Muster: Großes Kino vor vollem Haus
WIEN. Wenn die Nummer 974 der Welt auf die Nummer 157 trifft, passiert das normalerweise auf Nebenplätzen vor einer Handvoll Betreuer, Angehöriger und Tennis-Enthusiasten. Die Nummer 974 war heute jedoch Thomas Muster und allein dieser Name schaffte es, die Wiener Stadthalle bei seinem Erstrundenmatch gegen Andreas Haider-Maurer in ein Tollhaus mit 8.000 Zuschauern zu verwandeln.
Die Atmosphäre in der Stadthalle war gewaltig. Als Thomas Muster die Halle betrat, mischten sich Standing Ovations und tosender Applaus in die von beißendem Popcorn-Geruch getränkte Wiener Stadthalle. Lässig wie in seinen besten Zeiten marschierte er zur Bank, winkte den Fans. Sein Gegner Andreas Haider-Maurer, 20 Jahre jünger als Muster, betrat den Court mit gesenktem Haupt und tief ins Gesicht gezogener Kappe - die Anspannung war dem 23-jährigen Niederösterreicher praktisch auf die Wangen tätowiert.
Lange Aufwärmphase
Am Platz war es vorerst aber Muster, dem die atemberaubende Kulisse zusetzte. Schon im ersten Game landete Haider-Maurer ein lockeres Break. "Ich war am Anfang nur mit dem Umfeld beschäftigt", sagte Muster nach dem Spiel. Selbst an einem 43-jährigen ehemaligen Weltranglistenersten, der in seiner Karriere 44 ATP-Turniere gewonnen hat, geht der frenetische Jubel der Zuschauer, die jeden Punkt des Steirers wie einen Turniersieg feierten, nicht spurlos vorüber. Somit schien das Comeback auf die ATP-Tour für Muster ein kurzes Vergnügen zu werden. Nach nur 28 Minuten hatte Haider-Maurer den ersten Satz mit 6:2 für sich entschieden, da halfen Muster auch die "Thomas, Thomas"-Rufe von den Rängen wenig.
Im zweiten Satz brachte der 43-Jährige sein Service auf Anhieb durch und konnte den Niederösterreicher ernsthaft fordern. Muster hatte zwar gegen das Service, das ihm der Geschwindigkeit eines Railjet-Zuges entgegen flog, keine Chance, doch seine eigenen Aufschlagspiele brachte er mit teilweise atemberaubenden Ballwechseln durch. Die Zuschauer fühlten sich an alte Zeiten erinnert, als Muster einem Stop-Lob-Spiel seines Gegners mit unbändigem Willen, lautem Stöhnen und einem krachenden Smash konterte. "Des is mei Generation!", schreit ein Mann, dessen Sohn die Begeisterung des Vaters nur mit großen Augen und hochrotem Kopf verfolgt. Muster begeistert die Massen und rettet sich tatsächlich ins Tie-Break, in dem er etwas leichtfertig mit seinen Chancen umgeht und nach 74 Minuten mit 5:7 unterlag.
"Den Applaus nimmt mir keiner weg"
Den Zuschauern war es egal. Sie hatten eine große Show gesehen und bejubelten die Spieler. Standing Ovations und minutenlanger Applaus für die Nummer 974 der Welt, die zu den Journalisten hörbar gerührt sagte: "Die Frage 'Warum tust du dir das an?' können Sie aus Ihren Blöcken streichen. Applaus ist Applaus, den nimmt mir keiner weg."
und VIEL spiele ?!?!