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Die Reise ins Risotto-Reich

Von Philipp Braun, 24. November 2018, 00:04 Uhr
Die Reise ins Risotto-Reich
Manuel und Christian Costardi rocken die italienische Kochbühne mit Risotto. Bild: Mesic

Die Costardi-Brüder aus der Reis-Hochburg Vercelli im Piemont sind die kulinarische Instanz für Risotto. In ihrem Zwei-Sterne-Restaurant werden 20 verschiedene Risotti angeboten. Philipp Braun warf einen Blick in die Kochtöpfe.

Risotto. Schon allein der melodische Name befriedigt den Wunsch nach Wohlklang in den Ohren. Doch von sonorer Musik wird man nicht satt. Sehr wohl aber vom norditalienischen Reisgericht, dessen Vorteile man sich auf der Zunge zergehen lassen kann: Es ist günstig, schnell und einfach zuzubereiten. Und es schmeckt köstlich, wenn gewisse Kriterien beachtet werden.

In erster Linie führt am Reis kein Weg vorbei. Die Hinweisschilder zeigen dabei eindeutig in die fruchtbare Poebene im Piemont, wo die Getreidekörner die bestmöglichen Bedingungen vorfinden. Jedes dritte europäische Reiskorn wird in den Provinzen Vercelli und Novara geerntet und steht für beste Qualität. Auch wenn jeder Reisbauer diese individuell für sich beansprucht, ein Grundkonsens setzt sich über Regionen und Familienrezepte hinweg. Breiiges Risotto ist ein Fauxpas, gewünscht sind Cremigkeit und bissfeste Reiskörner. Dies wird durch den idealen Stärkegehalt und die Kochfestigkeit festgelegt.

Der royale Reis

Als König der Reissorten gilt Carnaroli, ein Mittelkornreis aus der Superfino-Kategorie. Kompakte, große, etwas längliche Reiskörner, die aufgrund des geringen Ertrags auch teurer sind als vergleichbare Sorten wie Vialone und Arborio. Auch die Costardi-Brüder aus der Reis-Hochburg Vercelli verwenden Carnaroli. Die beiden gelten als Maßstab für Risotto und wurden für ihre Kochkünste vom Michelin-Guide geehrt. Zwei Sterne schmücken das Familienrestaurant Cinzia in Vercelli. Dieses wirkt von außen eher schlicht, sobald man jedoch über die Schwelle ins Innere tritt, spürt man die Leidenschaft und geballte Kochkompetenz.

Die Reise ins Risotto-Reich
Ein Klassiker aus italienischen Kindheitstagen auf hohes Niveau gebracht Bild: Mesic

Allein für die Auswahl des passenden Reises opfern die Brüder viele Stunden. Jeden Monat werden zehn Reissorten nach den Kriterien Aussehen, Textur und Geschmack analysiert. Mit Argusaugen begutachten die Costardis die Körner und lassen sie durch ihre Finger rieseln. "Wir überprüfen den Reis auf gleichmäßige Größe, was für den Kochprozess wichtig ist. Zudem muss der Reis im Rohzustand die richtige Härte besitzen."

Mit Akribie wird der Reis danach gekocht – zehn Sorten à 100 Gramm in 500 Milliliter ungesalzenem Wasser für genau 16 Minuten. "Für uns ist das sehr wichtig. Wir kosten danach den Reis, aber genauso das Wasser. Die Qualität des Reises ändert sich wie das Wetter. Wir wollen aber eine gleichbleibende hohe Qualität garantieren. Auch um uns von anderen Restaurants abzuheben", sagt Manuel, der jüngere der Costardi-Brüder.

Der Fokus auf das cremig-körnige Gericht wurde 2007 gesetzt. Christian Costardi schaut aus dem Fenster und zeigt in die Ferne, wo sich unzählige Reisfelder befinden. "Das beste Produkt, das wir hier haben, ist Mittelkornreis. Der König. Wir fingen an, das Lebensmittel zu studieren, uns damit auseinanderzusetzen, und geben somit einen Einblick in unsere Küche."

Während die Brüder über deren Philosophie parlieren, köchelt auf dem Herd eine Gemüsebouillon im großen Suppentopf. "Wir verwenden diese am liebsten. Sie ist neutral und verfälscht den Geschmack des Risottos nicht."

Der geschmackliche Purismus setzt sich auch beim Käse fort. Statt auf Parmesan greifen die zwei Brüder lieber auf die mildere Variante Grana Padano zurück. Ein weiteres Merkmal ihrer Risotti ist die Vernachlässigung von Wein und Zwiebeln. "Sie sind nicht zwingend notwendig."

Für das Risotto rösten die Köche den Reis zuerst in einem Topf ohne Öl an, damit sich aromatische Röststoffe bilden. Abgelöscht und aufgegossen wird mit heißer, klarer Gemüsesuppe, um den Kochprozess nicht zu unterbinden und die optimale Konsistenz zu garantieren. Andernfalls besteht die Gefahr, dass der Reis zu hart bleibt. Nach mehrmaligem Aufgießen kommt am Ende die Sauce dazu. Mindestens 20 verschiedene Spielarten werden im Sternerestaurant angeboten. Die kulinarische Visitenkarte ist aber eindeutig die Version mit Tomatensauce.

Vom Trauma zum Traum

Das italienische Gericht kann als Pendant zum österreichischen Grießbrei gesehen werden. "Es ist eine Erinnerung an die Kindheit. Leider häufig keine gute. Viele Kinder wurden in Schulküchen mit Unmengen an schlechtem Tomaten-Risotto abgespeist und sind davon traumatisiert", sagen die Costardi-Brüder. Mit ihrer Variante drehen sie die Zeit zurück und läuten einen Wendepunkt in der Kulinarik ein.

Nach einer kurzen Kochzeit werden am Ende kalte Butter und Grana Padano untermengt. Christian Costardi verzichtet beim Umrühren auf einen Kochlöffel. "Das zerstört die Struktur." Lieber packt er die Kasserolle am Stil und schüttelt das Risotto mit wenigen ruckartigen Bewegungen durch. So, als würde er Palatschinken schupfen. Sein Bruder spritzt von der Seite ein paar Tropfen Olivenöl hinzu. Danach wird das Risotto in Dosen gefüllt, deren Etiketten grafisch dem Meisterwerk von Andy Warhol nachempfunden wurden. "Seit 2012 verwenden wir die Dosen, nachdem in Vercelli eine Ausstellung über Pop Art und Andy Warhol stattgefunden hat. Designt wurden sie von Bob Noto, einem der wichtigsten Kulinarikexperten der Welt", sagt Manuel Costardi.

Das Risotto selbst ist ein lukullisches Kunstwerk – von herrlich cremiger Konsistenz und der Reis beeindruckt mit weicher Kernigkeit. Die fruchtige Säure der Tomatensauce, die Molligkeit des Hartkäses und die dezente Olivenölschärfe spielen gekonnt ihre sensorischen Vorzüge aus – eine geschmackliche Sinfonie für den Gaumen.

 

Zum Rezept: Tomaten-Risotto

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am 25.11.2018 11:01

ich glaub, es geht los. Traumatisierte Kinder wegen eines Risottos......

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