"Final Portrait": Modell sitzen für den Exzentriker

Von Silvia Nagl   05.August 2017

Die Ähnlichkeit ist verblüffend: Geoffrey Rush spielt den Künstler Alberto Giacometti (1901–1966) , der mit seinen hageren Skulpturen berühmt und reich geworden ist. Pairs 1964: Giacometti bittet den jungen Amerikaner James Lord (Armie Hammer), der ein Bewunderer des Künstlers ist und einige kluge Aufsätze über ihn geschrieben hat, für ihn Modell zu sitzen. James fühlt sich geschmeichelt, für Giacometti ein paar Stunden stillsitzen zu dürfen. Aus Stunden werden Tage ...

Regisseur Stanley Tucci diente das Buch "Giacometti – Ein Porträt" von James Lord (1922–2009) als Grundlage für seinen Film, in dem er das Pariser Rumpelkammer-Atelier zum Hauptspielort macht. Die Sensation ist Geoffrey Rush, der wieder einen Exzentriker mimt. Für seine Darstellung des Pianisten David Helfgott im Film "Shine" erhielt er 1997 den Oscar als bester Hauptdarsteller. Wie er mit wirrem Haar, spitzbübischem Blick, schlurfendem Gang, kettenrauchend, Rotwein saufend und fluchend den Künstler zeigt, ist große Klasse! Wie er die Selbstzweifel des Künstlers darstellt, ist berührend. Die Lebensfreude im Zusammensein mit seiner Geliebten (Clemence Poesy) herzerfrischend, das ruhige Leiden seiner Frau (Sylvie Testud) herzerweichend. Die Kamera verfolgt den großartig aufspielenden Geoffrey Rush in seinem hektischen Getue ebenso nahe wie in ruhigen Momenten, bedächtig ruht sie auf dem Gesicht von James.

Das Porträt des Amerikaners wird Giacomettis letztes Bild. Er schenkt es ihm. 1990 wird es für 20 Millionen Dollar verkauft.

Kino: "Final Portrait", GB 2017, 90 Min.

OÖN Bewertung: