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Der alte Traum vom Gold in Wohncontainern von heute

Von Michael Wruss   07.Oktober 2013

Vier Tage vor Verdis 200. Geburtstag fand die erste Premiere an der Wiener Staatsoper statt, nicht mit einem Werk des Jubilars, sondern mit Giacomo Puccinis hier zuletzt 1976 produzierter Oper „La fanciulla del West“. Das Mädchen aus dem goldenen Westen ist Puccinis eigener Favorit unter seinen Opern. Seit der österreichischen Erstaufführung vor 100 Jahren gab es allerdings nur drei Inszenierungen im Haus am Ring. Das mag auch daran liegen, dass es zu wenige Arien gibt, die einem als Ohrwurm hängen bleiben. Dennoch ist Puccinis Romanze um einen geläuterten Räuber ein Meisterwerk der orchestralen Klangfarben und des dramaturgischen Aufbaus der Musik. Das hat Generalmusikdirektor Franz Welser-Möst mit dem Orchester der Wiener Staatsoper vorbildlich umgesetzt.

Nichts dem Zufall überlassen

Einerseits dynamisch von der explosiven lautstarken Brutalität nur dem Traum, durch Gold reich zu werden, nachjagender Arbeiter bis hin zu zartesten, fast impressionistischen Klangkombinationen. Puccini in all seiner Bandbreite, immer ernst genommen und weder ins Plakative noch ins sentimental Rührende abgeglitten. Weit weg von der Puccini oft attestierten operettenhaften Leichtigkeit.

Regisseur und Bühnenbildner Marco Arturo Marelli verlegt die Geschichte in die Gegenwart, was aufgeht, denn, um die seelische Zerrissenheit dieser scheinbar harten Jungs zu zeigen, braucht man keine Goldgräberatmosphäre von 1850. Da wirken die erbarmungslos starren Wohncontainer wesentlich gnadenloser. In dieser Umgebung kalter Trostlosigkeit werden viele Details wunderbar herausgearbeitet. Hier ist nichts dem Zufall überlassen und jede Geste, jeder Gang, jede Mimik bekommt dramaturgische Bedeutung. Daher ist es beinahe unverständlich, warum Marelli zu Ende das Liebespaar nicht einfach in die Ferne ziehen, sondern sie von einem regenbogenfarbenen Ballon abholen lässt. Dies wirkt beinahe lächerlich.

Nina Stemme begeisterte als wunderbare Minnie, die gesanglich bis in die kleinste Phrase mit einer Bandbreite an dynamischen, klangfarblichen Schattierungen beeindruckte. Eine darstellerische Vielfalt, wie sie auch Jonas Kaufmann sein Eigen nennen darf. Eigentlich ist dieser Dick Johnson eine undankbare Rolle, da es keine wirkliche Arie gibt. Gerade deshalb war Jonas Kaufmann bewundernswert, weil er die ganze Oper wie eine Arie gesungen hat und jeder kleinsten Phrase intelligentes, emotionales Leben eingehaucht hat. Tomasz Konieczny überzeugte als sein Gegenspieler Sheriff Rance, brauchte aber ein wenig, um in Fahrt zu gelangen. Im dritten Akt war er dafür fulminant. Fein auch Norbert Ernst als Nick und Boaz Daniel als Sonora. Alle anderen Rollen waren großteils optimal besetzt. Der von Martin Schebesta studierte Chor trug zum bejubelten Gesamtergebnis bei.

Staatsoper: Premiere von Giacomo Puccinis Oper „La fanciulla del West“, 5.10.,

OÖN Bewertung:

 

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