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Die Kommunikation des Rechts

Von Von Peter Filzmaier*   09.August 2010

Das Top-Thema der Vorwoche waren unzählige Wendungen der tatsächlichen oder angeblichen Millionentransfers rund um eine Kärntner Bank, bei der Privatisierung eines Wohnbauunternehmens sowie im Zusammenhang mit dem Gründer mehrerer Parteien bzw. deren Mitstreitern. Dahinter steht unabhängig von den Anlassfällen ein fragwürdiges Phänomen der Mediendemokratie:

Die öffentlichen Debatten als Begleitmusik fast jeden juristischen Vorgangs vom Schwerverbrechen bis zur Steuerhinterziehung zeigen den zentralen Stellenwert einer „litigation communication“. Der englische Begriff meint systematische PR-Arbeiten während laufender Rechtsstreitigkeiten, um die Medienberichte über staatsanwaltschaftliche und gerichtliche Verfahren zu beeinflussen.

Sind in Prozessen allgemein bekannte Personen oder prominente Firmen beteiligt, so beauftragen diese ihre Rechtsanwälte auch damit, lange vor dem Urteil auf dem Gerichtshof der öffentlichen Meinung in den Medien zu gewinnen. Das geschieht zu Recht, um Vorverurteilungen mit entsprechendem Image- und Geschäftsschaden zu verhindern. Schließlich wird zur persona non grata, wer als möglicher Mörder oder Räuber mit Unschuldsvermutung in der Zeitung steht.

Ein späterer Sieg im Gerichtssaal hilft wenig, wenn die Reputation Schaden genommen hat. Zugleich ist es ein bloßer Idealtypus, dass Richter und Geschworene frei vom Druck der Öffentlichkeit entscheiden. In Deutschland etwa wäre ein Übermensch, wer ohne medial geprägtes Vorurteil über den aktuellen Vergewaltigungsvorwurf gegen den Superstar der Wettermoderatoren urteilt. Also ging dessen Anwalt in die Medienoffensive. In weniger dramatischen Fällen der Wirtschaftskriminalität kann eine gute Medienstrategie sogar mithelfen, Prozesse zu gewinnen.

Es wäre naiv anzunehmen, dass allein unsere Justiz von Medienlogiken verschont bleibt. Das Recht soll auch nichts sein, das ohne Transparenz hinter verschlossenen Türen gesprochen wird. Ist jedoch davon auszugehen, dass jedes Dokument aus einem behördlichen Ermittlungsverfahren sich lange vor Prozessbeginn in einer Zeitschrift findet? Besagte Behörden lernen gerade Paul Watzlawicks Grundsatz „Es ist unmöglich, nicht zu kommunizieren!“

Laienhafte Staatsanwälte im Wettbewerb mit kommunikativ skrupellosen Politikern oder hochbezahlten Kommunikationsprofis sind trotzdem nicht der Weisheit letzter Schluss. Das Dilemma freilich ist, dass der Prozess einer hoffnungslosen Verflechtung von Rechtsfindung und Medienkommunikation unumkehrbar ist.

PS: Sachliche Analysen zum anfangs erwähnten Fall Haider, Meischberger & Co sind unmöglich, wenn es wechselweise zum Vorwurf kommt, dass im Stil der Nazipropaganda und somit vergleichbar mit Aufbereitung des Massenmordes an sechs Millionen Menschen agiert wird. Das disqualifiziert alle Beteiligten mindestens als sprachlich Minderbemittelte ohne demokratiepolitischen Grundkonsens, egal wer vom Inhalt her Recht hat.

* Der Politologe Peter Filzmaier analysiert in den Oberösterreichischen Nachrichten regelmäßig das politische Geschehen.

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26. April 2024