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Bilder für die Ewigkeit: Die digitalisierten Landschaften

07. August 2010, 00:04 Uhr
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Bildergalerie Bilder für die Ewigkeit
Bild: Kaspar Obermayr

Ein Teil der Bilder von Kaspar Obermayr, der 1954 im Alter von 77 Jahren starb, wurde 1986 von seiner Tochter an das Landesmuseum Oberösterreich verkauft, wo sie zwar im Laufe der Jahre grob gesichtet und nach Sachgebieten sortiert, aber auch fast vergessen wurden.

Ein Teil der Bilder von Kaspar Obermayr, der 1954 im Alter von 77 Jahren starb, wurde 1986 von seiner Tochter an das Landesmuseum Oberösterreich verkauft, wo sie zwar im Laufe der Jahre grob gesichtet und nach Sachgebieten sortiert, aber auch fast vergessen wurden. Erst als Fellners Tochter Flora ihre Diplomarbeit dem Landschafts- und Porträtfotografen widmete, wurden die Negative, die damals auf Glasplatten fixiert worden waren, vor einem Jahr wieder hervorgekramt.

Die Studentin machte sich an die wissenschaftliche Aufarbeitung der Bilder, scannte diese ein, digitalisierte und dokumentierte sie. „Das war sehr aufwändig“, sagt die Freistädterin. „Denn in den Schachteln, in denen die Glasplatten gelagert wurden, gab es weder Indexe noch Findbücher.“

Also suchte die junge Frau mit Hilfe ihres Vaters monatelang nach Anhaltspunkten zu jedem der rund 5000 Bilder. „Bei Stadtansichten und Ortsbildern war es einfach herauszufinden, was zu sehen ist, sie zu datieren war dann schon schwieriger. Da haben viele Details, die zu sehen waren, geholfen: welche Häuser waren bereits renoviert – welche noch nicht; wie waren die Menschen angezogen; welche Autos waren zu sehen und ab wann gab es diese. Auf diese Weise habe ich mich Stück für Stück an das genaue Datum der Aufnahmen herangearbeitet.“

Aufwändiger waren Datierung und Lokalisierung bei Hochzeitsgruppenbildern und Porträts. Vater und Tochter haben die Fotos an Heimathäuser, Museen, alte Lehrer und ehemalige Priester geschickt und nachgefragt, wer Gebäude oder Menschen kenne. „Einige haben geantwortet“, sagt Flora Fellner.

Die Festlegung auf das genaue Datum war jedoch nach mehr als 60 Jahren bei weitem nicht mehr bei allen Bildern möglich. Doch digitalisiert und nummeriert hat sie in knapp acht Monaten alle Glasplatten. Zusätzlich erstellte sie von allen Negativen Zustandsprotokolle.

Verläuft alles nach Plan, wird es im Schlossmuseum Linz bald ein digitales Fotoarchiv von den Bildern Kaspar Obermayrs geben, in dem jeder Bilder aus längst vergangenen Tagen einsehen kann.

Die Böhmerwaldfotografen

Knappe 60 Kilometer weiter nördlich, in Krumau, steht den Museumsverantwortlichen des Fotoateliers Seidel die Digitalisierung noch bevor – in einem wesentlich gewaltigeren Ausmaß. Etwas mehr als 126.000 solcher Glasplatten haben die berühmten Böhmerwaldfotografen Josef und Franz Seidel hinterlassen.

Bis September soll die Ausschreibung für die Digitalisierung fertig sein. Im April 2012 muss das Projekt, eine digitale Fotodatenbank, für das rund 500.000 Euro veranschlagt sind, abgeschlossen sein. Zwar haben Vater und Sohn ihre Findbücher – insgesamt rund 5000 Seiten – penibel geführt, dennoch fehlen bei einigen Bildern genaue Beschreibungen. Diese erhoffen die Museumsverantwortlichen von der Öffentlichkeit zu bekommen.

Freilich ein äußerst optimistisches Ansinnen. Immerhin trug Seidel senior das erste Bild am 1. Jänner 1884 in seiner Buchhaltung ein. Den letzten Eintrag machte sein Sohn am 13. August 1953.

Nach 1953 durfte Seidel als Sudetendeutscher im kommunistischen Regime das vom verstorbenen Vater übernommene Fotostudio nicht mehr weiterführen. Dass er nach dem Erlass der Benes-Dekrete seine Heimat nicht verlassen musste, lag daran, dass er, im Gegensatz zu seinen Brüdern, in der tschechoslowakischen Armee gedient hatte. Außerdem war er als Systemkritiker während des Zweiten Weltkriegs in Gefangenschaft in Linz. Die Geschäfte führte inzwischen sein Cousin Hans Seidel weiter, der später in Linz die Lichtbildstelle des Landes Oberösterreich aufgebaut hat.

Beinahe sieben Jahrzehnte haben die Seidels ihre Heimat dokumentiert und ein Archiv von unschätzbarem Wert hinterlassen. Nachdem Franz Seidel 1997 und seine Frau Maria 2002 gestorben waren, stand die Jugendstilvilla in der Linzerstraße in Krumau leer, das Archiv begann vor sich hinzudämmern.

Aufwändige Restaurierung

Erst 2005 erwarb die Stadt das Haus, in dessen Dachboden seit 50 Jahren Schachteln mit den Fotoglasplatten lagerten, und hauchte ihm neues Leben ein. Die Villa wurde sorgfältig renoviert und zu einem Museum umgestaltet. Sämtliche Einrichtungsgegenstände und selbst die aufwändig gestalteten und im Laufe der Zeit massiv in Mitleidenschaft gezogenen Wand- und Deckenverzierungen wurden originalgetreu restauriert.

„Hätte die Stadt das Haus nicht gekauft, es wäre verfallen. Denn die nächsten Verwandten wohnen in Deutschland und hätten die Restaurierung nicht bezahlen können“, sagt Peter Resch, der – obwohl bereits in Pension – die Führungen der deutschsprachigen Gruppen übernimmt. Die Renovierung des Hauses hat etwas mehr als eine Million Euro gekostet.

Hilfe aus Linz

Beim Übersetzen der gefundenen Tagebücher von Franz Seidel, die in Kurzschrift verfasst sind, half den Museumsverantwortlichen um Peter Resch eine gute alte Bekannte: Die Linzerin Melanie Seidel, Witwe des 1984 verstorbenen Hans Seidel. „Ich kann Stenografie, aber nicht die Gabelsberger Kurzschrift“, sagt Melanie Seidel. „Darum hab ich mir aus der Studienbibliothek ein 100 Jahre altes Lehrbuch besorgt, das in Krumau gedruckt wurde. Dann bin ich nächtelang zu Hause gesessen und habe übersetzt.“

In den Tagebüchern hielt Franz Seidel Naturbeschreibungen fest. „Wunderbar, wie seine Bilder“, sagt Melanie Seidel, die während des Zweiten Weltkrieges von ihrem Geburtsort Bad Kreuzen als Säuglingsschwester nach Krumau kam und hier ihren späteren Mann sowie Franz Seidel kennengelernt hat. „Franz war ein feiner Mensch und ungemein hilfsbereit. Leider war er sehr mutterfixiert. Geheiratet hat er erst nach ihrem Tod – deswegen hatte er wohl keine Kinder.“

Bei der Eröffnung des Museums in Krumau vor zwei Jahren war Melanie Seidel mit dabei. Alles erschien ihr, als wäre sie erst vor wenigen Tagen das letzte Mal hier gewesen. Ein Beweis, dass es den Restaurateuren gelungen ist, die Seele der prachtvollen Villa mit Atelier zu erhalten. Was, wie angedeutet, einen enormen Aufwand darstellte.

Die Seidels waren nicht nur hervorragende Fotografen, sie waren auch in Sachen Technik Vorreiter und bewiesen ein fürs andere Mal Erfindergeist. Die riesige Glaskuppel im ersten Stock, dem eigentlichen Atelier, hatte eine Besonderheit: Sämtliche Glasplatten waren gerillt. „So konnte künstlich diffuses Licht erzeugt werden, welches die Schattenbildung verringert“, sagt Resch. Die Decke des Wartezimmers vor dem Fotostudio ließ Josef Seidel ganz besonders gestalten. Den Grund dafür kennt Peter Resch: „Das ist ein psychologischer Trick. Wenn die Kunden, während sie auf den Fototermin warteten, die Decke bewunderten, öffneten sich automatisch ihre Pupillen.“

Retusche mit Iltishaaren

Die Seidels produzierten auch Ansichtskarten. 1921 verließen das Fotoatelier Seidel rund 111.000 Postkarten. Dafür musste jedes Bild immer und immer wieder belichtet werden. Um die Rückseite zu bedrucken, gab es ein eigenes Gerät. Um dies alles zu bewältigen – fotografieren, retuschieren, belichten, verkaufen ... – waren zu Spitzenzeiten elf Menschen beschäftigt. Retuschiert wurde damals übrigens mit einem Pinsel aus Iltishaaren. „Josef Seidel hat das alles auf seinen Wanderschaften gelernt. Die Fotografie in Rumänien, die Bearbeitung in Wien“, sagt Resch.

Beide Projekte, die Digitalisierung der Glasplatten von Obermayr sowie von Vater und Sohn Seidel, sind nicht nur für Historiker von Interesse. Vor allem die gigantische Datenbank in Krumau kann unter Anbetracht der Vertreibung von mehr als drei Millionen Sudetendeutschen von großer Bedeutung für Hinterbliebene und Spuren suchende sein.

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