Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

Mattighofen war Grundstein für meine Karriere

Von Sylvia Vogl und Marina Huber   13.Dezember 2011

Der Mensch hat immer eine Heimat, und wäre es nur der Ort, wo er gestern war und heute nicht mehr ist. Entfernung macht Heimat [...].“ Alexander von Villers nimmt mit diesem Zitat viel vorweg von dem, was mein Verhältnis zu Mattighofen ausmacht.

Nach einer glücklichen Kindheit und Schulzeit hat es mich schon unmittelbar nach der Matura in die Ferne gezogen, studierenderweise nach Innsbruck und Brüssel, seglerisch auf alle sieben Weltmeere. Sei es eine Weltcupregatta in Miami oder monatelanges Training im Olympiarevier in China – ich denke behaupten zu können, viel von dieser Welt gesehen zu haben. Und da es eben nicht Sightseeing im konventionellen Sinne war, sondern „Arbeit“ als Profiseglerin, bin ich auch mit dem realen Leben auf allen Kontinenten in Berührung gekommen. Gerade durch diese Erfahrungen lernt man viele Dinge anders zu sehen, zu schätzen, einzuordnen – wie gesagt, Entfernung macht Heimat.

Spüren, wie sich Akkus füllen

Als ich im Juli 2008 von der gesichts- und seelenlosen Retortenstadt Qingdao, dem Segelrevier der Olympischen Spiele, für zwei Wochen zu den üblichen offiziellen Terminverpflichtungen nach Hause kam, wurde mir das besonders bewusst. Ich konnte damals spüren, wie sich die Akkus füllten, in meiner heimatlichen „heilen Welt“, die im Grunde in jeder Hinsicht in Ordnung ist.

Die stimmungsvolle Olympiaverabschiedung in Mattighofen war eine sehr persönliche Sache. Ob bei der Bootstaufe vor dem Schloss, oder bei den anschließenden Feierlichkeiten im Park der Landesmusikschule, speziell in solchen Momenten wird der Stellenwert der eigenen Wurzeln spürbar – letztlich gab mir das wohl auch das Quäntchen zusätzliche Kraft, um in China bis zur letzten Wettfahrt in Schlagdistanz zu den Medaillen zu segeln.

Mattighofen hat mir während meiner Kindheit und Jugend die Möglichkeit zu vielfältiger Sportausübung gegeben – sicherlich ein guter Grundstein für meine spätere Karriere. Ob im örtlichen Turnverein, wo ich von klein auf aktiv war und mit dem ich schöne Kindheitserinnerungen an das jährliche Schauturnen, die Sonnwendfeier und den bunten Faschingsumzug verbinde. Oder meine Mountainbike-Touren durch den nahen Kobernaußerwald sowie die ausgiebigen Langstreckenläufe an der Mattig – als Training für die Cross-Country-Landesmeisterschaften, an denen ich einige Male teilgenommen habe.

Nicht zuletzt der hart erkämpfte Aufstieg mit den Tennisdamen des TC Mattighofen in die Landesliga. Meine bereits damals ausgeprägte Tanzleidenschaft konnte ich sowohl bei Ballett und Jazzdance in der Landesmusikschule als auch im neu gegründeten Tanzclub ausleben.

Heute bin ich Mutter eines sechs Wochen alten Buben namens David und lebe mit meinem Partner, einem Architekten, berufsbedingt in Salzburg. Nach Mattighofen komme ich nach wie vor regelmäßig – vor allem mit meiner Großmutter bin ich in sehr regem Austausch und somit laufend informiert, was sich in meiner Heimatstadt tut.

Als ich mir letzte Woche den Weg durch den – leider nach wie vor verkehrsgeplagten – Stadtplatz bahnte, kamen, wie immer, wenn ich nach Mattighofen komme, nostalgische Gefühle auf. Die meisten der mir gewohnten und liebgewonnenen Geschäfte existieren nach wie vor – die Stadt hat also andernorts beklagter Abwanderung in Einkaufszentren der Peripherie erfolgreich getrotzt und ein lebendiges, funktionierendes Zentrum erhalten. Ins Auge fällt auch das frisch renovierte Schloss – ein Vorbote der Landesausstellung 2012, auf die Mattighofen schon heute stolz sein kann.

Auf dem Rückweg nach Salzburg kann ich oft einen Anflug von Sentimentalität nicht verleugnen, die „Good Old Times“ in meiner Heimatstadt sind so präsent, als wär’ es gestern gewesen. Und nicht selten beschleicht mich der Gedanke, eines Tages mit meinen Zelten wieder nach Mattighofen zurückzukehren.

388 Betriebe bieten 3600 Arbeitsplätze

Mattighofen ist ein starker Wirtschaftsraum. 388 gewerbliche Unternehmen sind in der 6000-Einwohner-Stadt angesiedelt und bieten insgesamt mehr als 3600 Arbeitsplätze. Die Wirtschaft trägt mit 25 Prozent einen Hauptteil des Gesamtbudgets der Stadt bei.
Mit knapp 66.000 verkauften Motorrädern pro Jahr und einem weltweiten Vertrieb in 70 Ländern ist wohl das KTM-Motorrad Mattighofens bekanntester Exportschlager. Das Innviertler Unternehmen hat weltweit 21 Tochtergesellschaften und insgesamt knapp 1600 Mitarbeiter.

Kassenschlager sind auch die gleichnamigen Fahrräder, vor allem die KTM-Elektro-Räder entpuppen sich zum Renner.
Bedeutend ist auch der Automobilzulieferer FCI. Damals, 1969, als Daut und Rietz gegründet, erwirtschaftet die Firma einen Jahresumsatz von rund 88 Millionen Euro. FCI beschäftigt derzeit 450 Mitarbeiter.

Am traditionsreichsten ist die Lederfabrik Vogl. Seit 1830 wird in der Moosstraße hochwertiges Leder hergestellt. Beliefert werden Automobilkonzerne mit Leder für Sitze und Lenkräder. Seit Februar ist die Fabrik im Besitz eines deutschen Unternehmens.

Mattighofener Gemeinderat ist so bunt wie nie zuvor

Seit der Wahl im Jahr 2009 ist in Mattighofen vieles anders: Der Gemeinderat ist so bunt wie nie zuvor, und die SPÖ mit Bürgermeister Friedrich Schwarzenhofer an der Spitze verfügt nicht mehr über die absolute Mehrheit.

Stolze sechs Parteien sind seit zwei Jahren im Gemeinderat vertreten. Neu ist die Liste „Bewegung für Mattighofen“ (BfM).
Gründerin dieser Fraktion ist die ehemalige SP-Vizebürgermeisterin Sonja Löffler. Anlass war ein unüberwindlicher Konflikt innerhalb der Partei, denn die SP strich sie von der Kandidatenliste. Die von ihr angeführte BfM-Liste wurde zweitstärkste Partei. Die farbenfrohe Mischung macht die Arbeit im Gemeinderat durchaus spannend.

Die Einkaufsstadt ist der Stammtisch in der Region

Mattighofen ist eine Einkaufsstadt, in der nicht die großen Ketten die Läden hüten, sondern Fachgeschäfte. Mattighofen hat – wenn auch erst auf den zweiten Blick – historisch viel zu bieten. Kulturell rüstet sich die Stadt für die bevorstehende Landesausstellung 2012.

Kultur und Freizeit: Auch wenn es in Mattighofen „die“ Kulturszene (noch) nicht gibt: fad ist’s keinesfalls. Der Schwerpunkt im kulturellen Programm liegt auf klassischen Konzerten in der Stiftspfarrkirche (1). Sehenswert ist dort der Projekt-Chor, der derzeit das Brahms-Requiem einstudiert. Zu besichtigen gibt es in Mattighofen einiges Historisches. Etwa das Schloss (2), erstmals urkundlich erwähnt 788 als herzoglicher Wirtschaftshof. Derzeit wird es umgebaut, weil es 2012 als Ausstellungsort der Landesausstellung dient. Als Kleinmuseum kann man das Zinngießerhaus (3) bezeichnen. Die Zinngießerei bestand bis ins 20. Jahrhundert, die alte Werkstätte kann besichtigt werden. Sehenswert ist auch die spätgotische Krypta aus der Gründungszeit des Kollegiatstiftes Mattighofen unter der Propstei. Diese wurde gerade renoviert. Die Propstei Mattighofen ist eines von nur vier Kollegiatsstiften in Österreich.

Essen: Eine Delikatesse ist die Mattigtalforelle. Der Fisch stammt aus der Region und unterliegt strengen Qualitätskriterien. Fein zubereitet wird die Forelle auch im Gasthaus Badhaus (4) in der Moosstraße, am liebsten als Filet gegrillt auf Gemüse und Erdäpfelgröstl mit Zitronensauce. Wem bei Fisch nicht das Wasser im Mund zusammenläuft, dem bietet Badhaus-Küchenchefin Monika Karer andere Schmankerl. Ein Knödelteller mit hausgemachtem Haschee, Selchspeck- und Grammelknödel etwa. Oder Blutwurst mit Sauerkraut. Gasthäuser mit gutbürgerlicher Küche gibt es in Mattighofen mehrere, etwa den Mattigtalerhof oder das Stiegleck.

Trinken: Ob Frühstück, Nachmittagskaffee oder After-Work-Drink: Für einen Besuch im Café Ringeltaube ist immer die richtige Zeit. Besonders für Naschkatzen, denn aus der hauseigenen Konditorei gibt es leckeres Süßes (5). Kaffeehaus-Tradition wird im Café Anna gelebt. Ein Tipp für Weintrinker und Feinschmecker sind die Schmankothek und die Hofwirtsstube am Stadtplatz.

Einkaufen: Der Mattighofener Stadtplatz ist in der Region wie der Stammtisch beim Dorfwirt: ein Treffpunkt. Die Einkaufsstadt hat einen guten Branchenmix. Es gibt viele Fachgeschäfte und wahre Geheimtipps, etwa das Hutgeschäft in der Postgasse (6). Die Ullmann-Hutmanufaktur stellt seit 1839 Schönes fürs Haupt her. Legendär ist der „Eisen Maier“. Mit 20.000 verschiedenen Produkten auf 180 Quadratmetern gibt es dort nichts, was es nicht gibt. Geschmökert werden kann im Buchladen. Neben fachlicher Beratung gibt es dazu auch eine Tasse Kaffee.

Nicht vergessen: Entspannen lässt es sich in der neu errichteten Kneipp-Anlage im Schlossgarten.

Grenzland-Cup bei KTM

Jedes Jahr im Frühling lädt der weltweit bekannte Motorradhersteller KTM zum Heimspiel auf den Werksparkplatz in Mattighofen. Die Husarenritte der Zweiradpiloten werden beim Supermoto-Grenzlandcup von zirka 3000 Zuschauern verfolgt. Die heimische Supermoto-Elite macht das Rennen noch spannender. Die drei Innviertler Rennfahrer-Asse Rene Esterbauer, Hannes Maier und Lukas Höllbacher duellieren sich regelmäßig um die Stockerlplätze.

Mattighofen, die Frauenstadt

Mattighofen ist die Stadt der Frauen. Sie machen Mattighofen schön und erfolgreich. Die bildschöne Alisar Ailabouni zum Beispiel. Das Topmodel wurde von Heidi Klum entdeckt. Auch die Ex-FPÖ-Politikerin Susanne Riess, vormals Riess-Passer, hat ihre Wurzeln in Mattighofen. Die ehemalige Vizekanzlerin ist heute Generaldirektorin der Wüstenrotgruppe.

Pluspunkte

Der Stadtplatz: Er ist nicht nur eine Kommunikationsplattform und ein Einkaufsareal, sondern auch groß – verglichen mit dem Stadtplatz der Bezirksstadt Braunau. Und schön ist er sowieso.

Wirtschaft: Mattighofen ist ein wichtiger Wirtschaftsstandort. So finden hier mehr als 3600 Menschen in den 388 Unternehmen Arbeit. Namhafte Größen sind der Motorradhersteller KTM, KTM Fahrrad und der Automobilzulieferer FCI.

Landesausstellung: Die bevorstehende, grenzüberschreitende Landesausstellung zum Thema „Verbündet – verfeindet – verschwägert, Bayern und Österreich“ bringt Mattighofen auf Hochtouren.

Wohnqualität: Ob Nordic Walken, Tennis, Klettern, Schwimmen: Sportlich ist in Mattighofen alles möglich. Toll sind auch die Hofau und der Siedelberg als Naherholungsgebiete. Diese ruhigen Plätze eignen sich bestens für ausgiebige Spaziergänge.

Schloss: Die Schlossgeschichte geht ins 8. Jahrhundert zurück. Es hatte schon viele Besitzer. Aktueller Schlossherr ist die Gemeinde. Sie lässt es gerade für die Landesausstellung 2012 renovieren.

Herausforderungen

Dauerbrenner ist die Umfahrung. Zurzeit verläuft der gesamte Durchzugsverkehr auf der Braunauer Straße durch den Ortskern, der dadurch regelmäßig verstopft ist. Eine Umfahrung ist für 2015 geplant.

Kein einziges Hotel: Mattighofen hat zwar ein paar Übernachtungsmöglichkeiten in Gasthäusern, aber kein Hotel. Dabei herrscht in der Handels- und Industriestadt dringender Bedarf an einem Business-Hotel.

Veranstaltungssaal: Der Festsaal ist alles andere als ein Fest. Auch die Sepp-Öller-Halle ist wegen fehlender Technik nicht optimal. Künftig bietet zumindest das renovierte Schloss etwas Platz für Kultur.

In Mattighofen leben mehr als 40 unterschiedliche Nationalitäten. Migranten mit nichtdeutscher Muttersprache stellen in der Kleinstadt 25 Prozent der Bevölkerung. Jeder Fünfte stammt aus dem Raum Ex-Jugoslawien.

Keine höhere Schule: Im gesamten Mattigtal ist es nicht möglich, zu maturieren. Der Antrag auf eine höhere Schule für Mattighofen wird von den zuständigen Behörden seit Jahren praktisch ignoriert.

copyright  2024
18. April 2024