Der Knoten in der Stromleitung

Von Carsten Hebestreit   04.August 2018

"... ist das Laden von Elektro-Fahrzeugen verboten." Dieser Zusatz steht in sehr vielen Betriebs-Bescheiden für heimische Tiefgaragen. "Diese Formulierung wurde damals, in den 70er- und 80er-Jahren automatisch in die Bescheide reinkopiert", sagte ein Beamter im OÖN-Gespräch. Hintergrund dieser Auflage sind sogenannte Ladegase (Knallgas), die beim Laden eines Bleiakkus entweichen können. Ein kleiner Funken genügt und das Gas-Luft-Gemisch explodiert. Um die Gefahr zu reduzieren, war einerseits das Aufladen der Energiespeicher verboten, andererseits sind Tiefgaragen aus dieser Zeit oft bestens durchlüftet.

Aus einem anderen Blickwinkel mutet der Zusatz trotzdem kurios an: Damals waren keine reinen E-Autos erhältlich. Und die herkömmlichen 12-Volt-Autobatterien waren zu klein, um eine Gefahr darzustellen.

Derzeit erlebt die Autowelt den heftigsten Wandel ihrer Geschichte: weg von Verbrenner-Motoren hin zu Alternativantrieben wie E-Motoren. Gerade die E-Autos werden mit steigender Reichweite interessanter für Autofahrer. Als Einsatzgebiet gelten nicht ländliche Räume, sondern urbane Bereiche. Doch wo sollen die Elektro-Pkws geladen werden?

Laden mit Haushaltsstrom

Die logische Antwort ist: daheim. Denn der Haushaltsstrom ist die günstigste Art, E-Auto-Akkus aufzuladen. Doch just daran scheitern viele Städter, die einen Tiefgaragenplatz besitzen oder gemietet haben.

Die erste Hürde sind die Besitzverhältnisse. Genossenschaften legten sich in der Vergangenheit oft quer, wollte ein Mieter auf seinem Parkplatz eine Wallbox installieren lassen. Entsprechende "Hilferufe" von Betroffenen erreichten und erreichen oft die OÖN-Motor-Redaktion. Steht die Tiefgarage wiederum im Eigentum der Bewohner, muss von jedem Eigentümer die schriftliche Genehmigung eingeholt werden. Bei 100 und mehr Wohneinheiten eine schier unlösbare Aufgabe. "Wie wir eingezogen sind, wohnten alle zur Miete hier. Vor Kurzem entschieden sich etliche Bewohner für den Mietkauf. Damit ist mein Projekt, eine Ladestation zu installieren, gestorben", sagt ein Linzer im OÖN-Gespräch. "Ich tue mir nicht an, sämtliche Eigentümer abzuklappern!"

Abseits der Eigentumsverhältnisse bremsen die alten Bescheide die Montage von Wallboxen. "Ich habe einen Tiefgaragenplatz gemietet und hätte die Ladestation auf meine Kosten installieren lassen", sagt der Linzer Arzt Michael Bsteh. Doch der Eigentümer der Tiefgarage blockte ab. Denn der alte Bescheid – inklusive der Ladegase-Bestimmung – müsste "in die Hand genommen" werden. "Und dann muss der Garagenbetreiber auch andere bauliche Maßnahmen setzen, die allesamt sehr teuer sind", sagt der Mediziner.

Eigene Belüftung nötig

Eine eigene Belüftung beispielsweise – wegen besagter Ladegase. Da spielt auch keine Rolle, dass die Hersteller von E-Autos (BMW, Nissan, Renault etc.) hochoffiziell bestätigen, dass keinerlei Ladegase entweichen, weil die LiIon-Akkus geschlossene Systeme sind.

"Das Lade-Verbot steht in dem alten Bescheid drin, daher muss das Thema auch behandelt werden", sagt der Jurist Dietmar Umdasch von Land OÖ (Abteilung Inneres und Kommunales). "Stellt sich heraus, dass die Ladegase keine Rolle spielen, kann die Genehmigung unproblematisch erteilt werden."

Doch die Ladegase spielen eine Rolle, wie die OÖN-Motorredaktion aus eigener Erfahrung weiß. Und auch Michael Bsteh bestätigt die scheinbar unüberwindliche Hürde. "Man müsste im Landtag nur einen dreizeiligen Erlass verabschieden, dass die Montage von Ladestationen nicht mehr bewilligungspflichtig ist – fertig!", sagt der Linzer Arzt. Dies bestätigten auch mehrere Abteilungen der OÖ Landesregierung im OÖN-Gespräch. Kurzum: Die Politik ist am Zug.