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Stein-Schläge der echten Befreiung

Von Reinhold Gruber, 16. April 2011, 00:04 Uhr
Stein-Schläge der echten Befreiung
Christian Koller und der Stein: Eine Beziehung, die schon vier Jahrzehnte bestens funktioniert. Bild: privat

Um entdecken zu können, muss man sich aufs Entdecken einlassen, darf sich selbst keine Mauern im Kopf bauen. Christian Koller ist schon lange ein Entdecker. Wenn er einen Steinblock mit Hammer und Meißel aufbricht, dann beginnt für den Bildhauer eine Reise ins Unbekannte, das entdeckt, freigelegt werden will.

An Steinen geht Koller nicht einfach vorbei. Gut, die Steine, die sein Interesse hervorrufen, sind groß. Sehr groß. Nicht so schnell käme man auf die Idee, einen solchen Block mit nach Hause zu nehmen. Allein schon das Gewicht ist ein erdrückendes Argument, den Stein liegen zu lassen.

Bei Koller ist das alles ein wenig anders. Er ist fasziniert vom Stein, von seiner Geschichte und von der Möglichkeit, in seinem Inneren etwas zu finden, das ansonsten verborgen bleiben würde.

Der in Pöndorf lebende und arbeitende Künstler ist in den vergangenen 40 Jahren schon vor sehr vielen Steinblöcken gestanden. Und er hatte immer ein besonderes Gefühl beim ersten Hammerschlag auf den Meißel. Ein Gefühl, das Koller mit der Erstbesteigung eines hohen Berges vergleicht. „Trotz genauester Vorbereitung muss der Expeditionsleiter auf dem Weg zum Gipfel sich schon nach wenigen Stunden oder gar Tagen gänzlich auf die intuitive Richtigkeit seines nächsten Schrittes verlassen können. Niemand vor ihm und er selbst natürlich auch nicht, hat ja die Route vorher schon aus der Nähe zu Gesicht bekommen. So ein Weg kann und wird voller Überraschungen sein.“

Beim Bildhauer sei das genauso. „Den Weg ins Innere des Steinblocks beschreitet der Bildhauer natürlich zum ersten Mal. Und dann muss er mit konsequenter und umsichtiger Entscheidungskraft Schritt auf Schritt setzen. So findet er einen gut nachvollziehbaren Weg, der ihn ans Ziel führt. Er entscheidet allein, es gibt keine Ausreden.“

Auf diesem Weg gibt es Abzweigungen, kann die Entdeckung einer besonderen Linienführung oder Farbe zum völligen Umdenken einer Idee führen. Wobei Koller ohnedies beim Bildhauern nicht das fixe Bild einer Skulptur im Kopf hat, weil Unumstößliches die Entdeckungsreise verhindern würde. So wie auch die Reise ins eigene Innere dadurch nicht möglich wäre.

Für Koller hat das Bearbeiten des Steins durchaus therapeutische Wirkung. „Mit den Handwerkszeugen übergeben wir dem Stein Schlag auf Schlag innere Spannungen, Sorgen, Ängste, Unsicherheit.“ Wer gibt, darf auch nehmen. In diesem Fall ist es die Möglichkeit, Ballast abzuwerfen. Das Gefühl, gelöst zu sein, führt nach Ansicht des Bildhauers zu einer neuen Zuversicht, die sich darin zeigt, dass man zur Ruhe kommt. Daraus entwickle sich „ein fundiertes Selbstvertrauen, ein bisher ungewohntes Gefühl der Freiheit und ein übervolles Maß an Lebensfreude“.

Jeder Schlag wird auf diese Weise zu einem kleinen Befreiungsschlag, sagt Koller. „Wenn man so will, ist der Therapeut der Stein.“ Nachsatz: „In den vergangenen 40 Jahren haben mich die Steine mehr geformt als ich sie.“

Man entdeckt also durch diese Form der künstlerischen Auseinandersetzung, an deren Ende eine Skulptur das Licht der Welt erblickt, die ansonst im Dunkel des Blocks versteckt geblieben wäre, auch sehr viel an sich selbst.

„Die Zeit verschwindet“

Koller gehen beim Bildhauern immer viele Gedanken durch den Kopf. Seine jahrelange Tätigkeit hat ihn nicht abgestumpft. Im Gegenteil. Er erliegt immer wieder der Faszination einer Gefühlswelt, die Entdeckungen und Erfahrungen für ihn parat hält.

Das Weniger, das so viel Mehr sein kann, hat auch er kennen gelernt. „Angesichts eines riesigen Steinblocks verschwindet die Zeit. Ein Stein ist, reduziert auf das Einfachste, das alltägliche Weltkulturerbe.“ So hat Koller zum Beispiel einen Sandstein aus der Toskana und damit ein Stück Italien bei sich zu Hause. Was ihn dabei noch mehr bewegt, ist der Umstand, was dieser Sandstein schon alles „erlebt“ hat. „Welche Menschen sind in den vergangenen zwei, drei Jahrtausenden über ihn gegangen? Es wäre eine faszinierende Vorstellung, diese Geschichten hören zu können.“ Aber selbst wenn Koller seiner Homepage den vielsagenden Namen www.steinefluesterer.com gegeben hat – geflüstert hat ihm noch kein Stein etwas. Aber er hat dem Stein so manches vielleicht zugeflüstert, das ihn erleichtert, sein Denken erweitert hat.

Weil er diese Form von Entdeckungsreisen auch anderen Menschen zugänglich machen will, weiht Koller seit vielen Jahren in die Faszination des Bildhauerns ein, bei dem man sehr viel über sich selbst lernen kann. Von Kindern bis Führungskräften hat er schon Anschauungsunterricht gegeben, wobei die eigene Entfaltung wichtig ist. Von Eltern-Kind-Kursen bis Partner-Bildhauern gibt es ein breites Feld, bei dem das Geben und Nehmen gelernt werden kann. Geduldig beobachtet vom Stein, der darauf wartet, entdeckt zu werden. Schlag für Schlag bietet die Chance einer Entdeckung.

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