"Empörung": Anpassung trifft Begehren

Von Silvia Nagl   21.Februar 2017

Verwirrung und Ratlosigkeit in diesem – ja, unschuldigen – Gesicht von Marcus Messner kehren immer wieder: Eine Entdeckung ist der 25-jährige Logan Lerman als junger Student, der 1951 am streng katholischen College in Ohio zu studieren beginnt, auch um dem Einzug in den Korea-Krieg zu entgehen.

Er ist ein intelligenter Bursche aus jüdischem Hause, seine Eltern wollen, "nona", das Allerbeste für ihn und vor allem der Vater nervt den Sohn mit seiner ständigen Besorgtheit. "Empörung", nach dem 2008 erschienenen Roman von Bestseller-Autor Philip Roth, beschäftigt sich mit dessen eigenen Erlebnissen im College, mit Bigotterie, mit dem Zwiespalt zwischen Pflicht, Bürde, Freiheit und Moral. Anpassung oder Nonkonformismus sind nach wie vor aktuelle gesellschaftsrelevante Themen, auch wenn Scharmus bei seinem Regiedebüt doch sehr altmodisch daherkommt.

Ein blondes Fräulein-Wunder

Marcus lernt am College Olivia kennen – ihr Gesicht scheint die verkörperte Unschuld zu sein und Schauspielerin Sarah Gadon entspricht dem blonden Fräulein-Wunder des amerikanischen 50er-Jahre-Kinos. Olivia überrascht ihn gleich beim ersten Date mit einem Blowjob. Er ist entsetzt: Ist sie eine Schlampe? Biederkeit, Heimlichtuerei, Tabus sind Alltag in den 50ern. Es sind unzählige gescheite, philosophische und schlagfertige Dialoge, die in diesem ruhigen Erzählkino den Großteil der Handlung ausmachen. Zu den absoluten Höhepunkten dabei gehören die Gespräche zwischen Marcus und dem College-Dekan (ein zynischer Tracy Letts). Die darin behandelten Themen können auch unsere sein.

Empörung: USA/CHN/BRA/D 2016; 110 Min., im Kino

OÖN Bewertung: