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Buchtipp: Da blüht einem was

07.April 2018

Der junge Anselm, ein nur an seinem Fachgebiet interessierter Botaniker, ist auf der Suche nach seinem Platz in der Welt, der aus seiner Sicht nur darin bestehen kann, der bedeutendste Orchideenexperte, ja der "König der Orchideen", zu werden. Mitte des 19. Jahrhunderts reist er auf der Suche nach der schönsten Orchidee der Welt nach Madagaskar.

Dort im Dschungel umfängt ihn die übergroße Blütenfülle und der Zauber des Waldes, was ihn kurz Erfüllung spüren lässt. Auf der Rückreise verfällt er in eine Art Rausch, der darin gipfelt, dass ihm eine Orchidee aus der Schulter wächst. Zurück zu Hause, weisen die Eltern ihren offenbar von Wahnvorstellungen geplagten Sohn in eine Nervenheilanstalt ein, wo er nach Monaten als gesund entlassen wird.

Er setzt seine Studien fort, und seine vom Botaniker-Vater geförderte akademische Karriere nimmt wunschgemäß Fahrt auf. Vor allem will Anselm in einem Vortrag vor der versammelten Botaniker-Elite die von Darwin aufgestellten Behauptungen widerlegen. Anselms Theorien stellen sich jedoch als unhaltbar heraus.

Seine Welt, auch wenn er es nicht wahrhaben will, verändert sich: Politische Umbrüche, landwirtschaftliche Reformen und Neuerungen in der Wissenschaft sind unaufhaltsam. Soll man am Althergebrachten festhalten oder zu neuen Ufern aufbrechen?

Als ihm ein Konkurrent übel mitspielt, bricht Anselm überstürzt zu einer Forschungsreise nach China auf, wo er auf seine Weise seinen Himmel findet.

Die 1978 in Kirchdorf an der Krems geborene Verena Stauffer, die 2014 mit "Zitronen der Macht" ihr Lyrikdebüt veröffentlichte und 2017 den Manuskripte-Förderungspreis zugesprochen bekam, lässt ihren "von der Aussicht auf kleine Siege über andere" angetriebenen Protagonisten betörend sinnlich geschilderte Abenteuerreisen ins Unbekannte unternehmen. In erster Linie reist Anselm dabei aber zu sich selbst. Werden und Vergehen sind zentrale Themen des Buches: "Wo immer er hinkam, es brodelte. Wo immer er hinkam, kehrte Altes wieder, wollten Regeln umgekehrt werden, wurde Neues geboren, anderes begraben. Krusten brachen auf wie Knospen." Verena Stauffer ist mit ihrem Debütroman ein ungewöhnliches Stück Gegenwartsliteratur mit abwechslungsreicher, unvorhersehbarer Handlung und von bemerkenswertem Ausdruck gelungen. Der Reiz der gut durchdachten Erzählung der in Wien lebenden Autorin liegt in ihrer bildgewaltigen, ausdrucksstarken Sprache, in Gemütszustände widerspiegelnden Naturbildern und der sorgfältigen Recherche zur Botanik und Wissenschaft der damaligen Zeit, als Expeditionen noch wahre Abenteuer waren. Aus diesem Substrat erwächst ein intensives, ungewöhnliches Leseerlebnis. (agh)

Da blüht einem was

Verena Stauffer: "Orchis" , Kremayr Scheriau Verlag, 256 Seiten, 22,90 Euro

Lesungen: Die Autorin präsentiert ihr Buch anlässlich einer Lesung heute Abend im Stift Schlierbach. Beginn 20 Uhr (Eintritt: 10 bzw. 4 Euro), weiters am Dienstag, 10. April, im Stifter Haus in Linz, Beginn: 19.30 Uhr.

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