Vorjahres ist er Intendant am Hessischen Staatstheater Wiesbaden, dort kam im September seine Inszenierung von Richard Strauss’ „Die Frau ohne Schatten“ heraus, am 28. März folgt Mozarts „Entführung aus dem Serail“. Am 29. März hat seine Inszenierung der „Elektra“ von R. Strauss an der Staatsoper Wien Premiere. 2016 folgt in Bayreuth die Wagner-Oper „Parsifal“.

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19. April 2024