Die Grillschule
Fleisch, Gemüse und ein paar heiße Kohlen. Vom Grillhimmel ist noch kein Meister gefallen. Auch Philipp Braun nicht. Aber er hat die Grillschulbank in Altenfelden gedrückt und würde das Ganze gerne wiederholen.
Grillschüler lassen sich grob in zwei Kategorien einteilen. Zum einen tricksen die Wissbegierigen auf, die jede Information über Grillgeräte, Fleischreifung, oder Temperatur der Kohlen schneller abrufen können, als man Feuer entzünden kann. Und dann gibt es die Grill-Eleven, deren Erfahrungen bei der aufgespießten Knacker enden. Dazwischen ist viel Platz. Die Grenzen verschwimmen wie ein Scheiblettenkäse auf dem heißen Gitterrost. Die gute Nachricht ist: Wer sich zu den Genießern zählt, gesellig und wissbegierig ist, ist in der Grillschule gut aufgehoben.
Michael Schmid brennt für das Feuer. Der gelernte Brandsachverständige ist wachsam und hat seine Augen offen – immer auf der Suche nach dem besten Stück Fleisch. Aber das perfekte Steak hat er nirgends bekommen. Also züchtet er selbst Hinterwälder Rinder und gibt sein Wissen in der ersten biologisch-zertifizierten Grillschule Österreichs weiter. Regelmäßig heizt er die Griller an. 700 Personen besuchten seine Kurse vergangenes Jahr. Der Platz wurde zu eng und so zog Schmid mit seiner Lebensgefährtin Eveline nach Altenfelden – in einen stattlichen Vierseithof, der das Gerüst für ein nachhaltiges Hofprojekt bildet: Grillschule, biologischen Landwirtschaft, Naturkosmetikmanufaktur, Hotel und Gastronomie.
Bevor die Kohlen glühen
Im schattigen Innenhof glänzen 20 verschiedene Gerätschaften, von einfach bis luxuriös. Michael Schmid ist markenunabhängig, aber er hat Vorlieben und zeigt auf einen moosgrünen Keramikgriller mit markanter Golfballstruktur. "Das ist der einzige, womit du alles machen kannst. Sogar Torten backen", erzählt er mit einer Freude, als wenn er als Grilllehrer gerade selbst lauter Einser im Zeugnis bekommen hätte.
Drei dieser Keramikgriller stehen in der Grillschule. Je nach Größe kosten sie von 1200 bis 4500 Euro. Beim Grillen bleibt der Deckel meistens geschlossen, deswegen hat Schmid einen zweiten Griller in sein Herz geschlossen: den Braai, ein Griller, der in Südafrika und auf dem Balkan seine Verwendung findet. "Man sieht die Glut und das Fleisch, man kann schnell reagieren, die Leute versammeln sich davor und mit wenigen Einschränkungen ist alles machbar."
Für Grillneulinge empfiehlt Schmid, sich zuerst Gedanken zu machen, wie oft man grillen möchte, und wo man wohnt. "Wenn man nach der Arbeit schnell ein paar Würstel auf den Griller legen will, und danach alles sofort wieder wegräumt, ist ein Elektrogriller wahrscheinlich die beste Alternative", erklärt Schmid, und ergänzt: "Wenn aber bereits das Einkaufen der Lebensmittel ein Erlebnis darstellt, dann wird man mit einem Holzkohlegriller mehr Freude haben. Wobei man sich fragen sollte, ob ein Griller ausreicht. Immerhin will man manchmal auch ein Mehr-Gang-Menü grillen."
Heiße Abende
Die Teilnehmer beschäftigte neben dem richtigen Equipment die Frage, wie richtig gegrillt wird. Davor wurde gemeinsam gemörsert und Bio-Hühner mit einer Gewürzmischung massiert, auf einen Geflügelhalter (mit Bier gefüllt) gesetzt und indirekt bei ca. 150 Grad und geschlossenem Deckel zur Knusprigkeit gegrillt. Forellen drapierte man stehend auf Erdäpfel damit die Haut nicht am Rost picken bleibt, und zupfte nach 20 Minuten an der Rückenflosse. Lässt sich diese lösen, ist der Fisch fertig.
Fragen gab es genug. Die nach dem richtigen Fleisch ist für den Bio-Fachmann eine Vertrauenssache. "Wenn du nicht selbst eine Landwirtschaft hast, solltest du dich auf wen verlassen können, der gute Qualität liefert. Am besten ist ein Metzger deines Vertrauens."
Aber selbst das beste Biofleisch kann verhunzt werden, wenn es falsch gegrillt wird. Das Fleisch nicht ausreichend rasten lassen, zählt dazu. Auch wird gerne auf adäquate Hitze vergessen. Ignorieren kann man gut gemeinte Empfehlungen, das Fleisch zig mal umzudrehen und anzustechen. Auch die alte Grillerweisheit, das Fleisch mit Bier zu begießen ist für Michael Schmid ein sinnloses Unterfangen. Es wird nur die Glut ausgelöscht und das Fleisch bekommt ein verzichtbares Aschenaroma.
Unklar ist hingegen die Frage nach der Marinade und wann gesalzen werden soll. Grilllehrer Schmid erklärt es den Schülern: "Prinzipiell ist es eine Philosophie. Bei erwachsenen Tieren möchte ich den Eigengeschmack hervorheben. Die Marinade soll hier begleitend sein und nichts verfälschen. Aufpassen muss man, dass nicht alles verbrennt und leicht bitter wird. Was das Salz betrifft, entzieht es Flüssigkeit und macht das Schnittfleisch härter und zäher. Eventuell kurz vor dem Grillen ein wenig salzen. Ausnahmen sind große Bratenstücke."
Grillen als Kulturgut
Die „Grillwiese“ beim Pleschingersee scheint diesen Sommer verlassen. Aber auch wenn sich die Natur langsam erholt, empfinden es viele als traurig. „Es ist schade, alles mit einem Verbot zu lösen. Viele haben keinen eigenen Garten. Aufklärung wäre wahrscheinlich besser gewesen. Man nimmt den Leuten etwas, wenn sie Spaß haben und begeistert sind“, sagt Tom Mesic, gebürtiger Kroate, für den Grillen mehr ist, als ein Stück Fleisch auf den Rost zu legen. „Balkangrill ist Spontanität, Lebensfreude, Emotion“, sagt der Hobbygriller, der regelmäßig Freunde zum Essen einlädt. Etwas improvisiert, ein wenig chaotisch, aber liebenswürdig. Im Hintergrund läuft „Ex-Yu-Musik“. Freunde formen aus Faschiertem Laibchen, schneiden Auberginen und Zucchini. Alles wird mit viel Knoblauch und Öl eingepinselt. „Balkangrill gewinnt Leute. Jeder ist willkommen, keiner ist enttäuscht“, erklärt Mesic, lacht, bewegt seine Arme zu den Rhythmen, und belegt die gereichten Teller mit gegrillten Speisen. Unkompliziert und köstlich.