Marlies Schild: Vergoldet und vollendet
Die Medaillen um den Hals von Marlies Schild haben so geklimpert, es war ihr ein wenig peinlich. Die gekrönte Slalomkönigin dieser Ski-WM umschloss ihre gewonnenen Edelmetalle fest mit der Hand, als sie im Österreich-Haus in Garmisch zur Audienz auftrat.
Die Medaillen um den Hals von Marlies Schild haben so geklimpert, es war ihr ein wenig peinlich. Die gekrönte Slalomkönigin dieser Ski-WM umschloss ihre gewonnenen Edelmetalle fest mit der Hand, als sie im Österreich-Haus in Garmisch zur Audienz auftrat. Mit der Silbernen aus dem Teambewerb wollte sich die 29-jährige Salzburgerin fast nicht fotografieren lassen, „dazu hab ich nichts beigetragen“. Die Goldene aus dem Slalom aber drückte sie fest ans Herz, sie war nach sieben WM- und Olympia-Medaillen in Silber und Bronze eine Herzensangelegenheit, das Puzzlestück zur sportlichen Vollendung. „Jetzt hammas endlich“, flüsterte sie ihrem Papa ins Ohr, als sie ihm weinend vor Glück um den Hals fiel. Am Mittwoch flossen Tränen, weil ihr Freund den Teambewerb nicht bei der Siegerehrung, sondern mit gerissenem Kreuzband auf dem OP-Tisch beendet hatte.
Die Frage eines Boulevardreporters, wann sie sonntags Benjamin Raich aus dem Krankenhaus abhole, quittierte Schild mit einem Lächeln. Sie nimmt ihr Leben als öffentliche Person hin, lieber wähnt sie sich still im Privaten, im Traumhaus in Arzl im Pitztal. Das hat viele (Kinder-) zimmer, weiß der Reporter, er möchte gerne wissen, wann aus dem Fräulein Schild eine Mama Raich wird. Zukunftsgedanken.
Von der Vergangenheit erzählt Josef, der Vater des Erfolgs. Als Marlies 1981 zur Welt kam, lebten vier Generationen unter dem Dach ihres Bauernhofs im Salzburger Saalfelden. Was die sporttalentierten Kinder Lukas (18), Bernadette (21), Marlies (29) und Josef (30) auf den Tisch bekommen, produzieren sie selber: Naturbeef, Gemüse, Salat. „Wir leben nach einem Grundprinzip: Vorbild, Vertrauen, Verantwortung. Bei uns hatte jeder ab drei Jahren seine Aufgabe.“ So fütterte Marlies mit der Oma Hühner, half beim Heuen. Gameboys und Computerspiele? Verpönt. Die Bibliothek und Natur waren die Räume zur Entfaltung. Mit acht Jahren stand Schild auf dem Großglockner.
21 Jahre später am Höhepunkt der Karriere. Der Schwierigkeitsgrad dorthin war höher als jede Klettertour zuvor. Sie carvte mit einem 32 Zentimeter langen Nagel im Bein, die Knie sind ramponiert, 2008 stand sie mit Schien- und Wadenbeinbruch wenige Schritte vor dem Aus. „So höre ich nicht auf“, sagte Schild, die mit 28 Weltcupsiegen nach Bayern reiste, alleine fünf aus dieser Saison. „Hätte Marlies wieder nicht gewonnen, hätte jeder gesagt: Schaut sie euch an, jetzt hat sie es wieder vernebelt“, weiß der Papa. Dem ungeheuerlichen Druck hielt seine Tochter stand. Und die Medaillen klimperten vor sich hin.
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