"Snowden": Der Patriot aus der NSA

Von Nora Bruckmüller   24.September 2016

"Snowden" soll der schlechteste Oliver-Stone-Film aller Zeiten sein, sofern man den härtesten Kritikern aus Hollywood glauben will. Was man aber nicht sollte.

Tatsächlich kann "Snowden" über den gleichnamigen US-Whistleblower Edward Snowden (mehr in der Box) als spannendes Drama gelesen werden.

Jenes eines "smarten Republikaners", der angestachelt vom militärischen Erbe in der Familie zu den Streitkräften wollte, und sich zum "Nestbeschmutzer" wandelte, der eine massive Überwachung von US-Bürgern durch den Staat öffentlich machte.

Aus diesem kontroversiellen Stoff schälte Stone eine universelle Geschichte: über einen Menschen, der glaubte, richtiger Patriotismus bestehe daraus, nicht an alten Werten zu rühren, bis er für sich erkannte, dass man sie auch erschüttern muss.

Dabei nimmt einen der dreifache Oscar-Preisträger mit auf eine Reise in die Vergangenheit seines Protagonisten, den Joseph Gordon-Levitt ("Lincoln") spielt.

Der Kalifornier (35) überrascht dabei, indem er eine Gratwanderung meistert – zwischen starker Präsenz und der Zurückhaltung des echten, bubenhaften, schmalen, in sich gekehrten Snowden. Er hält sie durch. Von Snowdens Entlassung aus dem Militär, nachdem das wochenlange Tragen eines 35-Kilogramm-Rucksacks seine Beine zerstört hatte. Bis zu jener Zeit im Juni 2013, als er US-Dokumentarfilmerin Laura Poitras (Melissa Leo) und Guardian-Journalisten Glenn Greenwald (Zachary Quinto) in einem Hongkonger Hotel brisante Daten übergeben hat.

Unbehagen breitet sich aus

Bis dahin spürt man, wie sich in Snowden Unbehagen über Praktiken, Behäbigkeit und Verfilzungen ausbreitet. In für Stone typischen Kernszenen wird es übersetzt und geschürt. Wenn Snowden etwa erlebt, wie ein Banker durch Druck zum Informanten gemacht wird, indem man den Freund der Tochter abschiebt – "dank" seiner Daten. Dass Stone dabei auf der Seite Snowdens steht, war nie anders zu erwarten. Ihm vorzuwerfen, er würde ihn über Gebühr glorifizieren, ist ein Witz, angesichts der unzähligen US-Fahnen, die in fast jedem Gewalt- und Action-Film aus der Traumfabrik im Wind wehen.

"Snowden" macht eben das Aufbegehren Einzelner nachvollziehbar. Dabei entsteht wiederum ein Unbehagen, das die meisten Mächtigen in Hollywood überhaupt nicht spüren wollen.

Snowden: USA/D/F 2016, 134 Min., Regie: O. Stone

OÖN Bewertung:

 

 Porträt von Oliver Stone 

 

Edward Snowden und der Skandal der Überwachung

Edward Joseph Snowden wurde am 21. Juni 1983 in North Carolina geboren. Als Computer-Spezialist arbeitete er für die „Central Intelligence Agency“ (CIA) und war später Berater für die „National Security Agency“ (NSA). 2013 reiste er nach Hongkong, wo er geheime Infos über Massenüberwachung in den USA Journalisten übergab. Ein Medien-Hype entstand. Von der US-Regierung rechtlich verfolgt, ist er bis heute in Russland.