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Joschi Anzinger - Ein Bewahrer des Kulturgutes Mundart

Von Reinhold Gruber, 28. März 2012, 00:04 Uhr
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Bildergalerie Weihbolds Streifzüge
Bild: Volker Weihbold

LICHTENBERG. Aufgewachsen in einer bäuerlichen Großfamilie in Lichtenberg, hat Joschi Anzinger schon in jungen Jahren erkannt, dass sich die Sprache verändert.

Der 53-jährige Angestellte, der auf dem Pöstlingberg lebt, ist als Mundartdichter und -schreiber bekannt. Sein „Granidd fausdd“, die Übertragung des Goethe-Klassikers in seine Heimat, wird im Sommer in einer Theaterfassung in Waldhausen gespielt.

OÖN: Woher rührt Ihre Vorliebe für die Mundart?

Anzinger: Mundart ist für mich Muttersprache. Ich beherrsche sie, habe sie gelernt, praktisch mit der Muttermilch aufgesogen. Warum sie bei mir so hängen geblieben ist, weiß ich nicht. Andere meiner Generation haben die Mundart sogar verdrängt, sich dafür geschämt. Mir war aber schon in jungen Jahren wichtig, dass die Mundart erhalten bleibt.

OÖN: Wann haben Sie gespürt, dass man die Mundart bewahren muss?

Anzinger: Durch den medialen Einfluss in den 1960er und 1970er Jahren ist durch die Schule, die Bildung eine Welle über uns Junge hereingebrochen. Ich habe gemerkt, dass die Umgangssprache etwas anderes ist als das, was wir zu Hause am Bauernhof sprechen. Dazu kam, dass sich die Sprache rasend schnell verändert hat. Ich habe schon anders geredet als mein Bruder, der 13 Jahre älter ist als ich. Ich wusste also, dass die Mundart irgendwann den Bach hinuntergeht.

OÖN: Deshalb haben Sie sich schreiberisch der Erhaltung der Mundart verschrieben?

Anzinger: Ich wusste, dass die Mundart verschwindet, wenn man sie nicht erhält, konnte dieses Wissen aber nicht umsetzen. Mit 30 Jahren habe ich dann damit begonnen, meine Gedanken in Mundart niederzuschreiben. Sehr unbedarft und im Wissen, ein Bauchschreiber zu sein.

OÖN: Was reizt Sie an der Mundart?

Anzinger: Sie ist so kraftvoll, so ehrlich. Schon Goethe wusste die Sprache zu schätzen, indem er schon vor 200 Jahren sagte, dass die Mundart die Sprache des Herzens ist. Es geht ums Wohlfühlen. Es ist ein Stück Heimat. Die Sprache des Herzens spürt man.

OÖN: Stoßen Sie mit Ihrer Mundart an Verständigungsgrenzen?

Anzinger: Nein. Das Problem habe ich überhaupt nicht, wenngleich es spezielle Ausdrücke gibt, die man erklären muss. Das hat aber auch mit dem technischen Wandel zu tun. Auf dem Bauernhof sind zum Beispiel dadurch Wörter verschwunden, weil wir diese Wörter nicht mehr brauchen, da die Gerätschaften verschwunden sind.

OÖN: Haben Sie Lieblingswörter?

Anzinger: Goi finde ich lieb und udaungs, was unverhofft, unerwartet heißt. Hiaz, griaß di und pfiat di gehören ebenfalls zu meinen Lieblingen.

 

Joschi Anzinger

1958 geboren, wuchs Joschi Anzinger im bäuerlichen Umfeld in Lichtenberg auf. Heute lebt er mit seiner Frau auf dem Pöstlingberg. Gemeinsam haben sie zwei Kinder.
500 Jahre alt ist die Faust-Geschichte, die Anzinger frei nach Goethes Version nach Oberösterreich verlegt hat.
2 Bücher hat Anzinger mit der Übertragung von Klassikern in die Mundart gefüllt: „s mühlviaddla nibelungenliad“ und der „Granidd fausdd“ sind in der Bibliothek der Provinz erschienen. Dazu hat er mehrere Gedichtbände veröffentlicht.
Mehr Infos unter: www.joschi.at
 
Bald werden sich alle Fleischhauer in Metzger verwandeln
 
Natürlich hat das Oberösterreichische seinen eigenen Charakter. Wissenschaftlich zählt der Dialekt trotzdem zu "Bairisch", wie die Sprachfärbungen der Münchner und Wiener.
Allerdings versammeln sich allein in Oberösterreich 25 unterschiedliche Dialektregionen, deren Wurzeln auf das 6./7. Jahrhundert, die Zeit der Besiedelung durch die Bayern, zurückgehen. „Wie sich die Dialekte jetzt darstellen, haben sie sich im 13. Jahrhundert herausgebildet, seitdem hat sich nicht wahnsinnig viel verändert“, sagt Sprachforscher Stephan Gaisbauer. Der 43-Jährige aus Puchkirchen am Trattberg verantwortet im Linzer Stifterhaus unter anderem den oberösterreichischen Sprachatlas. Sprachliche Färbungen wurden erst mit der steigenden Mobilität verwässert. Gaisbauer: „Vor dem Ersten Weltkrieg hat man noch innerhalb der Welser Heide Unterschiede gehört, einer aus Oftering hat anders gesprochen als jemand aus der Scharten.“

Warum nun der Tiroler dieses knackige „k“ spricht und der Oberösterreicher nicht, sei nicht zu erklären. Fest steht, dass Oberösterreich ein offenes, von der Donau und vom Handel geprägtes Land ist: „Deshalb haben sich sprachliche Neuerungen schneller durchgesetzt als in Gebirgstälern. Insofern ist das Tirolerische konservativer.“

Besteht die Gefahr, dass der Dialekt aufgrund der Globalisierung verschwindet? Gaisbauer: „Sicher nicht. Diese Prognose gibt es seit 200 Jahren, aber sie stimmt nicht. Eine Gegenbewegung zur Globalisierung ist der Regionalismus, die Menschen sind mit grenzenlosen Dimensionen überfordert. Trotzdem ist Sprache ein sich ständig verändernder Organismus.“ So wirke aus Deutschland ein großer sprachlicher Druck, der bald alle Fleischhauer in Metzger verwandeln wird und alle Stiegen in Treppen. Umgekehrt schlägt das „Pickerl“ zurück, das sich in Deutschland einnistet. Gaisbauer: „Sehr erfolgreich ist auch ,eh’ für ,ohnehin’.“ Der Einfluss des Englischen, sagt Gaisbauer, werde außerdem überschätzt. „Um 1920 gab es 9000 auch vom Duden erfasste französische Fremdwörter, heute nur noch einige Hundert.“ Und etliche davon – etwa Trottoir oder Lavoir – sind uns längst so vertraut, dass sie wie Dialekt klingen.

 
Oberösterreichisch
Der oberösterreichische Dialekt ist keine eigene Sprachgruppe, einige Wörter sind dennoch besonders. Eine kleine Auswahl an Hoamatland-Deutsch:
Goi: Gell, hat nichts mit dem hebräischen Wort Goi (Nichtjude) zu tun.
Drawig: Es eilig haben.
Bunki Kuchen vom Blech, nicht verwechseln mit Bünki (gepresster Strohballen).
Neichtl: Eine kurze Zeit, leitet sich von „Eicht“ (einst: eine kurze Zeiteinheit, Zeit der Dämmerung) ab, das „N“ ist ein verkürzter unbestimmter Artikel zur leichteren Aussprache.
Eanta: Eher, früher, bevor
Iada Dienstag, auch Iritag, leitet sich vom gotischen „Areinsdag“, dem Ares-Tag ab, dem Tag des griechischen Kriegsgottes.
Gschma: Liebenswert, gemütlich, allgemeiner Ausdruck des Wohlgefallens und Wohlbefindens.
Flenna: Weinen. Leitet sich vom Mittelhochdeutschen vlehen/vlen (dringlich bitten) ab.
Dumön: Sich beeilen. Mittelhochdeutsch: tumeln = taumeln.
Degerl: Tiegel, flaches Gefäß mit Deckel. Lateinisch: tegula (Dachziegel).
Netta: Nur. Aus dem italienischen „netto“.
 
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28  Kommentare
28  Kommentare
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alvin (51 Kommentare)
am 28.03.2012 22:30

der gerade übermittelte Text enthielt einen blöden Fehler, es sollte statt "Selbstlaut" natürlich "Mitlaut" heißen:
RICHTIG: Der alte Dialekt ist längst ausgestorben. Mein Großvater sprach noch den alten Mühlviertler Dialekt, mein Vater konnte ihn noch und machte sich darüber lustig, heute ist dieser Dialekt nahezu vollständig verschwunden. Oder sagt noch wer "Floign" zur Fliege? Oder statt "Ich muss hinaus" das fast mitlautlose "i mua aui"? Bestenfalls, "i muass außi". Und selbst Selbstverständlichkeiten des sehr gemäßigten Dialekts des 20.Jahrunderts sind spurlos verschwunden. "Mathematik" hieß "Mathes", heute sind die SchülerInnen berlinhamburgdeutsch synchronisiert und lernen ganz preußisch-norddeutsch "Mathe"! Piefkineserischer geht's gar nimma!

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jago (57.723 Kommentare)
am 01.04.2012 20:54

Obwohl ich kein Sprachexperte bin, erkenne ich im Mühlviertel mindestens 5 verschiedene Dialekte einigermaßen großräumig.

Früher hat es über die Donau kaum einen Austausch gegeben.

Irgendwo zwischen Haslach und Rohrbach ist eine Grenze, westlich sind 2 Dialekte, einer im Norden, einer im Süden. Von Haslach bis etwas östlich über Leonfelden ist ein dritter Dialekt. Freistadt hat einen vierten und Perg den fünften. Die beiden letzten sind schon etwas vom niederösterreichischen / wienerischen "zahratn" beeinflußt.

In der Nähe zu Linz und bei den Linz-Pendlern ist ein sechster, fremder Dialekt vorhanden.

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Ameise (45.683 Kommentare)
am 01.04.2012 21:11

So genau kann ichs nicht "beziffern"-aber dass sich die Dialektik alle 30-40 Km ändert-nun,dies ist mir auch schon aufgefallen...

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wilderer (3.053 Kommentare)
am 01.04.2012 21:20

Mausfanger, das war gut - eine sprachliche Meisterleistung! Der Kant des Innviertels, der Hegel am See Tristesse! Wir danken für diese Wortspende!

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( Kommentare)
am 01.04.2012 21:40

sovui ... doann kunnst di vielleicht nu zuigenau veräußerln!

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alvin (51 Kommentare)
am 28.03.2012 22:25

Mein Großvater sprach noch den alten Mühlviertler Dialekt, mein Vater konnte ihn noch und machte sich darüber lustig, heute ist dieser Dialekt nahezu vollständig verschwunden. Oder sagt noch wer "Floign" zur Fliege? Oder statt "Ich muss hinaus" das fast selbstlautlose "i mua aui"? Bestenfalls, "i muass außi". Und selbst Selbstverständlichkeiten des sehr gemäßigten Dialekts des 20.Jahrunderts sind spurlos verschwunden. "Mathematik" hieß "Mathes", heute sind die SchülerInnen berlinhamburgdeutsch synchronisiert und lernen ganz preußisch-norddeutsch "Mathe"! Piefkineserischer geht's gar nimma!

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jago (57.723 Kommentare)
am 31.03.2012 11:56

oa oa aua

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GunterKoeberl-Marthyn (17.954 Kommentare)
am 28.03.2012 13:02

I belibat gern no a Neichtl, aba i bi Drawig und muas mi Dumön, weil da Bunki is im Rohr, und woan i netta enta dahoam bi ko i eham no retten und am Lada moacha ma´s uns so richtig gschma und muas nit Flenna! Scheni Oastern enk alle!

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mitreden (28.669 Kommentare)
am 28.03.2012 08:50

a mit dem ringerl obendrauf wieder in die tastatur!

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jago (57.723 Kommentare)
am 28.03.2012 14:30

Gemmaraf Reoawa um zwee reodeolad Eoxn.

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( Kommentare)
am 28.03.2012 22:27

draufmoan!

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Ameise (45.683 Kommentare)
am 28.03.2012 06:54

...

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jago (57.723 Kommentare)
am 28.03.2012 14:43

von Julbach nach Norden hat 2 Lautverschiebungen mehr als der Rest des Mühlviertels in der Sprachentwicklung! Um Rohrbach/Sarleinsbach gibt es 1e.

Einen Ur-Klafferer verstehen Sie so wenig wie einen Franzosen mit Ihrem Schulfranzösisch, 2 Wörter pro Satz zwinkern

Dagegen ist das herablassende, niederösterreichisch- wienerische, das sich jetzt in Linz wieder in die Zungen hineinprügelt, eine armselige Sprache, die nur ein wenig Fortschritt aus den slawischen Zuwanderern gewonnen hat (das Määdlünger Äll ist slawisch).

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adhoc (4.106 Kommentare)
am 28.03.2012 06:10

grinsen

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snugs (1.658 Kommentare)
am 28.03.2012 06:04

Z.B. Der Stelzhamerbund, Bezirksgruppe Eferding hat, unter der Leitung von Mair Hildegard, inerhalb kurzer Zeit, die Mitgliederzahl der Mundartdichter von 0 auf 19 gebracht.

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jago (57.723 Kommentare)
am 28.03.2012 00:32

göll

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am 28.03.2012 00:42

a a wirkli scheanea sproach!

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jago (57.723 Kommentare)
am 28.03.2012 14:18

afümpfasex Sprochn afamoü zglei, oan Sproch is vannan Tschoppal, des asoo kraat, daßima d Oiwaschln zuahoind mua.

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( Kommentare)
am 28.03.2012 22:29

spezielle bildung ist schon so manchem zum (alltags)verhängnis geworden ...
dir natürlich nicht?!

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phönix77 (4.968 Kommentare)
am 28.03.2012 22:39

schlof guat, de augal follen mir schau zua, de sterndal soin di bewochn, so wia ia di. bis morgn!!!!

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( Kommentare)
am 28.03.2012 22:40

so soi`s sei ...

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( Kommentare)
am 28.03.2012 00:50

woann oana koa "eigenea" sproach mehr hoat!

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Harbachoed-Karl (17.883 Kommentare)
am 28.03.2012 00:24

den hauptberuflichen und neben-beruflichen Forschern für ihre Zähigkeit; nur nicht nachlassen!

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( Kommentare)
am 28.03.2012 00:28

und a so soits a bleim!

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Herzblatt (1.194 Kommentare)
am 28.03.2012 08:23

grinsen

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mitreden (28.669 Kommentare)
am 28.03.2012 08:49

daun "mir san mir"

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( Kommentare)
am 28.03.2012 10:51

hoast dösad oft!

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GunterKoeberl-Marthyn (17.954 Kommentare)
am 28.03.2012 13:03

und schen Tag no!

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