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Verliebte Gehirne

Von Roswitha Fitzinger, 05. April 2014, 00:04 Uhr
Verliebte Gehirne
Das menschliche Gehirn besteht aus schätzungsweise 100 Milliarden Nervenzellen (Neuronen). Bild: colourbox.de

"Was ist Liebe?" war 2012 die häufigste Suchanfrage auf Google. Auch Gehirnforscher Giovanni Frazzetto machte sich auf die Suche. Doch ein Blick in unsere verliebten Gehirne gibt nur begrenzt Auskunft.

Liebe ist in erster Linie Irrsinn." Nicht unbedingt ein Satz, den man von einem Wissenschafter erwarten würde. Und doch: Genau dieser Ansicht ist Giovanni Frazzetto. In seinem kürzlich erschienenen Buch "Der Gefühlscode" widmet er sich der Entschlüsselung von Emotionen, beschäftigt sich mit Freude, Wut, Trauer, Empathie, Angst, Schuld – und der Liebe. Von allen Gefühlsregungen sei sie die vielleicht komplexeste, mehrdeutigste und unvorhersehbarste, aber auch lohnendste, so der gebürtige Sizilianer, der seinen Doktor der Molekularbiologie in Heidelberg gemacht hat.

Und vor allem: Niemand bleibt von ihr verschont, jeder war ihr im Laufe seines Lebens bereits ausgeliefert. Grund genug für Frazzetto und andere Liebesforscher, der Liebe auf den Grund zu gehen. Denn zweifellos, so der Sizilianer, spiegelt diese mächtige Emotion wesentliche und greifbare Veränderungen in unserem Körper wider – auch im Gehirn.

Der erste Blick

Aller Liebesanfang beginnt mit einem Blick, einem optischen Ereignis. Der "Pfeil der Liebe", was immer er auch ist, dringt durch das Auge tief ins Gehirn bis zum Thalamus, wo die visuelle Botschaft verarbeitet wird und zu jenen Gehirnwindungen (gyrus fusiformis) weitergeleitet wird, die für die Gesichterkennung zuständig ist. Tatsächlich bestehen viele Liebes-Studien darin, Liebenden Fotos von ihren geliebten Menschen zu zeigen und die Gehirnaktivität zu messen. Egal ob frischverliebt oder bereits seit Längerem glücklich liiert, die Gehirnscans beider Gruppen zeigen auffallend ähnliche Muster. Die Bereiche mit der größten Aktivität waren das Ventrale Tegmentum im Mittelhirn und ein paariges Kerngebiet im Endhirn ( nucleus caudatus, nucleus accumbens – siehe Grafik).

Diese Bereiche bilden das Belohnungszentrum des Gehirns und kann lohnende Erfahrungen (Essen, Sex...) besonders gut entdecken und speichern. Außerdem ist es verantwortlich dafür, dass wir wesentliche Verhaltensweisen als befriedigend empfinden und daher wenn möglich wiederholen werden. Dieser Bereich sendet auch den Botenstoff Dopamin in andere Hirnregionen und löst dadurch das Gefühl der Verliebtheit mit all seinen Symptomen aus (siehe Seite 6). Gleichzeitig zeigt sich in jenen Teilen des Gehirns eine deutliche Deaktivierung, die an der Verarbeitung negativer Gefühle, der Bildung von Urteilen über andere sowie an der Selbstwahrnehmung beteiligt sind, der Amygdala. Genau diese deutliche Deaktivierung ist auch der Grund, warum wir uns in der Anfangsphase der Liebe völlig unvoreingenommen gegenüber unserem Partner äußern, kaum unerwünschte Eigenschaften entdecken oder wenn doch, ihnen keine ernsthafte Bedeutung beimessen.

Doch warum verlieben wir uns in eine Person und in eine andere nicht? Die Erklärung liefert zunächst die Psychologie. Laut Studien spielen bei der Entscheidung, in wen wir uns verlieben, Erfahrungen und Beziehungen eine Rolle, die wir in frühkindlicher Phase machen. Sind etwa die Eltern distanziert, mit sich selbst beschäftigt und nachlässig, wird das Kind diese Eigenschaften als akzeptabel und lohnend erachten und sich höchstwahrscheinlich später nach diesen Eigenschaften einen Partner suchen. Wachsen Kinder hingegen in einem liebevollen, von Zärtlichkeit und Verlässlichkeit geprägten Elternhaus auf, werden sie später sehr wahrscheinlich selber diese Eigenschaften entwickeln und an anderen schätzen.

Vier Liebestypen

Der Erziehungsstil der Eltern sei jedoch lediglich ein erster Impuls, so Frazzetto. Über die Jahre könnten wir viele Veränderungen durchlaufen, unterschiedliche Erfahrungen machen, die ihrerseits die Art beeinflussen, wie und zu wem wir eine Beziehung aufbauen. "Das Gehirn ist plastisch. Die neuralen Verschaltungen und die zugrundeliegenden Gene können aktiv verändert werden. Was immer uns in der Kindheit widerfahren ist, für Veränderung bleibt stets Raum." Wenngleich es auch einfacher sei, sich in einem Muster zu verstricken, als ihm zu entkommen.

Laut der renommierten US-Forscherin Helen Fisher spielt bei der Entscheidung, in wen wir uns verlieben, auch die Hirnchemie eine Rolle. So habe man festgestellt, dass die Hormone Testosteron und Östrogen sowie die Botenstoffe Dopamin und Serotonin die Persönlichkeit beeinflussen, und daraus vier Persönlichkeitstypen abgeleitet:

Den so genannten testosterongesteuerten Direktoren werden Eigenschaften wie Entschlossenheit, Dominanz, Direktheit und Selbstvertrauen zugewiesen.

Östrogen- und oxytocingelenkte Vermittler sind intuitiv, expressiv, gefällig und einfühlsam.

Durch Dopamin beflügelte Entdecker handeln spontan, suchen ständig neue Erfahrungen und finden unvorhersehbare Situationen anregend.

Und schließlich serotoningelenkte Baumeister oder Gestalter, die als vorsichtig, bodenständig und ordentlich beschrieben werden und ein solides Pflichtbewusstsein besitzen.

Mit dieser Einteilung hat die Amerikanerin auch beim Aufbau eines amerikanischen Partnervermittlungssystems mitgewirkt, das Paare aufgrund dieser Typisierung zusammenbringt. So etwa können laut Fisher Entdecker und Baumeister gut mit ihresgleichen, auch Vermittler und Direktoren passen gut zusammen, wohingegen der abenteuerlustige Entdecker und der bodenständige Baumeister sich eher nicht vertragen.

"Natürlich existieren viele Mischtypen, und auch Kindheit und Erziehung spielen eine Rolle. Aber es gibt biologische Muster der menschlichen Persönlichkeit. Und es lohnt sich, diese zu kennen", sagt Fisher.

Zum Nachlesen

Der Gefühlscode – Die Entschlüsselung unserer Emotionen: Giovanni Frazzetto, 384 Seiten, Hanser Verlag, 21,90 Euro.

 

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