Eine Liebe mit Händen und Füßen
Mit Meena (56) und Josef Steiner (60) aus Buchkirchen haben feuriges karibisches Temperament und österreichische Gelassenheit zueinander gefunden.
Müsste die Geschichte ihres Zueinanderfindens ein Filmtitel krönen, geriete "Love Story" zu schlicht. Der Clint-Eastwood-Thriller "Der Mann, der niemals aufgibt" und der Bond-Klassiker "Sag niemals nie" erfassten den amourösen Paarlauf unterschiedlicher Kulturen hingegen punktgenau. Oder, um es mit einem Sprichwort auszudrücken: Gut Ding will Weile haben. Oder: Aller Anfang ist schwer.
1983 wurde Josef Steiner von der Vöest Alpine Industrieanlagenbau für zwei Jahre auf eine Baustelle in den Karibikstaat Trinidad und Tobago geschickt. Eines Tages lugte er in das Büro der einheimischen Sekretärin, die von ihrer Freundin Meena besucht wurde. Während es beim damals 28-jährigen gebürtigen Kärntner umgehend funkte, rührte die 24-jährige Insulanerin das wortlose Starren nicht.
In der Folge stürzte sich der Österreicher in einen Balz-Marathon, den die Umworbene mit Hindernissen pflasterte. Sein Englisch war damals noch äußerst dürftig, weshalb die Unterhaltung mit Händen und Füßen recht ungelenk dahin-stolperte. Bei schwüler Hitze tanzte er in Anzug und Krawatte mit Rosen an, "die in Trinidad so viel kosteten wie eine Flasche Champagner". Sie fragte ihn nur "Gehst du auf eine Hochzeit", nahm den Strauß und schickte ihn weg. "Ich hab’ schon gemerkt, das ist eine langsame Sache", sagt Josef Steiner, den seine Meena mit ihrem unwiderstehlichen Akzent liebevoll Seppi nennt.
Er lud sie zum Essen ein. Sie wählte das teuerste Restaurant. Er freute sich auf einen netten Abend. Sie kam mit ihren beiden verheirateten Schwestern, um den Anstand zu wahren. Was die Rechnung naturgemäß erhöhte. Den ersten Kussversuch wehrte sie mit einem Biss in die Zunge ab, "dass ich geglaubt hab’, das Spitzerl ist weg". Beim nächsten Treffen wünschte sie, er möge seinen Bart abrasieren, "damit ich weiß, wie du ausschaust". Und weil er ihr gesichtshaarlos nicht gefiel, musste er die Stoppeln wieder sprießen lassen.
Und endlich kam die Erleuchtung: "Es hat mir gefallen, dass er bei all den schlimmen Sachen, die ich gemacht habe, nicht aufgegeben hat. Da wusste ich, er liebt mich wirklich, er meint es ernst", erinnert sich Meena Steiner. "Für mich war immer klar, dass ich keine Österreicherin heiraten werde. Eine Frau mit schwarzen Haaren und dunkler Haut musste es sein. Woher das gekommen ist? Ich weiß es nicht", sagt Josef. Noch unter karibischer Sonne wurde begonnen, an der Sprachbarriere zu rütteln. "Das Erste, was er mich auf Deutsch gelehrt hat, war ,Ich liebe dich’. Und dann ,Ich wünsch’ dir eine gute Fahrt nach Hause’, um einen seiner Arbeitskollegen zu verabschieden, den wir zum Flughafen gebracht hatten."
1984 wurde in Trinidad die Hochzeit gefeiert, zu der 300 Gäste kamen. Beim ersten Besuch bei der Kärntner Schwiegermutter mochte sich Meena Steiner nicht wirklich für Österreich erwärmen. "Es war kalt und es lag viel Schnee. Zur Jause sollte ich Speck kosten. Ich habe gekaut und gekaut, und dann ist mir ein Stück im Hals stecken geblieben. Wie kann man so etwas Grausliches essen, hab ich mich gefragt."
Zur Hochzeit unter karibischer Sonne kamen 300 Gäste.
Als die erste Tochter, Christine, unterwegs war, entschied man sich, 1985 nach Österreich zu übersiedeln. Dem Land seiner Geburt so fern zu sein, war in der Vor-Internet-Skype-WhatsApp-Zeit durchaus schmerzhaft. Der Anruf in Trinidad kostete damals 56 Schilling in der Minute, "das war der helle Wahnsinn", sagt Josef Steiner. "Aber", bekräftigt seine Frau, "die Liebe war doch größer als das Heimweh. Und dann war ich, als 22 Monate nach Christine unsere Kathrin auf die Welt kam, mit den Kindern so beschäftigt, dass für Heimweh keine Zeit mehr war."
Ihre multikulturelle Beziehung empfindet Meena Steiner als "spannender, weil beide Seiten die Dinge anders sehen, weil jeder anders aufgewachsen ist". Sie schätzt hierzulande die soziale Sicherheit, vermisst aber die karibische Herzlichkeit und das Lachen. Er genießt den Familiensinn und die lockere Lebensart der "Trinis", während er sich an ihre notorische Unpünktlichkeit erst gewöhnen musste.
Meena und Josef Steiner mit ihren Töchtern Christine (31) und Kathrin (29)
Was sie trotz aller Unterschiede zusammenschweißt? "Die Liebe", sagt Meena. "Und die Kinder, das Interesse für Kochen und gutes Essen und unser großer Freundeskreis mit English Native Speakers", ergänzt Josef. Ihre Zuneigung pflegen sie, indem sie sich Zeit füreinander nehmen und wenigstens einmal in der Woche etwas zusammen machen. "Und wir gehen immer gemeinsam zu Bett", sagt Meena Steiner.
Zwei Welten, ein Herz
Unterwegs: Sein Beruf als Design-Ingenieur führte Josef Steiner auf viele Baustellen im Ausland. 1983 schickte ihn die Vöest-Alpine Industrieanlagenbau nach Trinidad und Tobago, wo er neben einer anderen Lebensart auch seine Liebe zu Meena entdeckte. Seit zwei Jahren werkt er in der Serviceabteilung von Primetals. Meena Steiner betreut Englischprojekte in Kindergärten in Bad Schallerbach, Grieskirchen und Buchkirchen.
Kulturaustausch: Curry-Speisen in allen Variationen, das Reisgericht Pelau, dazu Roti-Fladen, genießt Josef Steiner mehr als heimische Kost, „weil die Trini-Küche würziger und besser ist“. Das Schnitzel hat Meena Steiner zu ihrer österreichischen Lieblingsspeise erkoren. Sie bewegt sich gerne rund um den Attersee und hört Hubert von Goisern, während er am liebsten im karibischen Meer fischt und zu Calypso-Rhythmen tanzt.