Bauernkrapfen mit Schliff
Vorsicht, heiß! Am besten, Sie lesen einstweilen die Geschichte über die Bauernkrapfenschleiferei, bevor sie sich den Bauernkrapfen schmecken lassen, rät Manfred Wolf.
Böse Zungen behaupten, dass sich hier, in Hinterberg, Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Immerhin, das kleine Dorf liegt abgeschieden auf einem der Mühlviertler Hügel. Und doch tippen pro Jahr bis zu 250 Bus-Chauffeure und Tausende Besucher die Adresse Hinterberg 11, 4282 Tragwein, ins Navi ein. Denn hier, wo lediglich ein paar Bauernhäuser und das Feuerwehrzeughaus Hinterberg stehen, befindet sich die einzige Bauernkrapfenschleiferei Österreichs.
Vorweg: Nein, hier werden weder Messer noch Kreissägenblätter geschliffen. Denn auch diese Anfrage kennt Chefin Rosi Lichtenegger. Hier werden einzig Krapfen geschliffen. Bauernkrapfen, um genau zu sein. Und zwar jede Menge. Noch bevor sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, haben Rosi und ihr Team schon bis zu 4000 Bauernkrapfen produziert. Und die werden dann in ganz Österreich und Teilen Südtirols ausgeliefert.
Der Teig muss "picken"
Aber was ist das überhaupt, Krapfen schleifen? Die kleinen Germteiglinge werden auf der Arbeitsfläche flink zu einer geschmeidigen Kugel gerollt – wichtig dabei ist, dass der Teigling leicht auf der Arbeitsfläche "anpickt". Aus der so geschliffenen Kugel wird dann der Bauernkrapfen geformt.
Der Überlieferung nach muss der Krapfen innen so dünn sein, dass man einen Liebesbrief durch ihn lesen kann. "Kann man auch", sagt Rosis Tochter Birgit Bauer. "Leider werden halt keine Liebesbriefe mehr geschrieben", ergänzt Martina Hader, die gerade einen fertig geformten Krapfen ins heiße Öl legt und ihn mit Fett übergießt, damit die Hitze gleichmäßiger wirkt und der Krapfen außen einen schönen weißen Rand bekommt.
Klingt alles ganz einfach, ist es aber nicht. Denn um einen perfekten Bauernkrapfen zu erhalten, braucht man viel Gefühl. Und kaum jemand schleift so flink wie Rosis Mann Christian. "Da kommen die anderen beim Portionieren immer ins Schwitzen, weil er so schnell ist", sagt Rosi, die vor 25 Jahren selbst ihre ersten Bauernkrapfen geschliffen hat. Damals war die heute 51-Jährige gerade zu ihrem dritten Kind schwanger und hat, damit ihr zu Hause nicht die Decke auf den Kopf fällt, nach etwas Neuem gesucht. Das fand sie bei einem Kurs der Ortsbäuerinnen: Bauernkrapfen schleifen.
Rosi hatte sofort den Dreh raus, und noch im selben Jahr buk sie beim Weihnachtsmarkt im Ort erstmals frische Bauernkrapfen. Zur Jahrtausendwende brachte sie ihr Bruder dann auf die Idee, mit ihren Süßspeisen die regionalen Wirte zu beliefern. Und die Krapfen schlugen ein, zogen weite Kreise. Vier Jahre später hatte sie schon ihre ersten Angestellten, gebacken wurde in einem kleinen Raum im Vierkanter ihres Mannes, der ebenfalls bei ihr angestellt ist.
Der Bio-Landwirt ist nicht nur ein hervorragender Krapfenschleifer, er war es auch, der im Laufe der Zeit Tausende Portionen Germteig händisch abgeschlagen hat. "Wir konnten keine Rührmaschine finden, die den weichen Teig kneten konnte", sagt Rosi und muss lachen. "Er hatte zu dieser Zeit ziemlich breite Schultern ..." Vor sieben Jahren "ersetzte" sie ihren Mann dann durch einen Teig-Cutter.
Bis dahin war die Krapfenproduktion ausschließlich Handarbeit. Und bis auf den Cutter, der den Teig für je 150 Portionen in 15 Sekunden abgeschlagen hat, ist es das immer noch. Denn ihr spezieller Krapfenteig ist für maschinelles Schleifen zu weich, bleibt in der Maschine picken. "Freilich würde es so kostengünstiger gehen, aber dann müsste ich das Rezept verändern, der Teig würde nicht mehr so schön aufgehen, und der Geschmack wäre nicht mehr der gleiche", sagt Rosi. Doch darauf komme es ja an. "Viele Besucher sagen, dass die Krapfen so schmecken wie früher von der Oma. Und das freut mich." Ihre Krapfen seien eben Handarbeit, und die "schmeckt man".
Zubau mit Schaubäckerei
Mittlerweile ist die Backstube im Vierkanter schon lange zu klein geworden. Also hat sie vor zwei Jahren, als die Nachfolge durch ihre jüngste Tochter gesichert war, den Mut zu einem gewaltigen Zubau gefasst. In der neuen Schaubäckerei und dem Kaffeehaus, das im Sommer bis zu 140 Gästen Platz bietet, werden bis zu sechs Tage in der Woche Krapfen gebacken. Waren es zur Jahrtausendwende noch knapp 5000 Bauernkrapfen, die sie produziert hat, so waren es im Vorjahr rund 400.000.
Neben ihrem Mann finden hier 15 Frauen Arbeit. Unter ihnen auch Rosis jüngste Tochter, zu der sie damals schwanger war. "Sie hat die Bauernkrapfen in die Wiege gelegt bekommen. Schon in der Volksschule hat sie ihren Mitschülern Krapfen-Kurse gegeben", sagt Rosi.
Das Rezept für ihre Bauernkrapfen behält Rosi aber für sich. Bevor sie das verrät, würde sie sich eher auf die Zunge beißen. Apropos beißen: Mahlzeit!
Früher gab es die Bauernkrapfen nach dem ‚Schniedern‘.“
Rosi Lichtenegger erklärt: Wenn die Bauern früher das Getreide (Troad) geschnitten (geschniedert) hatten, wurden danach die Kornmandl gebunden. Am Abend saßen dann alle beisammen, und es gab Bauernkrapfen.
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