Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

Einfach weg mit 1704 Gesetzen?

Von Robert Stammler   02.Februar 2018

Das "Mühlenstrukturverbesserungsgesetz" (MSTVG): Hinter diesem Wortungetüm verbirgt sich ein Regelwerk aus dem Jahr 1981, das den Betrieb von Getreidemühlen und Zuschläge für Vermahlungsmengen reguliert(e). Den wenigsten Bürgern dürfte dieses MSTVG ein Begriff sein, wenngleich das Gesetz Teil des geltenden Bundesrechts ist. "Vor allem aufgrund des EU-Rechts ist dieses Gesetz mittlerweile überholt", heißt es aus dem Justizministerium. Das MSTVG sei ein gutes Beispiel für ein Gesetz, das auf dem Weg der von Minister Josef Moser (VP) geplanten "Rechtsbereinigung" gestrichen werden könnte.

Der Minister will alle Gesetze, deren "Stammfassung" (unabhängig von späteren Novellierungen) vor dem 1. Jänner 2000 kundgemacht wurde, auf den Prüfstand stellen lassen. Alle Ministerien der von VP und FP gebildeten Bundesregierung sollen ihren Rechtsbestand durchforsten und Listen mit Gesetzen erstellen, die beibehalten werden sollen. Diese sollen dann in das "Bundesrechtsbereinigungsgesetz 2018" einfließen. Ein Gesetz, das es nicht in diese Liste schafft, wird in der Folge aufgehoben und gilt dann nicht mehr.

Die Vorteile für Rechtsanwender und Bürger würden klar auf der Hand liegen: Durch die Liste sei klar ersichtlich, welche Gesetze noch gelten. Laut Verfassungsdienst gibt es derzeit 1724 Bundesgesetze. Davon sind 1704 vor dem Jahr 2000 in Kraft getreten. Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) ist aus dem Jahr 1811, das Strafgesetzbuch (StGB) aus 1975.

"ABGB wird nicht vergessen"

Geht es dem altehrwürdigen ABGB nun rechtspolitisch an den Kragen? Ministersprecherin Alexandra Geyer beruhigt: "Bereits 1999 gab es eine Rechtsbereinigung, auch damals stand das ABGB auf der Liste, und es wird auch dieses Mal nicht vergessen." Im Ministerium schätzt man die Zahl der Gesetze, die wegfallen werden, auf etwa 100. Zudem gebe es in diesem Gesetzgebungsprozess ein fünfstufiges Kontrollverfahren, damit kein wichtiges Gesetz "vergessen" wird.

Experten haben aber ihre Bedenken. "Ich halte dieses Anliegen zwar grundsätzlich für gerechtfertigt. Die Rechtsanwaltskammer hat sich auch stets gegen Überregulierung ausgesprochen", sagt der Linzer Rechtsanwalt Josef Weixelbaum. Das Evaluieren bestimmter Gesetze sei sinnvoll. "Aber die zeitliche Zäsur mit dem Stichtag ist völlig willkürlich gewählt." Zur Vorsicht mahnt Helmut Hörtenhuber, Richter am Verfassungsgerichtshof: "Gesetze auf ihre legistische Qualität und in Hinblick auf ihre beabsichtigten Ziele zu evaluieren, ist gut. Aber man sollte das Kind nicht mit der Wanne ausschütten. Bei Stichtagsregelungen muss man aufpassen." Denn es gebe alte Gesetze, die hochwertig seien, aber auch neue Gesetze, "die man nicht braucht".

Beispiel Gewerbeordnung

"Gegen ein erstes Durchforsten der Normenwelt ist nichts einzuwenden. Aber der Weg der Deregulierung ist danach ja nicht zu Ende", sagt Johannes Fischer, Präsident des oberösterreichischen Landesverwaltungsgerichts. Auch notwendige Gesetze müsse man im Detail betrachten. Beispiel Gewerbeordnung: "Die wird man nicht zur Gänze in Diskussion stellen, aber punktuelle Novellierungen sind sicher notwendig."

"Arbeitsfrieden in Gefahr"

Bedenken hat Barbara Trost, die stellvertretende Vorständin des Instituts für Arbeits- und Sozialrecht an der Linzer Uni: "Alle wichtigen Gesetze in diesem Bereich sind lange vor 2000 entstanden. Es besteht die Gefahr des Verlustes von Rechtsvorschriften, die sozialpartnerschaftlich mühsam errungen wurden und die eine hohe legistische Qualität haben." Trost sieht durch mögliche Verschlechterungen für Arbeitnehmer den "Arbeitsfrieden in Gefahr".

copyright  2024
20. April 2024