200 Jahre Gasversorgung

Von Von Roman Sandgruber   28.November 2009

In Oberösterreichs Tiefen schlummert gut ein Viertel des in Österreich förderbaren Erdgases. Auf das Bundesland entfällt etwa ein Drittel der österreichischen Förderung – somit der Jahresbedarf von etwa 200.000 Haushalten. Die Speicher Haidach und Puchkirchen sind die zweitgrößten Erdgasspeicher Mitteleuropas.

Die ersten Versuche, das bei der Verkokung von Steinkohle oder der Verkohlung von Holz anfallende Gas zur Beleuchtung zu nutzen, begannen im späten 18. Jahrhundert. Zum Pionier des Gaslichts in Österreich wurde Johann Joseph Prechtl. 1817 hatte er das von ihm geleitete Wiener Polytechnische Institut, (heute: Technische Universität) probeweise mit einer Gasbeleuchtung ausgestattet.

In Oberösterreich interessierten sich schon 1817 die Salinen des Salzkammergutes für die Gasbeleuchtung. Allerdings wurden die viel versprechenden Konzepte einer Beleuchtung der Salinen mit Holzkohlengas wirtschaftlich nicht umgesetzt. Erst am 18. März 1857 unterzeichnete die Stadt Linz mit der allgemeinen Österreichischen Gasgesellschaft in Triest einen Vertrag zur Errichtung eines Gaswerkes. Straßen und Plätze sollten mit 335 Gaslaternen beleuchtet werden.

In Gaswerke viel investiert

In der Kaplanhofstraße wurde ein Gaswerk geplant, am 17. März 1858 wurde die Beleuchtung feierlich eingeschaltet. Zuerst wurde die Anlage mit Holz betrieben, ab 1865 mit Steinkohle. 1862 wurde auch Urfahr mit 40 Laternen einbezogen. Ab den späten 1860-er Jahren wurden auch in Steyr, Wels, Bad Ischl und Gmunden eigene Gaswerke errichtet. Erst 1904 entschloss sich Enns zum Bau eines Kohlengaswerkes.

Gas war zunächst viel billiger als elektrisches Licht, und schon weit verbreitet, da die Gaswerke und Kommunen viel Geld investiert hatten. Negativen Seiten des Gaslichts waren die Explosions-, Brand- und Vergiftungsgefahr, Ruß- und Wärmeentwicklung sowie das Kopfweh durch entweichendes Kohlenmonoxyd. Zudem verschmutzte das Gas die Umwelt durch Emissionen der Gaswerke und die vielen undichten Stellen im Rohrnetz.

Carl Auer von Welsbach hatte 1886 mit der Erfindung des Gasglühlichts die Beleuchtungstechnik enorm verbessert. Der Glühstrumpf reduzierte den Gasverbrauch um ein Drittel und verbesserte die Lichtabgabe und Helligkeit entscheidend. Aber die Leuchtkörper zerbrachen leicht, und das kaltgrüne Licht veränderte die Gesichtsfarbe unvorteilhaft. Der selbe Auer von Welsbachversetzte allerdings auch mit der von ihm mitentwickelten Metallfadenlampe seiner ersten großen Erfindung, dem Glühstrumpf, den Todesstoß.

Bis in das letzte Viertel des 19. Jahrhunderts wurde Gas fast ausschließlich für Beleuchtung eingesetzt. In Linz war in den zwanziger Jahren die Umstellung der Innenstadt und der wichtigsten Ausfallstraßen auf elektrisches Licht abgeschlossen. 1944 wurde die letzte Gaslaterne abgedreht.

Doch für das Stadtgas eröffnete sich mit den Haushaltsgeräten ein neuer Absatzmarkt: Ob Bügeleisen, Kühlschrank, Herd oder Waschmaschine – nahezu alle Haushaltsgeräte konnten mit Gas betrieben werden und wurden es zuerst auch. Nach 1945 stand der Gaswirtschaft in der Raumheizung und im industriellen Bereich eine große Zukunft bevor. Wirklich bedeutsam wurde dies aber erst, als das Stadtgas durch das umweltfreundlichere Erdgas abgelöst wurde.

Oberösterreich nimmt im europäischen Erdgasnetz eine Schlüsselstellung ein. Das österreichische Leitungsnetz ist rund 30.000 Kilometer lang. Zum Verteilungssystem (Hoch- und Niederdruck) zur Versorgung der Endverbraucher kommen noch die Transitleitungen.

Erdgas in Oberösterreich

Als sich 1891 ein Welser Gärtner einen artesischen Brunnen errichten lassen wollte, stieß man in etwa 350 m Bohrtiefe überraschend auf ein Erdgasvorkommen, das täglich etwa 300 m³ Gas lieferte. Der sensationelle Fund löste einen regelrechten Boom aus. Zahlreiche Welser bohrten nach Gas und schufen sich private Gasquellen. Vor dem 1. Weltkrieg waren in Wels mehr als 100 „Gasbrunnen“ in Betrieb.

Eine zeitgenössische Beschreibung von Wels führt aus: „Der Gasrayon liegt gleich rechts der Bahn, wenn man von Linz herkommt. Der Bahnlinie gegen Salzburg folgend, gelangt man alsbald zu einem Bahnübergang und jenseits dann auf den ,Grünbachplatz’, jedes der Häuser um denselben besitzt seinen Gasometer.“

Nur noch vier Grundbesitzer sind in Wels übrig geblieben, die seit annähernd 100 Jahren eigene Erdgasquellen betreiben. Die Eigentümer, in einem Verein zusammengeschlossen, sind auf strenge Sicherungsmaßnahmen bedacht und verwenden das Erdgas zur Warmwasseraufbereitung, zum Kochen und zum Heizen.

Die anfänglich im Handbetrieb gebohrten Löcher erreichten eine Tiefe von circa 300 Metern, maschinelle Bohrungen reichten bis etwa 500 m. Nach geologischen Gutachten, die in einer Tiefe von 1000 Metern Erdölfelder vermuteten, erfolgte 1902/03 in staatlichem Auftrag eine Bohrung, die jedoch nicht zu den erhofften Funden führte. Als man in den 1920er Jahren in Schallerbach nach Erdgas bohrte, stieß man auf die Thermalquelle.

1951 begann ein „seismisches Messprogramm zur Erforschung des Molassegrundes“, dessen erster großer Erfolg die Tiefbohrung Puchkirchen 1 war, wo man auf ein großes Öl- und Gasfeld stieß. 1963 wurden Gasfelder in Schwanenstadt 3 (1963) und Lindach 2 (1965) angebohrt, es folgten Funde in Offenhausen, Atzbach, Puchkirchen, Hocheck, Munderfing und Pfaffstätt (70er-Jahre), Oberkling (1995) und Hilprigen (2002).

Nachdem das Puchkirchner Vorkommen weitgehend ausgefördert war, begann man die „in ca. 1100 m Tiefe befindliche Lagerstätte ab 1982 in einen unterirdischen Gasspeicher“ umzubauen. Heute verfügen die Speicheranlagen in Puchkirchen (RAG) und Thann (OMV) über ein Volumen von ca. 700 Millionen m³.

Am 8. Februar 1957 wurde die OÖ. Ferngas gegründet mit dem Ziel, eine Erdgasinfrastruktur für die oö. Industrie aufzubauen. Erst 1964 konnte ein Gasbezugsvertrag zwischen der OÖ. Ferngas und der Austria Ferngasgesellschaft über jährlich 40 Millionen Kubikmeter Erdgas aus Niederösterreich zur Versorgung der Stickstoffwerke in Linz abgeschlossen werden.

In den 70er-Jahren wurden Verbundleitungen zwischen den Erdgasfeldern und eine überregionale Infrastruktur geschaffen. Dann begann die OÖ. Ferngas sich auch im Bereich Haushaltsversorgung zu engagieren.

Auch die Stadtbetriebe Linz stellten ab 1970 auf Erdgas um, das eine einheitliche Qualität und einen besseren Heizwert gewährleistete und hohe Investitions- und Betriebskosten ersparte. Nach der Umstellung der Gasgeräte wurde die stadteigene Spaltgasanlage im Jahre 1974 stillgelegt.

Ab Ende der 80er-Jahre begann Erdgas eine zentrale Rolle in der Energieversorgung zu spielen. Infolge umweltbewusster Heizungsumstellungen von Kohle, Koks oder Holz auf Erdgas erlebte die OÖ. Ferngas einen regelrechten Boom. Heute engagiert sich die Firma über ihre Beteiligungen ENSERV, MEA solar und Ferngas Service GmbH auch in den Bereichen Biogas, Solarenergie und Lichtwellenleiter. Für die erste Biogaseinspeisung Österreichs ins Erdgasnetz wurde das Unternehmen 2006 mit dem „Energy Globe Award“ in der Kategorie Luft ausgezeichnet.