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Kampf gegen den Hass im Netz

Von Jasmin Bürger   16.Juni 2017

Eva Glawischnig und Bianca Heinicke alias „Bibi“ haben auf den ersten Blick wenig gemeinsam: Die eine ist gerade aus der Politik ausgestiegen, die andere ein deutscher Youtube-Star. Und doch teilen die beiden etwas: Sowohl die Ex-Politikerin als auch die Ikone der Internet-Generation (4,4 Millionen Menschen abonnieren Bibis Beauty-Kanal) mussten im Netz schon Hasskommentare ertragen.

„Miese Volksvertreterin“ oder „korrupter Trampel“ waren noch die freundlicheren Zuschreibungen für Glawischnig, die bei ihrem Rücktritt auch den Ton in der Politik und solchen Kommentaren täglich ausgesetzt zu sein, als sehr belastend kritisierte. Bibi bekam als Reaktion auf ihr erstes Musikvideo unter anderem „Vergasen, die Schlampe“ zu lesen.

Hasspostings gehören – wie die Verbreitung von Fake News und Verschwörungstheorien – zum digitalen Alltag. Nicht nur Einzelpersonen sind Ziel von Angriffen, hetzerische Kommentare gegen ganze Bevölkerungsgruppen bis zu Mordaufrufen finden sich täglich im Netz. Flüchtlinge etwa geraten immer wieder pauschal ins Visier.

Grüne Klagsserie

Während Bibi die jüngsten Beleidigungen gegen sie als Zeichen der Zeit abtut, sucht die Politik nach Wegen, um im Internet eine gesittete Gesprächskultur zu gewährleisten und die sozialen Netzwerke in die Pflicht zu nehmen.
Die EU-Kommission hat Facebook und Co. 2016 eine Selbstverpflichtung zur raschen Prüfung und Löschung von Hasspostings abgerungen. Nach schleppendem Beginn ist die Löschungsrate zuletzt deutlich gestiegen (siehe Box). Doch damit ist es nicht getan.

Die Grünen haben bisher rund 50 Musterprozesse gegen Hassposter geführt, Glawischnig will die von ihr begonnene Klagsserie auch nach ihrem Rückzug fortsetzen. Zuletzt hat sie ein wegweisendes Urteil erreicht: In einer Klage vor dem Oberlandesgericht Wien gegen Facebook hat das Gericht klargestellt, dass in Österreich auch österreichisches Recht anzuwenden ist – und dass Löschungen weltweit erfolgen müssen.

„Das bedeutet, dass sich Betroffene nun auch zur Wehr setzen können, wenn Facebook Beiträge trotz Aufforderung nicht löscht“, erklärt die Rechtsvertreterin der Grünen in der Causa, Anwältin Maria Windhager.
Trotz gestiegener Löschraten ist noch immer nicht nachvollziehbar, was von den sozialen Plattformen gelöscht wird und was nicht: „Das Problem mit der Selbstverpflichtung ist, dass sie nicht in allen Fällen umgesetzt wird“, sagt Windhager. So war der Fake Account, von dem aus Glawischnig beleidigt wurde, auch Wochen nach dem Urteil noch online.

Was Betroffene tun können

Was können Betroffene also sonst noch tun? Gegen Hassposter gibt es juristische Mittel, wobei der Rechtsweg bisweilen mühsam ist.

Voraussetzung für jede Klage ist die ausreichende Dokumentation: „Wer selbst Opfer von Hasspostings wird oder solche im Netz sieht, sollte sie also zuallererst sichern“, rät Windhager. Je nachdem, ob es sich um Verleumdung, Verhetzung, üble Nachrede oder Beleidigung handelt, ist der Rechtsweg ein jeweils anderer.

Neben Strafen ist die Bewusstseinsbildung wichtig, dass auch im Netz nicht alles erlaubt ist: „Es geht darum, Umgangsformen für das Netz und einen gemeinsamen Grundkonsens zu finden, wie wir miteinander umgehen“, sagt Windhager. Insofern sei die von der Regierung gestartete Initiative gegen Gewalt im Netz zu begrüßen.

Zehn Tipps gegen Hass im Netz hat die für Digitales zuständige Staatssekretärin Muna Duzdar (SP) zusammenstellen lassen. Nachfragen, entlarven sind zwei davon – man könnte es auch gesunden Menschenverstand nennen.

Löschauftrag
Ziel vieler Hasskommentare: Youtuberin Bianca Heinicke alias "Bibi"

Löschauftrag

Facebook, Twitter oder auch Youtube haben sich 2016 gegenüber der EU-Kommission verpflichtet, inkriminierte Postings binnen 24 Stunden zu prüfen und allenfalls zu löschen. Die Löschraten sind zuletzt gestiegen: im Schnitt von 28 auf 59 Prozent, wie die EU-Kommission jüngst in einem Bericht festhielt. In Österreich ist die Rate sogar von 11,4 auf 76,1 Prozent gestiegen. Für EU-Justizkommissarin Vera Jourova zeigt dies, dass ein „selbstregulierender Ansatz“ der richtige Weg sei. Zuletzt hatte es den Ruf nach Strafen gegen soziale Netzwerke, die Postings belassen, gegeben.

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