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Die Tradition des Fastentuchs - und warum wir am Hungertuch nagen sollten

Von Klaus Huber   07.März 2019

Die Idee geht auf den altjüdischen Tempelvorhang zurück, der "den Anblick des unverhüllten Gottes verhindern" sollte. Im Augenblick des Kreuzestodes Jesu riss dieser Tempelvorhang von oben bis unten entzwei, berichten die Evangelisten; jetzt konnten alle Menschen sehen, dass Jesus Gottes Sohn war. Im Gedenken daran begannen Christen etwa um das Jahr 1000, Kruzifixe während der Fastenzeit mit einem Tuch zu verhüllen. Ein Teil des kirchlichen Brauchtums war geboren. So entstanden der Begriff "Hungertuch", der sogar einem nordböhmischen Dorf seinen Namen gab (Hungertuch, tschechisch Hladov), und die Phrase "am Hungertuch nagen", ursprünglich für (bewusst) fasten, nicht (aus Armut) hungern.

Anfangs wurde das Kruzifix, dem Sinn der Fastenzeit entsprechend, von einem schlichten, einfärbigen Leinentuch verhüllt. Daraus entwickelte sich jedoch ein prächtiges Objekt christlicher Kunst, mit gestickten Ornamenten auf Seide, was Martin Luther als "Gaukelwerk" ablehnte.

Österreichs größtes Fastentuch im Kärntner Dom zu Gurk, 1458 von Meister Konrad von Friesach geschaffen, ist 80 Quadratmeter groß und zeigt 108 biblische Darstellungen, in Tempera auf Leinen gemalt.

Das Kunstwerk setzt sich aus zwei vertikal getrennten Hälften zusammen. Die rechte, mit Szenen aus dem Neuen Testament, wird gerade im Bundesdenkmalamt restauriert, die dem Alten Testament gewidmete linke ist auch jetzt zu sehen.

Fastentücher werden also seit 1000 Jahren hergestellt, das 40-tägige Fasten vor Ostern hatten Christen bereits im 4. Jahrhundert eingeführt. Darüber hinaus sollten unsere Vorfahren an jedem Mittwoch fasten, dem Tag, an dem Jesus verraten wurde, und an jedem Freitag, dem Kreuzigungstag. Historisches Intervallfasten, doch kein Abspeckprogramm wie heutzutage, sondern gesund, ganz im Sinne des Hippokrates von Kos: "Heile ein kleines Weh eher durch Fasten als durch Arznei." Ein 2400 Jahre alter Rat.

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29. März 2024