"Eine fantastische Frau": Liebe einer ungewöhnlichen Frau

Von Silvia Nagl   07.Oktober 2017

Man kann den Blick kaum von ihr wenden: Die chilenische Schauspielerin und Sängerin Daniela Vega mit ihrem zwischen feminin und herb changierenden Gesicht und den traurigen Augen, spielt in diesem Film, was sie ist: ein Transsexueller, also ein Mann, der den Köper und das (Liebes)Leben einer Frau haben möchte – und dies zumindest im Kinostreifen des chilenischen Regisseurs Sebastian Lelio auch hat.

Als Sängerin Marina Vidal ist sie die Geliebte des um Jahrzehnte älteren Orlando. Nach einer durchzechten Nacht lieben die beiden einander. Orlando erleidet eine Herzattacke, stürzt im Treppenhaus, Marina bringt ihn ins Krankenhaus, er stirbt. Bis dahin gibt es nur kleine Hinweise, dass Marina eigentlich ein junger Mann ist. Orlandos Familie, die sich von ihm wegen dieser "Perversion" distanziert hat, vermutet, dass Gewalt im Spiel war. Es folgen teils unüberlegte, aber auch bewusste Bösartigkeiten Marina gegenüber. Eine besonders demütigende Szene beim Polizeiarzt schmerzt auch beim Zusehen: Der Arzt macht Fotos von Marinas Körper, als er ihren Unterleib sieht, erstarrt er. Gut, dass Lelio auch hier dem Voyeurismus keine Chance gibt. Er setzt auf das ausdrucksstarke Gesicht und authentische Schauspiel von Daniela Vega. Der Film ist ein stiller Aufschrei nach Toleranz und das uneingeschränkte Recht auf Liebe.

"Der Preis ist allen Trans-Menschen gewidmet, die bei dem Versuch, sie selbst zu sein, gestorben sind", sagte Daniela Vega bei der Berlinale, wo der Film den Teddy Award als bester Spielfilm bekommen hat.

"Eine fantastische Frau", USA/D/E/Chile 2017, 110 Min.

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