Bankgeheimnis ist endgültig dahin
WIEN/LINZ. Straf- und Steuerbehörden können seit Mittwoch bei Verdachtsfällen prüfen, welche Konten eine Person in Österreich hat
Bei der Steuerreform vor eineinhalb Jahren wurde es angekündigt, seit diesem Mittwoch ist es aktiv: das zentrale Kontoregister in Österreich. Richter, Staatsanwälte, aber auch die Finanzbehörden dürfen darauf zugreifen. "Damit ist das Bankgeheimnis weg", sagt Franz X. Priester, Steuerexperte und Partner von Deloitte Oberösterreich, im Gespräch mit den OÖNachrichten.
Dieses Kontoregister wird von den Banken laufend gespeist, für den Betrieb dieser Datenbank ist das Bundesrechenzentrum zuständig. Aufgelistet sind alle Konten und Depots, die in Österreich geführt werden, vom Girokonto über Bausparkonten bis zum klassischen Sparbuch, in Summe rund 33 Millionen Konten. Finanzminister Hans Jörg Schelling erhofft sich davon mehr Steuerehrlichkeit und damit Mehreinnahmen von 700 Millionen Euro pro Jahr.
Steuerberater Priester sieht aber gar nicht so sehr die Steuersünder im Visier, das gehe eher in Richtung organisierte Kriminalität und Geldwäsche. Daher schätzt er die Prognose des Finanzministers, damit 700 Millionen Euro zusätzlich zu kassieren, eher als etwas optimistisch ein.
Kein "gläserner Bürger"
Was nach totaler Transparenz aussieht, ist es bei näherem Hinsehen gar nicht. Die Behörden können nur abfragen, welche Konten jemand hat, nicht aber, wie viel Geld auf diesen Konten liegt oder welche Transaktionen vorgenommen wurden. Um an diese Informationen zu kommen, müssen die Behörden so wie bisher ein Ermittlungsverfahren einleiten und einen richterlichen Beschluss zur Kontoöffnung einholen.
Zugriffe werden protokolliert
Worin liegt dann der Vorteil des Kontenregisters für die Ermittlungsbehörden? "Bisher mussten sie bei allen Banken nachfragen, ob die betreffende Person dort ein Konto hat", sagt Priester. Jetzt bekämen sie diese Information auf Knopfdruck. "Das beschleunigt die Sache ungemein", so Priester.
Die Zugriffe auf das Kontoregister werden nicht nur recht restriktiv gehandhabt, sie werden auch genau protokolliert. Der Kontoinhaber bekommt auch Auskunft darüber, wer wann auf seine Daten zugegriffen hat. Jede Einsichtnahme wird elektronisch protokolliert, die Protokolle werden erst nach zehn Jahren gelöscht. Die Bürger werden über eine Einschau verständigt, entweder über das Portal "Finanz Online" oder, wenn dies nicht genutzt wird, über den Steuerberater, heißt es aus dem Finanzministerium. Auch dieses System ist seit Mittwoch aktiv. Rechtsanwälte oder Steuerberater haben übrigens keinen Zugriff auf das Kontoregister.
Auch wenn damit das Bankgeheimnis endgültig dahin ist, so verwundert, dass die Ermittlungsbehörden nicht gleich auch Zugriff auf den Kontostand und die Transaktionen bekommen, die über dieses Konto gelaufen sind. Das würde vor allem bei der organisierten Kriminalität die Arbeit der Ermittler deutlich erleichtern.
Steuerexperte Priester kann sich das auch mittel- bzw. langfristig vorstellen. Hier dürfte aber die Praxis eindeutig in die Richtung einer effizienten Verfolgung Krimineller oder großangelegter Geldwäsche gehen. (hn)
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