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Adalbert Stifter – Leben und Schreiben im Widerspruch

Von Christian Schacherreiter   22.Jänner 2018

Was hat er nicht schon alles aushalten müssen, dieser Adalbert Stifter! Nicht nur zu Lebzeiten, sondern auch nach seinem Tod am 28. Jänner 1868. Die Wirkungsgeschichte seines Werks ist so widersprüchlich wie sein Leben. Seine Gegner, allen voran der Dramatiker Friedrich Hebbel, warfen ihm vor, zu nichts anderem fähig zu sein als zu betulicher Blumen- und Käferpoesie. Von ideologisch einschlägigen Kreisen wurde der aus dem ehemaligen Kronland Böhmen stammende Stifter als germanischer Nationaldichter vereinnahmt, obwohl er dem aufkommenden Nationalismus ähnlich kritisch gegenüberstand wie sein Zeitgenosse Franz Grillparzer.

Eine kleinbürgerlich-spießige Mentalität wollte nichts anderes aus Stifters Werken herauslesen als Naturidyll und familiäre Harmonie. Das Abgründige, das Beängstigende, das Verzweifelte und künstlerisch Radikale hingegen verdrängte man. Es gab aber auch andere Stimmen zu Stifter – und das waren nicht die schlechtesten. Friedrich Nietzsche zählte den "Nachsommer" zu den wenigen Werken des 19. Jahrhunderts, die über ihre Entstehungszeit hinaus bleiben werden. Karl Kraus empfahl den Journalisten und "Romansöldnern" seiner Zeit, vor dem Grab Stifters schuldbewusst ihr eigenes Geschreibe zu verbrennen. Peter Handke bewundert Stifter und Thomas Mann schätzte ihn als einen der "merkwürdigsten, hintergründigsten, heimlich kühnsten und wunderlich packendsten Erzähler der Weltliteratur, kritisch viel zu wenig erforscht."

"Vieldeutige Persönlichkeit"

Seit dem Jahr 1949, als Thomas Mann diesen Satz schrieb, hat sich vieles verändert. Eine kritische Literaturwissenschaft hat ideologisch gefärbte und voreingenommene Stifter-Bilder mittlerweile korrigiert. Wolfgang Matz hat 1995 eine großartige Biografie publiziert. Darüber sollte aber nicht vergessen werden, dass der Literaturwissenschafter Urban Roedl schon in den 50er-Jahren ein differenziertes Stifter-Bild geschaffen hat. Roedl sprach von einem "Leben voller Konflikte und Spannungen", von einem Werk, das Ausdruck einer "vieldeutigen Persönlichkeit" sei. Wie können wir uns Adalbert Stifter als Kind vorstellen, wie als Heranwachsenden? Seine bäuerlich-kleinbürgerliche Familie in Oberplan (heute Horni Planá) lebte vom Leinenhandel. Der 1805 geborene Adalbert hatte eine innige Beziehung zu seiner Mutter Magdalena. Sein Vater starb 1817, als er in der Nähe von Eferding mit seinem Fuhrwerk verunglückte. Glücklicherweise nahmen sich der Großvater mütterlicherseits und der Volksschullehrer Josef Jenne um die Bildungslaufbahn des begabten Buben an. So kam er in das Stiftsgymnasium Kremsmünster, begegnete dort außergewöhnlichen Pädagogen wie P. Placidus Hall, dem Philologen P. Ignaz Reischl, dem Physiker P. Marian Koller und dem Kunsterzieher Georg Riezlmayr. Stifter war ein sehr guter Schüler und maturierte 1826 mit ausgezeichnetem Erfolg. Nun stellte sich die Frage nach dem weiteren Bildungsweg und einer beruflichen Perspektive. Stifter zog nach Wien. Ab da wurde es schwierig.

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