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Der König der Comics

Von Klaus Buttinger   24.März 2018

Vergangene Woche gastierte der Schöpfer des "bewegten Mannes" in Linz und lehrte an Gerhard Haderers "Schule des Ungehorsams" in der Tabakfabrik.

 

OÖNachrichten: Was stand auf dem Lehrplan?

König: Es wurden meine religionskritischen Geschichten gewünscht, in denen Adam und Eva vorkommen, Noah und Moses.

Bekannt wurden Sie mit "Der bewegte Mann", ein Comic, das mit Til Schweiger verfilmt wurde. Was hatte die Geschichte, dass sie so abhob?

1987 habe ich das Buch gezeichnet, und das muss damals bei den Leuten etwas bewirkt haben. Zuvor war schwul noch am Rande der Gesellschaft, schwul und Humor gab es nicht.

War das Abgehen vom tierischen Ernst in der Schwulenszene ein Grund für den Erfolg?

Naja, es gab ja vorher nicht so viel zu lachen.

War Til Schweiger Ihre Wunschbesetzung für den Hetero, der in die Schwulenszene gerät?

Nein. Ich fand ihn nie so attraktiv, so sexy, und kannte ihn auch nicht. Dann fragte ich im Bekanntenkreis herum, und die sagten: "Oh ja, Til – ist doch toll." Ich dachte, wird schon stimmen. Den tumben Hetero, den kann er ganz gut geben.

Wann haben Sie entschieden, die Haltung der Kirchen zur Homosexualität zu Ihrem Thema zu machen?

Ich bin zwar katholisch aufgewachsen, in einem kleinen Dorf im Westfalenland, aber meine Eltern waren überhaupt nicht religiös. Natürlich wurde man geprägt von Religionsunterricht, Schulmessen und so. Ich hatte das als Kind schon mit Skepsis gesehen. Ich fand das einfach komisch, wenn die auf allen vieren zu der Marienstatue robbten. In den 1980er- und 90er-Jahren konnte man glauben oder nicht, das interessierte nicht, das war egal. Es ging erst los nach dem 11. September, da wurde wieder gefragt: Was haben wir dem Islam entgegenzusetzen? Ich war immer der Überzeugung, dass man das Feld nicht den Gläubigen überlassen darf, dass auch Nicht-Glauben ein Standpunkt ist, den man in die Gesellschaft einbringen muss.

Der König der Comics
Adam, kurz davor, in den Apfel der Erkenntnis zu beißen: In Königs Comic-Band „Prototyp“ mutiert der „erste Mensch“ darob zum Atheisten und blickt durch.

 

Die Ablehnung Homosexueller in Kirchenkreisen ist alt. Hat nicht Apostel Paulus damit angefangen?

Richtig. Über den habe ich auch ein Buch gemacht. In meiner Bibel-Trilogie, da geht es im ersten Buch um Adam und Eva, im zweiten um Noah, im dritten um Paulus. Die Comics liefen ursprünglich als Fortsetzung in der FAZ (Frankfurter Allgemeine Zeitung, Anm.). Darauf gab es wütende E-Mails an die Redaktion, wovon ich sehr überrascht war. Ich dachte, Adam, Eva und der Apfelbiss, hallo, das sei in unseren Kulturkreisen doch als Märchen anzusehen.

Und Paulus?

Im Gegensatz zu Jesus, dem Liebe alles war, war Paulus der Lustfeindliche, der seinen Körper hasste und die Sexualität verabscheute. Daher kommt das in der so genannten Heiligen Schrift. Daraus entstehen Komplexe, man hat Angst vor der Sexualität, sie wird verteufelt. Das ist im Islam – mit der Verschleierung der Frau – genau das Gleiche.

Wenn man so liest, was unter Priestern zum Teil vorgeht, müsste doch eine gewisse Homophilie von der Kirche ausgehen, oder?

Nein, das wird nicht eingestanden. Ich bin heilfroh, dass ich mit solchen Ängsten und Komplexen nicht aufgewachsen bin. Ganz im Gegenteil: Ich hab schon sehr früh, mit elf Jahren, erstens die Pornos meines Vaters im Schrank entdeckt – das war für mich ein Quantensprung, ich hatte eine sehr vergnügliche Pubertät –, und zweitens kam ich in Kontakt mit den amerikanischen Underground-Comics von Robert Crumb, "Fritz the cat" und solchen Sachen. Beides hat mich auf den Weg gebracht, den ich entschieden jenem der biblischen Kasteiung vorziehe.

Verpartnerung, Homoehe, wofür gilt es noch zu kämpfen als Homosexueller? Hat man nicht ohnehin die Gleichstellung mit Heteros schon erreicht in der aufgeklärten Welt?

Es gilt, dafür zu kämpfen, das alles zu erhalten, was erreicht wurde. Die Gegenströmungen um uns herum werden stärker, überall sind rechtspopulistische Leute zugange. Ich habe so meine Befürchtungen, wenn ich daran denke, was in 20, 30 Jahren los sein könnte.

Sehen Sie Grenzen von Satire und Pressefreiheit, wenn ja, wo?

Wenn gegen Leute gehetzt wird, wenn Vorurteile gefördert oder ausgedacht werden, mit dem Ziel, Leute zu diffamieren.

Sind Sie ein spiritueller Mensch?

Nein. Ich bin leider nicht einmal zu Yoga fähig. Ich bin so ein richtig rationaler Westfale. Ich glaube nur das, was ich anpacken kann. Aber als Mensch das Privileg zu haben, in die Sterne zu schauen und sich Fragen zu stellen, das finde ich wunderbar. Dazu brauche ich keine Götter. Und es ist so schade, dass wir mit unserem Gehirn nichts Besseres anzufangen wissen, als alles kaputt zu machen.

Der König der Comics

Biografie: Vom Chronisten der Schwulenszene zum Religionskritiker

Ralf König (58) zeichnete schon als Kind Männchen, absolvierte eine Tischlerlehre und studierte fünf Jahre an der Kunstakademie Düsseldorf. Ab 1979 publizierte er Comics zuerst in Magazinen der Schwulenbewegung. Ab 1981 zeichnete er Bücher, mit „Kondom des Grauens“ erreichte er Breitenwirkung, mit „Der bewegte Mann“ Starruhm. Das Buch wurde mit Til Schweiger verfilmt. Der Streifen wurde zum zweiterfolgreichsten der deutschen Kinogeschichte (6,5 Millionen Zuschauer).

König zeichnete für die Deutsche Aids-Hilfe und produzierte Comic-Bücher in einer Gesamtauflage von fast sieben Millionen Exemplaren. Diese wurden in mehr als ein Dutzend Sprachen übersetzt. Der Zeichner ist damit weltweit der populärste Autor explizit schwuler Geschichten. Bisher wurden vier seiner Werke verfilmt, etliche als Puppenspiel oder Theaterstück aufgeführt.

Mit seinen jüngsten Werken aus der „Bibel-Trilogie“ kritisiert das Vorstandsmitglied der humanistischen Giordano-Bruno-Stiftung die zunehmende Homophobie in den Religionen. Auszeichnungen: Max-und-Moritz-Preis (1992, 2006), Prix Alph’Art, Premio miglior storia lunga

 

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