"Die Schneiderin der Träume": Das Recht auf Träume

Von Silvia Nagl   12.Jänner 2019

Indien: Eine junge Frau aus ärmlichen Verhältnissen wird Witwe. Ihr Weg im Dorf ist vorgezeichnet: Sie wird im Haus der Schwiegermutter versteckt, neues Lebensglück bleibt ihr verwehrt. Doch Ratna zieht in die Millionenmetropole Mumbai, arbeitet als Hausangestellte bei einem Mann der Oberschicht. Und sie hat einen Traum: Sie will Schneiderin werden, sich selbstständig machen. Hauptdarstellerin Tillotama Shome zeigt Lebensfreude, Durchsetzungskraft, Konsequenz und Mut.

Die indische Regisseurin Rohena Gera erzählt in ihrem Spielfilmdebüt behtusam und leise, mit ruhigen Kameraeinstellungen davon, wie das indische Gesellschaftssystem nach wie vor funktioniert: Hausangestellte haben Tag und Nacht für ihre Herrschaften da zu sein und werden von diesen wie Luft behandelt. Ihr "Sir" (so auch der Originaltitel des Films) wurde in den USA ausgebildet, kehrt nach Indien zurück, weil er die Baufirma des Vaters übernehmen soll. Auch er kann nicht aus seiner Kaste, seiner Gesellschaftsschicht, ausbrechen. Somit sind beide irgendwie gefangen. Aus dem Chef-Angestellten-Verhältnis entwickelt sich Vertrautheit und Zuneigung. Doch die Regisseurin verzichtet auf Heile-Welt- Romantik: Solch eine Liebe kann und darf nicht sein.

Der Film zeigt die Welt von Ratna mit farbenprächtigen Saris, bunten Straßenfesten, lauten Marktsituationen, im Appartement ihres melancholischen Chefs ist es eher dunkel. Der Film wurde übrigens in Indien noch nicht gezeigt.

"Die Schneiderin der Träume", F/IND 2018; 100 Min.

OÖN Bewertung:

 

Der Trailer zum Film: