Ein türkiser Traum aus Texas

Von Carsten Hebestreit   13.Jänner 2018

"Irgendwann kaufe ich mir einen Oldtimer", wiederholte Werner Aumayr immer wieder. "Irgendwann, sicher." Nachsatz: "Aus den USA." Doch seine Lebenspartnerin Anita Moser hielt jedes Mal dagegen. "Ich hatte eine konkrete Lebensplanung: Kinder aus dem Haus, das Haus abzahlen. Erst dann kommt der Oldtimer. Punkt."

"Lange überlegt"

Der heute 56-Jährige machte, was wohl viele Männer in so einer Situation machen: Stöbern, schauen, goutieren – freilich ohne zu kaufen. Und irgendwann reiste der Geschäftsmann nach St. Pölten. Das Ziel: eine Garage, in dem ein Ford Fairlane 500 parkt. "Wir haben lange überlegt", erzählt Anita Moser, deren einzige Anforderung der Wagen erfüllte: "Er muss unbedingt türkis sein!"

Ein türkiser Traum aus Texas
Anita Moser

Anita Moser

 

Als während des Irland-Urlaubes 2016 eine Parte mit den Worten "Und ich dachte, wir hätten noch so viel Zeit" auf dem Handy eintrudelte, fiel in diesem Augenblick die Kaufentscheidung. Denn die Kollegin war mit 34 an Krebs gestorben. "Wir sind an einem Sonntag zurückgeflogen, am gleichen Abend hat Werner den Kaufvertrag unterschrieben."

"Optisch war der Wagen in einem Top-Zustand", erzählt die 47-Jährige. Alles original, keine Schäden. Doch die Tücke steckte unterm Blech. "Als wir vor einem Mostbauern in der Wachau einparkten, versagte plötzlich die Bremse." Die Mauer hatte einen deutlichen Schaden, der 5,85 Meter lange US-Schlitten eine kleine Delle im Nummerntaferl. "Über die Technik haben sich die Vorbesitzer offenbar nicht drübergetraut", sagt die Linzerin, deren Sohn Manuel ein paar Wochen Urlaub für den Oldtimer opferte. Bremsen, Lichtmaschine, Zündschloss, Beleuchtung, Dichtungen, Leitungen – der 23-Jährige tauschte alles aus. "Jede Woche kam ein Packerl mit Ersatzteilen aus den USA in mein Büro", erzählt die Unternehmerin. Positiv formuliert: Ford hat noch alle Ersatzteile im Original auf Lager.

Ein türkiser Traum aus Texas
Werner Aumayr

Werner Aumayr

 

Apropos USA: Die Linzerin fand via Facebook die Enkelin von Toni Rodriguez, dem ersten Besitzer des Fairlane. "Zweimal hatte die Familie nach Tonis Tod versucht, den Wagen bei einer Auktion zu versteigern – vergeblich." Dann holte ein Holländer 2013 den US-Schlitten von Texas nach Europa, ehe er den Ford nach St. Pölten weiterverkaufte. Dort parkte das Schmuckstück, bis ihn Werner Aumayr entdeckte.

Jede Fahrt ein Abenteuer

Die Fahrt mit dem fast 1,6 Tonnen schweren US-Car sei jedes Mal ein kleines Abenteuer, erzählt Anita Moser. Die 3-Gang-Automatik schaltet eigenwillig, die Lenkung reagiere nicht gerade direkt. Dafür zieht das Trio Moser/Aumayr/Fairlane bei Ausfahrten sämtliche Aufmerksamkeit auf sich. "Da kommen jedes Mal mindestens 100 Gefällt-mir-Daumen!" An jeder roten Ampel kommentieren andere Autofahrer den Traum in Türkis. "Wir sind auch schon angehalten worden!" Das immer gleiche Anliegen: "Wenn ihr den Wagen verkaufen wollt ..." Nein, wollen die Linzer nicht. Denn "bei den Fahrten mit dem Ford können wir beide völlig abschalten". Wie bei einem Kurzurlaub.

Ein türkiser Traum aus Texas
Ein türkiser Traum aus Texas
Alles da – inklusive Radio und Aschenbecher

Ford Fairlane 500 Skyliner Retractable Hard-Top

Der Ford Fairlane 500 von Werner Aumayr und Anita Moser lief am 3. Oktober 1958 vom Ford-Band in San José. „Offiziell ist’s aber ein Baujahr 1959, weil er erst zu diesem Zeitpunkt in den Verkauf kam“, erzählt die Linzerin. „Skyliner“ bezeichnet das Cabrio mit dem Hardtop, der Zusatz „500“ deutet auf das Spitzenmodell hin.

Der US-Schlitten wiegt 1555 Kilogramm leer und ist 5,85 Meter lang. Der 5,8-Liter-V8 leistet 300 PS und säuft durchschnittlich 20 Liter verbleites Benzin. Bei einem 50-Liter-Tank sind somit regelmäßige Tankstopps unumgänglich. Typisch für die 1950er-Jahre ist die 3-Gang-Automatik, die neben dem „R“ (Retour) und dem „D“ (Drive) auch einen „L“-Gang anbietet – für Bergabfahrten.

Das riesige Hardtop klappt auf Knopfdruck zusammen und lässt sich elektrisch im Kofferraum versenken. Das Spektakel frisst aber jedes Mal unfassbar viel Strom, den die Lichtmaschine allein nicht liefern kann. Kurzum: Die Batterie muss Energie beisteuern.
Auf der vorderen Sitzbank dürfen drei Personen Platz nehmen.