Auf ein Selfie mit Ai Weiwei

Der chinesische Kunst-Star auf Kurzbesuch im Linzer Francisco Carolinum.
Okay, let’s dance", sagte Ai Weiwei, nachdem er den Einschaltknopf des Mikrofons gefunden hatte. Wir nehmen es vorweg, getanzt wurde am Montagabend im Linzer Francisco Carolinum nicht. Dafür war das Gedränge des handverlesenen Publikums um den chinesischen Kunst-Star zu groß. So groß, dass es die Aufmerksamkeit für seinen Performance-Kollegen He Yunchang und dessen so markante wie schmerzhafte Arbeiten in der eröffneten Ausstellung "The Golden Sunshine" (bis 20. Februar, die OÖN berichteten) vorübergehend überblendete.
Nach Linz kam Ai Weiwei nicht als Künstler, sondern als Kunstfigur – mehr Selfies wurden im Francisco Carolinum selten geschossen. Neben Landeshauptmann Thomas Stelzer, Kultur-GmbH-Geschäftsführerin Isolde Perndl und der halben Linzer Kunstszene nahm auch Gretchen Andrew die Chance auf die Begegnung wahr. Die um Suchmaschinenkunst und virtuelle Realität kreisenden Arbeiten der Kalifornierin werden ab Freitag im ersten Stock zu sehen sein. Beim gemeinsamen Rundgang teilten sie sich eine Packung Manner-Schnitten.

Diese erregte Aufmerksamkeit war der Plan von Kultur-GmbH-Direktor Alfred Weidinger, der Ai Weiwei seit den 80er-Jahren kennt und die Idee zu dieser Schau von seinen beruflichen Stationen im Wiener Belvedere nach Leipzig getragen hatte, um sie nun in Linz zu verwirklichen. Auf Weidingers Wunsch kuratierte Ai Weiwei die Ausstellung des in der westlichen Welt bloß Experten bekannten He Yunchang. Der Linz-Besuch sollte die Strahlkraft des 64-Jährigen auf den sich in seinen Arbeiten selbst verletzenden Kollegen umleiten. Zumal er in der Nähe war, weil Angela Stief (Direktorin der Wiener Albertina Modern) für März 2022 eine große Schau mit Arbeiten von Ai Weiwei vorbereitet.
Eine Performance von He Yunchang wollte Ai Weiwei in Linz verhindern, "weil ich nicht sehen will, wie sich mein bester Freund selbst verletzt", sagte er. He Yunchang sei wie ein Felsen, er verkörpere die pure Kunst, nichts Gefaktes – so wie das chinesische Essen, das in Europa serviert werde. Objektivität und Materialismus ihrer Arbeiten seien einander ähnlich. Bei den chinesischen Behörden gelte He Yunchang als "unzuverlässiger Bürger, als gestörte Person". Auch das eine die beiden, allerdings verbrachte Ai Weiwei ob seiner Systemkritik einst 81 Tage in chinesischer Einzelhaft. Damals hatte He Yunchang mit Protestaktionen für dessen Freilassung gekämpft. Für so einen Verbündeten kann man auch kurz nach Linz kommen.
