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Die Innviertler Übergabe

Von Von Roman Sandgruber   27.März 2010

Die Erwerbung des Innviertels war das aus europäischer Perspektive vergleichsweise nichtige Ergebnis eines Krieges, der 1778 vom Zaun gebrochen und eigentlich nie geführt worden war. In der zeitgenössischen Propaganda und auch in der späteren Geschichtsschreibung wurde er als „Kartoffelkrieg“ oder „Zwetschkenrummel“ verharmlost.

Doch auch dieser Krieg hatte an die 20.000 Tote gefordert. Das materielle Unglück für die Bevölkerung in den nordböhmischen und nordmährischen Regionen, wo die Truppenbewegungen und Einquartierungen vornehmlich durchgeführt wurden, ist nie beziffert worden.

Begonnen hatte das Ganze mit dem Tod des letzten Vertreters der Bayerischen Linie der Wittelsbacher, Kurfürst Maximilian III. Joseph († 30.12.1777). Österreich erhob Anspruch auf dessen Erbe, allerdings mit recht schwachen Argumenten. Denn nicht einmal 40 Jahre früher waren ja auch die Habsburger in männlicher Linie ausgestorben, Maria Theresias Erbfolge musste mit der von den anderen Reichsfürsten nicht wirklich anerkannten neuen „Pragmatischen Sanktion“ gesichert und mit zwei Kriegen, die Maria Theresias gesamte Regierungszeit prägten, militärisch verteidigt werden.

Kompensation für Verlust

Man kann schon sagen: Die Habsburger wollten es den Bayern irgendwie heimzahlen, dass sie 1741 in Oberösterreich einmarschiert waren, Linz besetzt hatten und sich der bayerische Kurfürst Karl Albrecht zum böhmischen König und deutschen Kaiser hatte krönen lassen.

1777 sah man die Chance zum Erwerb Bayerns und damit zu einer Kompensation für den Verlust Schlesiens im Österreichischen Erbfolgekrieg und zu einer wichtigen territorialen Brücke zu den alten habsburgischen Besitzungen in Baden-Württemberg und im Elsass. Österreich war sogar bereit, dafür die wirtschaftlich viel wertvolleren Österreichischen Niederlande, das heutige Belgien, abzugeben.

Umstrittene Erbfolge

Die Wittelsbacher, die seit 1180 in Bayern regierten, hatten sich im Laufe der Zeit in mehrere Linien gespalten. Als sich in den 1770er-Jahren das kinderlose Ende der bayerischen Wittelsbacher immer deutlicher abzeichnete und 1777 mit dem Tod von Maximilian III. plötzlich Realität wurde, gingen heftige diplomatische Aktivitäten rasch in militärische Drohgebärden über.

Aufgrund der Erbfolgeverträge im Hause Wittelsbach sollte das Kurfürstentum Bayern an Karl Theodor aus der Linie Pfalz-Sulzbach fallen. Doch Österreich intervenierte. Kaiser Joseph II. konnte Karl Theodor dazu bewegen, in der Wiener Konvention vom 3. Januar 1778 die Ansprüche auf Niederbayern, die schwäbische Herrschaft Mindelheim und die böhmischen Lehen in der Oberpfalz an Österreich abzutreten. Dafür erhielt er vom Kaiser das Erbrecht für Oberbayern bestätigt.

Um der Verbindlichkeit der von Österreich mit der pfälzischen Linie abgeschlossenen Verträge Nachdruck zu verleihen, rückten Österreichs Truppen in die Oberpfalz und nach Niederbayern ein und verleibten die Gebiete östlich des Inns mit Wirkung vom 15. Jänner 1778 dem Land ob der Enns ein.

Während Joseph II. als deutscher Kaiser auf machtpolitische und militärische Mittel setzte, wollte seine Mutter Maria Theresia, die ja noch immer Landesherrin in Österreich war, eigentlich keinen territorialen Anspruch auf die bayerischen Gebiete erheben und schon gar nicht in einen neuen Krieg mit Preußen und den anderen deutschen Fürsten ziehen, die sich mit den Wittelsbachern solidarisierten. Anführer dieser Koalition war König Friedrich II. von Preußen. Dieser spielte sich als Verteidiger der „deutschen Freiheiten“ auf, in Wirklichkeit aber deshalb, um durch eine territoriale Vergrößerung Österreichs machtpolitisch nicht wieder ins Hintertreffen zu geraten. Und er erklärte am 3. Juli 1778 Österreich den Krieg.

Zwei Tage später marschierten die preußischen Truppen in Böhmen ein. Auf beiden Seiten kam es schnell zu riesigen logistischen Problemen. Die Militäraktionen zielten vornehmlich auf die Erbeutung und Beschlagnahme von Lebensmitteln ab, die sich nicht nur auf Erdäpfel und Zwetschken beschränkten. Für große Gefechte fehlte die Kraft, der Winterbeginn machte dem Treiben vorerst ein Ende: Die Preußen zogen sich nach Schlesien und Sachsen zurück.

Am 13. Mai 1779 wurde der Krieg über Vermittlung Russlands und Frankreichs im Frieden von Teschen beendet. Österreich erhielt das Innviertel und verzichtete auf andere Ansprüche, Preußen erhielt die Erbfolge in den Markgrafschaften Ansbach und Bayreuth zugestanden.

Die Erwerbung des Innviertels hatte Oberösterreich rund 2200 Quadratkilometer an Fläche und circa 60.000 zusätzliche Einwohner gebracht. Der Markt Ried wurde zum Sitz des neuen Kreisamtes und 1857 zur Stadt erhoben. Christoph Freiherr von Stiebar wurde der erste Kreishauptmann .

Die Innviertler nicht gefragt

Die Innviertler selbst wurden zu diesem Wechsel nicht gefragt und waren aller Wahrscheinlichkeit nach auch nicht sehr begeistert vom josephinischen System. Wohl deshalb war 1810, als das Innviertel vorübergehend wieder zu Bayern kam, die zumindest nach außen zur Schau getragene Begeisterung groß.

„Mehr denn 33 Jahre flossen in den Strom der Zeit, als auf den mit Tränen benetzten Lippen des Innviertlers der laute herzliche Wunsch für Bayerns Fürsten erstarb. Am 29. des Herbstmondes strahlte die vaterländische Sonne wieder auf unsere Gefilde“, schrieb mehr als blumig das „Rieder Intelligenzblatt“ am 7. März 1810 über die Rückgabe des Innviertels an Bayern.

Das Innviertel war mit dem Frieden von Schönbrunn am 14. Oktober 1809 unter französische Herrschaft gekommen. Mit dem Pariser Vertrag vom 7. März 1810 gaben es die Franzosen den Bayern zurück. Nach Napoleons endgültiger Niederlage gelangte es mit 14. April 1816 wieder an Österreich.

Bayern brachten Versicherung

Eine zukunftsweisende und bleibende Errungenschaft wenigstens hatte diese erneute kurzzeitige Zugehörigkeit des Innviertels zu Bayern gehabt: Am 23.1.1811 wurde die königlich-bayerische Brandassekurationsordnung erlassen, mit der für ganz Bayern eine Brandversicherungsanstalt ins Leben gerufen wurde. Es war die Gründung der OÖ. Landesbrandschaden-Versicherungsanstalt, der heutigen Oberösterreichischen Versicherung. Sie ist somit die älteste Versicherung Österreichs.

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