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Nicht alles ist berechenbar

Von Von Bettina Huber   31.Jänner 2009

Eine vorgezeichnete Karriere war es für den jüngsten von vier Brüdern nicht. Die Familie Egger führte ein Gasthaus mit eigener Fleischhauerei, das 1995 geschlossen wurde. Nach dem frühen Tod ihres Vaters wollte keiner der Söhne den Familienbetrieb übernehmen. Sie bevorzugten die Universität, einer wechselte in die Großgastronomie. Mit Peter, seinem ältesten Bruder, der ebenfalls Volkswirt ist, publiziert Egger heute in Fachzeitschriften.

Seine Blitzkarriere kommentiert Egger trocken: „Ich hatte viel Glück.“ Neben der Selbstdisziplin, die er in seiner achtjährigen Internatszeit im Linzer Petrinum gelernt hatte, waren Professoren für ihn prägend. „Professor Wilhelm Kohler hat uns Studierende an seine eigenen Forschungsarbeiten herangeführt. Das hat mich fasziniert.“ Der Ehrgeiz habe ihn dann in einem „sehr selektiven“ Kurs von Professor Josef Falkinger gepackt. Motiviert von der Anerkennung, schaffte er den Kurs und war überrascht, nun zu den Jahrgangsbesten zu gehören.

Außergewöhnlich ist das nicht

Er folgte seinem späteren Doktorvater Falkinger über Regensburg nach Zürich, wo er sich auch habilitierte. 2008 rief man Egger als Lehrbeauftragten an die Universität Bayreuth, deren wirtschaftliche Fakultät zu den Top 5 in Deutschland zählt. Außergewöhnlich findet er das alles nicht, höchstens den Umstand, dass er zwischen Bayreuth und zwei weiteren Universitäten wählen konnte.

„Bei der Volkswirtschaft geht es mir um den sozialwissenschaftlichen Aspekt“, sagt Egger. „Mich interessiert das Zusammenleben und Zusammenwirken von Menschen.“ In seiner Forschungsagenda beschäftigt er sich unter anderem mit den Auswirkungen der Globalisierung auf die Lohnverteilung und den Arbeitsmarkt in verschiedenen Ländern. Man dürfe kein zu negatives Bild der Globalisierung zeichnen. „Österreich ist in Summe ein Globalisierungsgewinner.“

Typische Verteilungseffekte träfen zwar manche Menschen hart, seien aber genauso eine Folge von Phänomenen wie dem technologischen Fortschritt. Dem Einzelnen rät Egger zu höherer beruflicher Qualifikation oder Flexibilität. Gefordert sei jedoch der Staat, durch geschickte Umverteilung und Chancengleichheit im Bildungssystem das soziale Miteinander zu fördern.

Die Freiheit ist wichtig

Diese Nähe zu aktuellen wirtschaftspolitischen Fragen reizt ihn ebenso wie die internationale Jagd nach den besten Ideen in der „scientific community.“ Wie schätzt man denn da die derzeitige Finanzkrise ein? „Viele Kollegen rechnen mit einer Rezession von zwei Jahren. Wenn fiskalpolitische Maßnahmen schnell greifen, kann sie auch in einem Jahr ausgestanden sein.“

Ein Engagement als Politiker kann sich Egger aber nicht vorstellen. Zu sehr schätzt er die Freiheit seiner Position, sich jenen Dingen zu widmen, die ihn am meisten interessieren.

Diese Begeisterung möchte er auch den Studierenden vermitteln. Basis seiner Auffassung einer guten Lehre sind die gute Vorbereitung des Vortragenden, Fairness und nachvollziehbare Prüfungsnoten. Eine berufliche Rückkehr nach Österreich ist nicht absehbar und hängt im Wesentlichen von der Attraktivität eines Angebots ab.

Privat schätzt der mit Birgit – sie studierte Geografie und Pädagogik – verheiratete Egger österreichische Literatur, fürs Kulturhauptstadtjahr Linz09 hat er sich das Ars Electronica Festival vorgenommen. Auch seinem Fußballverein, der Wiener Austria, ist er treu geblieben.

Bei der EURO 08 wettete er im Spiel der Spiele gegen Deutschland auf ein Weiterkommen Österreichs. Es kam anders. Also ist nicht alles berechenbar? „Wir Volkswirte unterstellen in unseren Modellen immer rationale Individuen. Ich bin froh, dass das in Wirklichkeit nicht so ist und mich meine Mitmenschen überraschen.“

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