„Ich habe mich in dieses Land verliebt“
BAD ZELL. Eine Brieffreundin aus Amstetten weckte in Khalid Geraia (50) aus Ägypten die Neugierde auf Österreich. Bei seinem ersten Besuch vor vielen Jahren „verliebte er sich in dieses Land“. Mittlerweile lebt er hier seit 22 Jahren und ist als Zahnarzt in Bad Zell tätig.
„Die Landschaft mit den hohen Bergen hat mich sofort fasziniert. In Ägypten sind 90 Prozent des Landes Wüste. In Österreich war auf einmal alles so grün“, sagt Khalid Geraia. Er besuchte 1980 zum ersten Mal seine jetzige Heimat. „Ich habe damals schon gewusst, dass ich einmal hierherziehen werde“, sagt der 50-Jährige.
Nach seinem Medizinstudium und dem Wehrdienst in Alexandrien packte er seine Koffer und kam nach Linz. An der Johannes Kepler Universität schrieb sich der gebürtige Ägypter für Deutschkurse ein und begann Soziologie zu studieren. Über die Betreuung ausländischer Studenten lernte er die Bad Zellerin Barbara Gschwandtner (42) kennen. „Ich traf Khalid immer wieder bei Veranstaltungen oder auf Studentenfesten. Ich habe ihn für seine Offenheit bewundert. Er war immer positiv eingestellt und sehr strebsam“, sagt Gschwandtner.
Fortbildungen waren und sind für den gebürtigen Ägypter sehr wichtig. Auf der Medizinuniversität in Wien absolvierte er die Ergänzungsprüfungen, sodass ihm sein Studium anerkannt wurde. Dazu musste er jedoch den gesamten Stoff noch einmal wiederholen und lernen. Während seiner Zeit in Wien lernte der damalige Student auch seine spätere Ehefrau kennen, ebenfalls eine Ägypterin. Für die Arbeit als Turnusarzt zog es ihn wieder zurück nach Oberösterreich, wo er in verschiedenen Krankenhäusern arbeitete.
Als fertig ausgebildeter Arzt entschloss sich Geraia für die Zusatzausbildung als Zahnmediziner in Innsbruck. Im Jahr 2002 konnte er sich endlich in Oberösterreich niederlassen: „Ich habe lange Zeit in Städten gewohnt. Deswegen wollte ich lieber aufs Land und nahm den Kassenvertrag in Bad Zell an.“
In der 2800-Einwohner-Gemeinde im Mühlviertel eröffnete Geraia seine Zahnarztpraxis. Wie der Zufall es will, sind die Eltern von Barbara Gschwandtner in Bad Zell die Nachbarn von Geraia. „Am Anfang ist er schon aufgefallen und die Leute haben geredet, dass im Ort ein ausländischer Zahnarzt ist. Doch ich habe den Eindruck, dass Khalid sehr schnell akzeptiert wurde. Schon während des Studiums hatte er meistens ein Lächeln auf den Lippen. Das wirkt auf die Menschen“, sagt Gschwandtner. Dieses Lächeln erscheint auch, wenn er über Österreich mit den gemütlichen Menschen spricht, oder über Semmelknödel und Gulasch, die er jetzt sehr mag, jedoch „zuerst entdecken musste“.
Seinem Geburtsland Ägypten ist Geraia trotzdem treu geblieben: Zweimal im Jahr besucht er mit seiner Ehefrau und den drei Kindern Familie und Freunde in Alexandrien. Ob er dorthin wieder einmal zurückkehrt? „Ich sage immer, dass ich vielleicht in der Pension nach Ägypten zurückgehe. Doch meine Freunde hier meinen immer nur, dass ich dazu viel zu österreichisch geworden bin“, sagt Geraia.
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