Die Vorstadt-Betreiber aus St. Veit

Von Philipp Braun   29.Juni 2018

Den Mühlviertlern wird ja gerne nachgesagt, dass sie noch richtig anpacken können, Handschlagqualitäten besitzen und mit Innovationskraft ausgestattet sind. Wer die Bestätigung sucht, sollte einen Abstecher ins ehemalige Wirtshaus Atzmüller in St. Veit im Mühlkreis machen.

Im Mai wurde restauriert, das Speisezimmer in den ehemaligen Veranstaltungssaal verlegt, mit schön geölten Eichenböden ausgelegt und vom Gastro-Architekten Lorenz in Szene gesetzt. 44 Tage dauerte der Umbau, 88 Personen und drei Bagger werkten beinah Tag und Nacht und schufen ein Wirtshaus, das kaum zum Wiedererkennen ist. Und weil schon wenige Steine auf den anderen geblieben sind, modifizierte man auch gleich den Namen. Statt ins Wirtshaus Atzmüller gehen die Leute jetzt zum Vorstadtwirt.

Die Änderung lässt sich damit begründen, weil es in Waxenberg ebenso ein Wirtshaus Atzmüller gibt. Manche Gäste reservierten einmal dort und einmal da. Darum jetzt Vorstadtwirt. Benannt nach der Straße, wo sich das Wirtshaus befindet.

Die Schienen sind also gelegt und man darf gespannt sein, wie sich die Ausrichtung ändert, wenn Sohn Simon voraussichtlich nächstes Jahr von seinen kulinarischen Wanderjahren zurückkehrt. Gelernt hat der Filius im Mühltalhof und werkt zurzeit im Glove Club in London. Aktuell auf Platz 33 der "world’s best restaurants".

Papa Siegfried vollzieht eine kulinarische Linie zwischen traditionellen Speisen und modern angehauchten Gerichten und kocht mehr als ordentlich. Köstlicher Fleischstrudel (3,20 Euro) schwimmt in einer klaren Gemüsesuppe und ist gut abgeschmeckt. Pfiffig werden die Leinölerdäpfel (5,90 Euro) serviert. Im petrolfarbenen Emailletopf, kombiniert mit knusprigem Speck und Schwarzbrot besinnt man sich traditioneller Mühlviertler Kulinarik.

Die Vorstadt-Betreiber aus St. Veit
Leinölerdäpfel modern angerichtet

Leinölerdäpfel modern angerichtet

Einen Ausflug in die Moderne wagt Atzmüller senior mit Rindercarpaccio (9,90 Euro), das mit Avocadocreme und Roten Rüben Granité präsentiert wird. Schwammerlsauce wird mit zwei Scheiben Knödel und leider etwas angekohltem Spiegelei (9,90 Euro) serviert. Sehr gut gelingt der fast vergessene Esterházy-Rostbraten (13,90 Euro) mit Butternudeln und Juliennegemüse. Zartes Speckaroma, edle Säure der Gurken und Würzigkeit der Kapern geben dem Gericht Rückenwind.

Die Vorstadt-Betreiber aus St. Veit
Butterweicher Esterházy-Rostbraten mit Wurzelgemüse

Butterweicher Esterházy-Rostbraten mit Wurzelgemüse

Die Joghurtnockerl (6,90 Euro) werden als Creme im Glas interpretiert. Darauf fruchtig süßes Holunder-Granité, Schokocrumble und Erdbeeren und es wird bewusst, dass neben den erwähnten Tugenden auch die Kochkunst zu nennen ist.

Die Vorstadt-Betreiber aus St. Veit
Süße Interpretation von Joghurtnockerln

Süße Interpretation von Joghurtnockerln

 

Vorstadtwirt

Kategorie: Wirtshaus
Vorstadt 1, 4173 St. Veit/Mühlkreis, Tel.: 07217/6009
Ruhetag: Montag, Dienstag
www.vorstadt-wirt.at

Bewertung: 4 von 6 Kochlöffel

Ideal für alle Feierlichkeiten, jeden Donnerstag wird im Gastgarten gegrillt.