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Der Pulsschlag der Siebziger

29. Jänner 2011, 00:04 Uhr

Die Nationalratswahl am 1. März 1970 brachte die Niederlage der 1966 bis 1970 unter Bundeskanzler Josef Klaus mit absoluter Mehrheit regierenden ÖVP und einen großen Sieger: Bruno Kreisky (1911–1990).

Die Nationalratswahl am 1. März 1970 brachte die Niederlage der 1966 bis 1970 unter Bundeskanzler Josef Klaus mit absoluter Mehrheit regierenden ÖVP und einen großen Sieger: Bruno Kreisky (1911–1990). Der damals 59-Jährige, von großbürgerlich-jüdischer Herkunft, ein Weltbürger, war geprägt von Verfolgung im Ständestaat, vom Exil in Schweden 1938 bis 1945 und von seiner Karriere als Berufsdiplomat nach 1945.

Kreisky, der viel telefonierte, wurde zum Journalisten- und Fernsehkanzler. Seine mediale Präsenz war sprichwörtlich. Das Fernsehzeitalter zog in die Politik ein, und Kreisky zog die Fäden. Das legendäre TV-Duell zwischen Kreisky und dem ÖVP-Obmann Josef Taus wird zu jenen Ereignissen gezählt, wo eine mediale Konfrontation ein vorher ganz anders prognostiziertes Wahlergebnis umdrehte. Die Journalisten verpassten ihm Attribute wie „Medienzampano“ und „Sonnenkönig“. Er vereinigte Diplomatie und volkstümliche Leutseligkeit.

Aufwertung der FPÖ

Kreisky träumte davon, das bürgerliche Lager aufzubrechen: mit dem Appell an liberale Wähler, „ein Stück des Weges“ mitzugehen, mit dem Dialog zur Kirche, dem Diskussionsangebot an die 68-er und der Aufwertung der FPÖ, um die Starre der großen Koalition zu überwinden. Die FPÖ verhalf ihm 1970 durch Duldung der Minderheitsregierung zu ersten Erfolgen. Sie wurden dafür mit einem minderheitenfreundlicheren Wahlrecht belohnt, das auch der SPÖ diente, weil es die stärkere Gewichtung kinderreicherer Regionen beseitigte.

Die ÖVP aber beraubte sich aller Optionen, als Parteiobmann Josef Klaus im Wahlkampf mit der unrealistischen Festlegung, für ihn käme nur die Alleinregierung in Frage, alles auf eine Karte setzte und noch am Wahlabend jegliche Zusammenarbeit mit der FPÖ ausschloss. Bei den vorgezogenen Neuwahlen 1971 erreichte die SPÖ mit dem Appell „Lasst Kreisky und sein Team arbeiten“ die absolute Mehrheit. Diese verteidigte Kreisky zweimal erfolgreich und wurde von 1970 bis 1983 zum bislang längst dienenden Bundeskanzler Österreichs.

Auch in der oberösterreichischen Landespolitik stand 1971 ein Generationenwechsel an: Landeshauptmann Heinrich Gleißner, der am 5. April 1971 das 78. Lebensjahr überschritt, legte sein Amt zurück. Die Nachfolge trat sein über zwei Jahrzehnte hinweg engster Mitarbeiter Erwin Wenzl an, der 1968 die Funktion des ÖVP-Landesparteiobmanns von ihm übernommen hatte und seit 1966 Landeshauptmann-Stellvertreter war.

Anders als im Bund stützte die FPÖ in Oberösterreich die ÖVP. Wenzl wurde am 3. Mai 1971 mit den Stimmen dieser Parteien zum Landeshauptmann gewählt. Neuer Stellvertreter wurde Gerhard Possart.

Auch Franz Schütz, der Präsident der OÖ. Handelskammer, legte sein Landtagsmandat zurück. Ihm folgte der Landesobmann des Wirtschaftsbundes, Rudolf Trauner. Er übernahm auch den Sitz in der Landesregierung von Landesrat Heinrich Wildfellner. Den Regierungssitz Wenzls bekam Lelio Spannocchi, der Landesrat für Finanzen und Kultur wurde.

Bei der Landtagswahl 1973 stellte die ÖVP bewusst Erwin Wenzls Persönlichkeit in den Vordergrund. Sie präsentierte ihn, der im Sternzeichen des Löwen geboren war, auf Plakaten und in Broschüren als Wenzl den Löwen, als Wenzl den Honda-Fahrer und zusammen mit seinem Regierungsteam im geländetüchtigen Haflinger.

Es war eine Wahl der Jugend. Über das Vorwahlmodell, das erstmals in Oberösterreich galt, kamen mehr als 500 ÖVP-Jugend-Vertreter zwischen 21 und 30 Jahren in die Gemeinderäte. Nutznießer dieser Regelung war zum Beispiel auch Josef Pühringer, der aufgrund der Vorwahl in Traun in den Gemeinderat einziehen und dort sofort auch eine Stadtratsfunktion bekleiden konnte.

Sicherlich war der Erfolg der ÖVP 1973 auch eine Reaktion auf das Ergebnis der Nationalratswahl 1971 und die absolute Mehrheit der SPÖ im Bund. Aber er war auch das Resultat einer innovativen und geglückten Wahlkampagne, die Sachthemen und Persönlichkeitswahlkampf auf sehr attraktive Weise vereinte.

Der nüchterne Sachpolitiker Wenzl legte sein ganzes Augenmerk auf den Ausbau und die Stärkung der Infrastruktur: den Bau von Straßen, Brücken und Schulen, die Errichtung von Kraftwerken, den Ausbau des Flughafens Hörsching sowie die Stärkung traditioneller und die Ansiedlung neuer Betriebe.

Die Donaubrücke der Mühlkreis-Autobahn, die VOEST-Brücke, wurde 1972 dem Verkehr übergeben. Im selben Jahr eröffnete die erste Selbstbedienungs-Tankstelle Oberösterreichs, und es wurden die ersten Fahrscheinautomaten eingeführt. Gleichzeitig war Linz 1972 der Ort mit der höchsten Staubbelastung Österreichs.

Kulturell wurden Marksteine gesetzt: 1974 ist in Linz das Brucknerhaus eröffnet worden. 1977 war das Jahr des „forum metall“, initiiert vom Metallkünstler Helmuth Gsöllpointner, der Künstlervereinigung MAERZ und dem Direktor der Neuen Galerie der Stadt Linz, Peter Baum. 1977 verursachte die von der Kunstuniversität auf den Hauptplatz ragende Nachbildung der antiken Siegesgöttin ‚Nike von Samothrake’ durch die Architektengruppe Haus-Rucker-Co Turbulenzen. 1979 wurde erstmals mit Bruckners 8. Symphonie eine Klangwolke über Linz gelegt. 1980 war das Forum Design ein gehöriger Aufreger. 1974 begann auch die regelmäßige Abfolge der Oberösterreichischen Landesausstellungen.

Erfolg der Privatindustrie

Dass die Verstaatlichtenkrise der achtziger Jahre im Land relativ glimpflich ausging, war auf den starken privaten Industriesektor zurückzuführen: auf Engel, Mitterbauer, Rosenbauer, Fronius, Anger, Silhouette, Plasser & Theurer, Pöttinger und viele mehr.

Als Wenzl am 3. Oktober 1977 seinen Rückzug aus der Landespolitik auf eine Führungsposition in der OKA ankündigte, konnte er mit gutem Gewissen sagen: „Ich habe mich nie gescheut, Verantwortung zu tragen.“ Früh genug hatte er auf eine geregelte Nachfolge geachtet und übergab 1977 sein Amt als Landeshauptmann und VP-Parteiobmann an seinen jahrzehntelangen engen Mitarbeiter Josef Ratzenböck.

Der Verstaatlichten Industrie wurde zum „Durchtauchen“ der Atem zu kurz

Das Bundesland Oberösterreich galt in den 1970er-Jahren als die Hochburg der Verstaatlichten Industrie.

Die damalige Verstaatlichten-Doktrin, maroden Betrieben durch Verschmelzung mit einem gesunden Unternehmen wieder auf die Beine zu helfen, führte längerfristig zu schweren Folgeschäden: Das war bei der voest der Fall, auch bei der Vereinigten Aluminiumwerke AG Ranshofen (VMW), der Linzer Schiffswerft und beim indirekt in Staatseigentum stehenden Steyr-Daimler-Puch-Konzern.


Der voest wurden die herabgewirtschaftete Hütte Krems GmbH, die Wiener Brückenbau AG und die Hütte Liezen angehängt. Mit dem Stahlfusionsgesetz vom 15. Februar 1973 wurden die voest AG und die Alpine Montan AG zur voestalpine AG verschmolzen und die Edelstahlwerke Böhler AG und Schoeller-Bleckmann AG als Töchter angegliedert.


Die voestalpine war damit zwar mit mehr als 80.000 Beschäftigten zu einem Großunternehmen geworden, aber gleichzeitig war der Keim zur Krise gelegt. Nur mit Mühe konnte der Versuch abgewehrt werden, die Leitung der voest nach Wien zu verlegen. Die OÖNachrichten starteten damals die erfolgreiche Unterschriften-Aktion „Gegen die Zerreißung der voest“.


Ranshofen erhielt mit dem „Buntmetall-Fusionsgesetz“ die in der USIA-Zeit herabgewirtschaftete Berndorfer Metallwarenfabrik Arthur Krupp AG umgehängt, Steyr das Nibelungenwerk in St. Valentin und die Kromag in Hirtenberg. Die Linzer Schiffswerft musste die Korneuburger Werft übernehmen.


Die Österreichischen Stickstoffwerke, 1973 in Chemie Linz AG umbenannt, versuchten neben der Forcierung des Pharma-Bereichs auch in der Kunststofferzeugung Fuß zu fassen. 1975 begann die Chemie Linz AG in der Industriezone Enns mit der Errichtung einer Produktionsstätte für Acrylnitril, eine Investition, die in den achtziger Jahren mit gewaltigen Verlusten endete.
Die staatliche Politik des „Durchtauchens“ durch den 1973/74 einsetzenden internationalen Konjunktureinbruch zeitigte zwar kurzfristige Erfolge, langfristig war sie aber nicht durchzuhalten, der Atem wurde zu kurz. Krisen taten sich aller Orten auf, im Budget, in der Verstaatlichten Industrie, im Sozialversicherungssystem, in der politischen Moral.


Die Staatsverschuldung explodierte, die Verstaatlichte Industrie, der für die Sicherung der Beschäftigung alle wirtschaftlichen Schranken geöffnet worden waren, geriet ins Trudeln.

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