Kochen ohne Pizza, Pasta, Pommes: Geschmacksbildung hat System
Der Spitzenkoch Josef Floh kochte zwei Tage lang mit Jugendlichen am Traunsee
So wie die Oma gekocht hat – das bleibt in lustvoller Erinnerung. Der Geschmack der Kindheit prägt nachhaltig. Doch die sensorischen Andenken verblassen. Aus einer bunten, auf Handwerk, Saisonalität und Regionalität basierten Küche wurde ein uniformer Conveniencebrei. Die Gefahr, dass das Wissen, wie herzhafte Suppen, Knödel und Bratl zu fertigen sind, verwaist, besteht. Der Gastronomiekritiker Christoph Wagner warnte bereits vor einem Jahrzehnt vor einer tristen Einheitsküche. "Wenn das, was unsere Mütter ihren Kinder heute zu schmecken lehren, nur noch Hamburger und Pizzas sind, dann lässt sich heute schon erkennen, wie tief das Niveau unserer Esskultur in ein, zwei Generationen sein wird."
Schule des Geschmacks
Essen und Geschmack ist erlernt. Was wir als wohlschmeckend erfahren, wird pränatal festgelegt. Im letzten Drittel der Schwangerschaft beginnen wir zu riechen, zu schmecken und wir nehmen einen halben Liter Fruchtwasser pro Tag zu uns. Wenn die Mutter etwas isst, geht das über die Verdauung ins Blut und danach in die Gebärmutter. Die Kinder werden darauf vorbereitet, was gut ist, und lernen, das zu mögen, was es gibt, sagt Ernährungsmediziner Maximilian Ledochowski. Die aufgenommenen Geruchs- und Geschmacksstoffe prägen Vorlieben und Aversionen. Reize, die wir kennen, werden positiv erkannt und beeinflussen das Ernährungsverhalten, angepasst an einen kulturellen und sozialen Rahmen.
In der Erziehung setzt sich das Verhalten fort. Einseitige Ernährung formt unseren Geschmack. Christoph Wagner appellierte an die Gastronomie, eine "Geschmacksschule der Nation" zu sein: "Die Verantwortung von Gastronomen ist es, Mütter und Väter von heute — und damit auch deren Kinder — in Sachen Geschmackskultur mit immer neuen Impulsen zu versorgen. Und das tun sie am besten durch eine auf Frische und Wohlgeschmack, auf Tradition und Weltoffenheit, vor allem aber auch auf eine auf ökologische Verträglichkeit bedachte Küche, die dazu anregt, das Essverhalten zuhause auf ein gutes Niveau zu bringen und damit die Esskultur ganz allgemein zu fördern."
Zukunft des Kochens
Im Rahmen des Felix-Traunseefestivals versuchte man, sich dem Thema Geschmackserziehung und Kochen anzunähern und kochte zwei Tage lang mit Jugendlichen und Kindern aus der Berufsschule, der Neuen Mittelschule und dem Kinderhaus Altmünster. Zur Vermittlung der Faszination Kochen wurde Josef Floh einen beherzter Zwei-Haubenkoch aus Langenlebarn engagiert.
"Es ist wichtig, Kindern und Jugendlichen die Möglichkeiten zu zeigen, welche Vielfalt es gibt. Wir als Köche haben eine Vorbildwirkung, wollen Begeisterung vermitteln und investieren in die Zukunft", sagte Floh, für den Vielfalt nicht nur eine Frage des Genusses, der Lebensfreude und der Gesundheit ist, sondern auch eine Frage der Kultur darstellt.
Der Familienvater ist nicht nur ein leidenschaftlicher Koch, sondern auch Autor von Kinderkochbüchern wie "Der kleine Floh 2", wo der "große Floh" 29 Rezepte herausgearbeitet hat, mit denen Genießer zum saisonalen und regionalen Genussexperten ausgebildet werden. "Man muss bei den Kindern beginnen, um ihnen die Vielfalt zu zeigen und langfristig das Gefühl für Ernährung und Lebensmittel zu zeigen", sagt Floh und schupft ein paar frische Spargelspitzen in die Höhe.
Beeindruckt von der Fingerfertigkeit und dem Qualitätsanspruch umringten die Schüler den Koch, zeigten Interesse und werkten leidenschaftlich mit. Zweifel ob gewisser Personalsorgen wurden ausgeräumt.
Freilich ist die Gastronomie ein hartes Pflaster. Josef Floh sieht im Kochberuf dennoch eine Zukunft. "Jeder soll das machen, was er gern macht. Das Wichtigste ist, eine Freude daran zu haben. Dann klappt das. Als Koch kann man so kreativ sein und mit Lebensmittel arbeiten. Ich würde es hundertprozentig wieder machen."
Der kleine Floh 2, 29 flöhliche Rezepte für Kinder ab dem 2. Lebensjahr, Eigenverlag, 18,50 Euro, derfloh.at