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Der Kommentator mit dem Zeichenstift

Von Annette Gantner, 19. Juli 2014, 00:04 Uhr
Der Kommentator mit dem Zeichenstift
Der Künstler an seinem Zeichentisch nimmt sich eines beliebten Sujets an: Pallas Athene, Göttin der Weisheit, die vor dem Parlament steht. Bild: OÖN / Johannes Zinner

Gerald Mayerhofer versorgt die OÖN-Leser regelmäßig mit seinen bissigen Karikaturen zum Tag. Über die Schwierigkeiten seines Jobs und seine Vergangenheit in New York sprach er mit Annette Gantner.

Vor drei Jahren rief Gerhard Haderer seinen Kollegen Gerald Mayerhofer an. Er erzählte ihm, dass die Oberösterreichischen Nachrichten einen Karikaturisten suchen und drängte ihn, die Aufgabe zu übernehmen.

Seither liefert der 50-Jährige mit der bunten Vergangenheit regelmäßig seinen "politischen Kommentar zum Tag" in Bildform ab. Sein Arbeitstag beginnt damit, die Konkurrenz zu vergleichen. "Ich schaue, was die anderen Karikaturisten gemacht haben. Ich ärgere mich, wenn ich sehe, jemand hat eine bessere Idee gehabt."

Um 13 Uhr schaltet Mayerhofer die Mittags-ZIB an, um sich einen Überblick über das Tagesgeschehen zu verschaffen. Er surft durch die Homepages von ORF und Zeitungen und setzt sich schließlich vor das nackte Blatt Papier auf der Suche nach Inspiration. Mit Bleistift kritzelt er erste Skizzen hin und kringelt die kreativsten Ideen mit einem roten Stift ein.

Schmieren und Zeitnöte

Früher habe er sich nicht auf ein tagesaktuelles Thema festgelegt, sondern oft drei verschiedene Ideen verfolgt. Nicht selten sei er deshalb in Zeitnöte geraten. Mittlerweile fokussiert er sich beim Brainstorming oder "Schmieren" wie er es nennt auf einen Bereich. "Meine Karikaturen passieren nicht ad hoc. Ich bin nicht der Pointenschleuderer. Ich muss mich hinsetzen und nachdenken." Nicht immer hat er die grandiose Idee. Und manchmal komme er ins Schwitzen, wenn ihm so gar nichts Humoristisches einfällt.

Gegen 16 Uhr holt Mayerhofer seine Tuschestifte und beginnt mit der Ausführung. Seine Karikaturen sind klassische Handarbeit, er lehnt es ab, wie manche Kollegen am Computer zu zeichnen. Kurz vor 18 Uhr scannt er das Bild ein und schickt es an das Politik-Ressort in Linz, das dafür sorgt, dass die Karikatur am nächsten Tag in der Zeitung erscheint.

Mayerhofers Atelier liegt im dritten Stock eines Wiener Gründerzeithauses unweit der Mariahilfer Straße. Auf seinem Arbeitstisch finden sich wohlsortiert Bleistifte, Pinsel, Tusche, flüssige Aquarellfarbe. An den Wänden hängen alte Filmplakate und Donald-Duck-Drucke in allen Varianten.

Politisiert am Eisernen Vorhang

Als er sechs Jahre alt war, starb seine Mutter, die ihn schon früh für das Zeichnen und Walt-Disney-Comics begeistert hatte. Mayerhofer wuchs in Österreichs nördlichster Gemeinde, im niederösterreichischen Litschau, wenige Kilometer von der Grenze entfernt auf. Der Vater arbeitete bei der Zollwache und berichtete dem Filius von den Todesfällen entlang des Eisernen Vorhangs. Mit seinem Freund Oliver Rathkolb, der später einer der renommiertesten Historiker des Landes werden sollte, räsonierte er darüber, wie viele Jahre noch der Stacheldraht an der Grenze verlaufen werde.

In der Schule hatte Mayerhofer die Maturazeitung illustriert, beim Bundesheer verdiente er sich mit bösartigen Karikaturen der Vorgesetzten gutes Geld. Er begann an der Angewandten Kunst zu studieren und kombinierte es mit Geschichte, um später Lehrer zu werden.

Gegen Studienende sei ihm klar gewesen, dass er nie als Pädagoge arbeiten wird. Mit 24 Jahren nahm er einen Studentenkredit auf und beschloss, nach New York zu gehen, um dort sein Glück als freischaffender Künstler zu versuchen. Er sollte zehn Jahre bleiben.

Cartoons für die New York Times

Künstlerisch hatte er sich auf die Karikatur festgelegt. "Ich möchte kein Porträt zeichnen. Das ist ja saufad. Nein, das war ich nie." Ob er denn eine Vorliebe für die Schwächen der anderen habe? "An der Übersteigerung. Das lässt sich gut zeichnen", schmunzelt er.

Eine Bekannte vermittelte den Kontakt zur New York Times. Mayerhofer stellte sich mit seiner Mappe vor und erhielt ein Engagement. Das Traditionsblatt orderte regelmäßig "Illustrationen mit humoristischem Inhalt" bei ihm, politische Karikaturen wurden einem Ausländer nicht zugetraut. Der Österreicher sollte in den Staaten für rund 15 Publikationen arbeiten, darunter auch Penthouse und Playboy.

Als Mayerhofer bei einem Heimatbesuch seine spätere Frau, eine steirische Dokumentarfilmerin, beim Heurigen kennenlernte und diese sich weigerte, in die USA zu ziehen, beschloss er mit Mitte 30, nach Wien zurückzukehren. Er begann als Cartoonist bei diversen Medien, bevor er 2012 bei den OÖNachrichten anheuerte.

"Ich versuche als Karikaturist so objektiv wie möglich zu sein", beschreibt Mayerhofer sein Berufsethos. Er sei ein sozial denkender Mensch, von zuhause konservativ geprägt und habe früher Sympathien für die Grünen gehegt.

"Ein guter Karikaturist zeichnet sich dadurch aus, dass er nicht nur gut malt, sondern seine Ideen auch intelligent umsetzt." Die Cartoons von Manfred Deix hätten keinen Inhalt, "der will das nicht".

Manche Politiker kommen in Mayerhofers Karikaturen seltener vor. Schlicht aus dem Grund, weil sich ihre Gesichter nicht für die Überspitzung anbieten. "Peter Pilz ist so einer. Da weißt du nicht, was du herausheben sollst. Keine Brille, keine große Nase." Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner sei der nächste Problemfall. Da plagt Mayerhofer schon die Angst, dass der oberösterreichische VP-Politiker mit den gleichmäßigen Zügen der nächste Vizekanzler werden könnte. Die große Nase von Amtsinhaber Michael Spindelegger würde da wesentlich mehr hergeben.

Die schwierigen Fälle

Wenig Freude hat Mayerhofer auch am Bundeskanzler. "Werner Faymann ist ein Unpolitiker und das merkt man in der Figurenzeichnung. Ich kriege ihn schon hin mit den Augenbrauen und den Haaren, aber er hat kein Charisma."

Beißhemmung hat der OÖN-Karikaturist bei den Frauen. "Die Schwierigkeit haben die meisten Karikaturisten. Man will schon ein bisschen ein Gentleman sein."

Auf dem Tisch liegt eine Mappe mit ausgeschnittenen Karikaturen der heimischen Spitzenpolitiker. Mayerhofer vergleicht, wie seine Kollegen einen Regierungspolitiker oder Oppositionschef darstellen. Ab und an käme es vor, dass ein Politiker die Karikatur im Original haben wolle. Zuletzt fragte man bei ihm wegen einer Karikatur von Josef Pühringer an, um sie dem Landeshauptmann zu schenken.

Im Nebenzimmer hängen einige von ihm gemalte Bilder. Eine große leere Leinwand lehnt wartend an der Tür – für den Fall, dass er irgendwann einen "Verschleiß vom Politischen" verspürt.

2 Stunden braucht Gerald Mayerhofer für die zeichnerische Umsetzung einer Idee im Durchschnitt. „Einmal geht’s schneller, ein anderes Mal sitze ich auch drei Stunden dabei“, sagt der OÖN-Karikaturist. Wie schnell eine Idee reift, darüber lässt sich keine Angabe machen. Bekanntlich lassen sich Ideen nicht zwingen, aber einladen allemal.

650 Zeichnungen hat Gerald Mayerhofer bis dato exklusiv für die OÖNachrichten angefertigt. In 25 Jahren als Zeichner sind insgesamt ungefähr 25.000 Arbeiten zusammengekommen.

18 Uhr lautet die Deadline für die politische Karikatur auf der Meinungsseite der OÖNachrichten. Später werden darf es ausnahmsweise ein bisserl, aber ab 19 Uhr werden die zuständigen Redakteure unrund, ab 20 Uhr sehr, sehr U N R U N D ! Aber, ruhig Blut! Bisher ist es sich immer noch ausgegangen.

Florian (1995 - 1993): Eigentlich hat das mit den Cartoons viel früher begonnen. Genau am 16. Juli 1955 erschien zum ersten Mal in den OÖN eine Zeichnung eines gewissen Rudolf Nemec.

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