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„Ernährung ist weit mehr als Abnehmen und Cholesterin“

Von Martin Dunst, 09. April 2011, 00:04 Uhr
Von wegen gute Wurstsemmel!
Sasha Walleczek weiß, wie man sich richtig ernährt. Bild: gernot eder

Sasha Walleszek half im Privatfernsehen mehr als hundert schwergewichtigen Kandidaten beim Umstellen ihrer Essgewohnheiten. Im OÖN-Gespräch gibt sie Einblick in ihr neues Leben auf dem Land, räumt mit Irrmeinungen auf und reduziert die komplexe Nahrungsmittelwelt auf ihre wesentlichen Bestandteile.

OÖN: Frau Walleczek, Sie scheinen selbst auch reduziert zu haben, vor allem Ihre öffentlichen Auftritte?

Walleczek: Ja und nein. Ich mache kein Fernsehen mehr, bin daher vielleicht nicht mehr so präsent, habe aber eher mehr öffentliche Auftritte in Form von Kursen und Vorträgen als früher. Ich bin vor einem Jahr aufs Land gezogen, laufe in Gummistiefeln und alten Jeans herum und habe auch mein Büro in Wien aufgegeben. Zuhause habe ich einen Garten, einen Hund und ein Pferd und fühle mich sehr wohl.

OÖN: Reduktion ist auch in der Ernährung ein großes Thema, seit wann beschäftigen Sie sich mit Ess- und Trinkgewohnheiten?

Walleczek: Mich interessieren diese Fragen rund um Ernährung und bewussten Umgang mit Lebensmitteln seit meiner Teenagerzeit. Da war ich unsicher, wie so viele, habe mich mit den Facetten des Abnehmens und der richtigen Ernährung auseinandergesetzt. Mich hat immer die Frage interessiert: Was müsste ein Mensch essen, um optimal gesund zu sein? Ich habe angenommen, dass dazu Menschen tausende Jahre lang reiches Wissen angesammelt haben. Ein Irrglaube.

OÖN: Aber richtige Ernährung kann doch nicht erst seit zehn Jahren ein zentrales Thema sein.

Walleczek: Nein, aber die Frage, wie würde eine optimale Ernährung aussehen, stellt man sich erst seit ungefähr 20 Jahren. Klar, gab es zuvor etwa Kräuterhexen, die wussten: Nahrung soll Medizin sein. Aber für die breite Masse zählte vor allem das Sattwerden. Das hat sich verändert. Jetzt verhungern wir vor vollen Töpfen. Unsere Nahrungsaufnahme und unser Leben haben sich in den vergangenen Jahrzehnten drastisch verändert, so drastisch wie in den vergangenen 10.000 Jahren zuvor nicht.

OÖN: Heute wissen wir aber, dass Essen und Trinken mehr ist als den knurrenden Magen zum Schweigen zu bringen.

Walleczek: Das trifft zu. Aber bei dem Wort Ernährung denken die meisten Österreicher leider nur ans Abnehmen und vielleicht noch an Cholesterin. Dabei geht es um viel mehr. Unser Wohlbefinden, unsere Stimmung, unsere geistige Kapazität, unsere Gesundheit all das hängt mit unserer Ernährung zusammen. Außerdem kommt noch hinzu, wie wir mit Leben und unserem Planeten umgehen.

OÖN: Was bedeutet das konkret?

Walleczek: Es ist doch pervers, dass wir Mastrinder mit Getreide vollstopfen, obwohl Kühe keine Getreidefresser sind. Damit verändert sich die Qualität des Fleisches und der Fette, obendrein wird der Regenwald in Brasilien abgeholzt, um Futtermais anzubauen, abgesehen davon haben anderswo Milliarden Menschen Hunger. Das Thema Essen insgesamt ist komplexer geworden, viele Menschen spüren zudem am eigenen Leib, dass es so, wie sie es machen, nicht funktioniert.

OÖN: Was funktioniert nicht?

Walleczek: Viele Menschen fühlen sich dauernd müde, ernähren sich vorwiegend von Kaffee, Weißmehl und Zucker. Obendrein fehlt vielen Menschen jeglicher Bezug zu Nahrungsmitteln und woher sie kommen. In einer Studie wurden Teilnehmer aus Deutschland gebeten, die Pflanze aufzuzeichnen, aus der Sauerkraut gemacht wird - viele zeichnen da irgendwelche Grashalme statt Kohlköpfe. Mir ist klar, dass diese Dinge nicht so einfach zu lösen sind, nicht jeder im urbanen Raum einen Gemüsegarten anlegen kann. Aber das Nachdenken über den Ursprung der Dinge ist für eine bewusstere Ernährung zwingend.

OÖN: Wie genau muss man denn Bescheid wissen?

Walleczek: Ich werde ständig gefragt, welcher Nährstoff in welchem Lebensmittel enthalten ist. Aber wenn ich Ihnen sage, dass in Erdbeeren viel Mangan ist, was fangen Sie dann mit dieser Information an? Ja, Mangan ist lebensnotwendig und sie sollten ausreichend davon bekommen, aber müssen wir jetzt alle Mini-Ernährungsberater werden? Wichtiger wäre unterscheiden zu können, zwischen heimischen Bioerdbeeren und Früchten aus dem Ausland. Wir brauchen keine Mini-Ernährungswissenschafter, da wären mir lauter Mini-Biobauern schon lieber. Denn die Basis guter Nahrungsmittel ist eine gute Qualität – die muss man erst einmal erkennen können, daran hapert es bei vielen.

OÖN: Wie sieht es denn mit der Qualität in Österreichs Einkaufs-tempeln aus?

Walleczek: Die Qualität stimmt. Natürlich sind regionale Produkte von einem Produzenten, den ich persönlich kenne, noch einmal etwas völlig anderes. Aber es gibt in jedem Supermarkt Bioprodukte, das ist in den meisten anderen Ländern nicht so. Da haben wir als Österreicher Glück. Es wäre wichtig, dass wir kritische Konsumenten werden und uns mindere Qualität einfach nicht mehr andrehen lassen. Dass wir hinterfragen, wo etwas hergekommen und wie es produziert worden ist. Ja, in der Nahrungsmittel-Industrie liegt vieles im Argen, aber man kann nicht alles immer nur auf die Industrie abwälzen, es liegt schon viel an mündigen Konsumenten.

OÖN: Was erwartet einen denn, wenn man mit Ihnen einkaufen geht?

Walleczek: Im Supermarkt betrete ich achtzig Prozent der Gänge überhaupt nicht. Ich kaufe keine scharfen Putzmittel und gehe zu 99 Prozent an der Fleisch- und Wursttheke vorbei. Ich kaufe vor allem frische Zutaten und nie Fertigprodukte.

OÖN: Dennoch denken viele Menschen beim Schlagwort reduzieren zuerst einmal an den Preis.

Walleczek: Bei meinen Vorträgen frage ich genau deshalb gerne nach, wer ein Auto mit Benzinmotor fährt. Rund ein Drittel der Anwesenden hebt daraufhin die Hand. Nächste Frage: Und wie oft tanken Sie Diesel, nur weil der ein paar Cent günstiger ist? Das würde nämlich kein Mensch tun, wir würden die Konsequenzen sofort merken: der Motor geht kaputt. Aber unserem Körper geben wir ständig minderwertige Produkte, nur weil diese billiger sind. Ich sage immer: hören Sie auf Diesel zu tanken. Sie sind ein Benziner! Beim Auto merken Sie es halt gleich, dass der Motor eingeht, bei ihrem Körper erst in 30 Jahren.

OÖN: Viele Leute, die zum falschen Kraftstoff gegriffen haben, wollen das ändern, künftig „Super-Plus“ tanken und landen nach einiger Zeit dennoch wieder an der Dieselzapfsäule. Wo liegt da der Hund begraben?

Walleczek: Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Das bringt Vor- und Nachteile. Es ist mühsam, Gewohnheiten zu ändern oder vielleicht ganz ab- und umzustellen. Menschen essen das gerne, was sie oft essen, nicht umgekehrt – was überraschend ist. Wir lernen viele Dinge um sie zu vergessen. Also wenn ich lerne, Auto zu fahren, muss ich am Anfang aktiv nachdenken, wo die Bremse und wo das Gaspedal ist, irgendwann automatisiert sich das. Das kann man sich auch bei der Ernährung zu Nutze machen: am Anfang ist es ein bisschen mühsam, all die neuen Geschmäcker und Gewohnheiten zu lernen. Aber danach geht der Einkauf genauso automatisch wie vorher und wir essen die Dinge auch wirklich gerne. Leider machen viele Leute lieber eine Diät, üben zwei Wochen lang Verzicht und leben danach weiter wie zuvor.

OÖN: Woraus besteht das Destillat der Walleczek-Methode?

Walleczek: Seien Sie nie stolz darauf, wie wenig Sie essen, sondern nur, wie gut Sie essen. Kaufen Sie die beste Qualität, denn die muss nicht teuer sein, und essen Sie möglichst naturbelassene, unverfälschte Nahrungsmittel. Lassen Sie keine Mahlzeiten aus. Essen Sie Hauptmahlzeiten nach der Faustformel, also eine Handtellergröße Eiweiß, eine Faustgröße Beilagen und mindestens zwei Faustgrößen Gemüse.

OÖN: Stichwort Mahlzeiten auslassen: Momentan sind „Nicht-Essen-Tage“ als Abnehm-Methode beliebt, die ein Kabarettist in seinem Buch beschreibt.

Walleczek: Das ist schon eine österreichische Spezialität, dass jeder zum Thema Essen und Abnehmen alles sagen darf, leider! Wenn man sich verschiedene Kulturen anschaut, dann kann man sehen, dass Menschen von fast allem leben können: Von Pflanzen über Milchprodukte bis hin zu verfaulten Fischeiern. Der Mensch ist extrem anpassungsfähig. Aber alle essen jeden Tag. Rein körperlich betrachtet haben wir keinen Eiweißspeicher und müssen Eiweiß jeden Tag essen, sonst bauen wir Muskeln ab. Die Argumente gegen diesen Ansatz ließen sich unendlich fortsetzen.

OÖN: Statt Nicht-Essen gibt es bei Ihnen die 80:20-Regel. Was steckt hinter diesem Verhältnis?

Walleczek: Ausnahmen sind erlaubt, das Packerl Chips oder die Tafel Schokolade gehören dazu. Essen hat ja auch eine ausgeprägte kulturelle Komponente. Kein Feiertag ohne Festessen. Die Bratwürstel zu Weihnachten oder der Schweinsbraten am Sonntag sind in Ordnung. Das Problem sind nicht die Feiertage, sondern dass wir inzwischen alle leben, als wäre jeden Tag Sonntag.

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3  Kommentare
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( Kommentare)
am 10.04.2011 00:44

ist nirgendwo brauchbar?!

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am 10.04.2011 00:32

Aber sich lustig machen über Leute, die Grashalme zeichnen.

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am 09.04.2011 12:42

viell. konnten die leute eben nicht besser zeichnen.
sollte z.b. ich eine katze zeichnen müssen, würde jmd anderer ev. einen ochsen erkennen.
fazit: oft ists mehr schein als sein...

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