"Die hohe Nachfrage gibt uns ja völlig Recht"

Von Carsten Hebestreit   31.Oktober 2018

Smart steht vor einer Revolution. 2020 werden ForTwo, Cabrio und ForFour nur noch mit E-Antrieb angeboten. Ein zu harter Schnitt? Wir fragten nach beim Unternehmens-Sprecher Daniel Leskow.

 

OÖN: Ich würde ja gerne in Österreich einen E-Smart fahren, bekomm aber keinen…

Leskow: Wir haben den Ansturm auf die elektrischen Fahrzeuge etwas zurückhaltender eingeschätzt, als er jetzt eingetreten ist. Das ist positiv, denn es bestätigt unsere Entscheidung, 2020 auf rein elektrische Antriebe umzustellen. Die Einschränkung ist, dass wir jetzt nicht so schnell liefern können, wie wir gerne möchten.

Warum wird die Produktion nicht hinaufgefahren?

Das tun wir ja, und zwar richtig steil. Produktion, Lieferanten, Zulieferer, Entwickler – alle sind gefordert, dass wir auf höhere Stückzahlen kommen. Zwischen Jänner und August haben wir 9200 Elektro-Modelle gefertigt – weit mehr als im gesamten Jahr 2017.

Sollte die Zeitspanne, bis die Verbrenner vom Markt genommen werden, nicht noch verlängert werden? Ist der Ausstieg zu früh?

Nein. Die hohe Nachfrage nach dem e-Smart gibt uns völlig Recht, dass dies der richtige Weg ist.

Erwarten Sie nach dem Umstieg Einbrüche beim Absatz?

Viel hängt davon ab, ob und wie schnell wir diese extrem hohe Nachfrage nach e-Smart befriedigen können. Wir können nicht ausschließen, dass es beispielsweise in Regionen mit schwacher Ladeinfrastruktur zu Absatzrückgängen kommt.

Sind 160 Kilometer Reichweite, die reell 100 Kilometer sind, nicht selbst für die Stadt zu wenig?

Die Reichweiten-Angst war zu Beginn der E-Mobilität viel größer als heute. Wir befragen ja unsere Kunden, was die Kaufhemmnisse sind. Und da hat die Reichweite im Smart-Segment eine abnehmende Bedeutung. Weil nämlich das Gesamtpaket – kleines Stadtfahrzeug mit begrenzter Reichweite – trotzdem überzeugend ist. Mit in diesem Paket sind auch die unzähligen Lademöglichkeiten sowie die einfache Bezahlung.

Ist Smart – unabhängig vom Antrieb – ein typisches Frauen- oder doch eher ein Männer-Fahrzeug?

Smart ist – egal, ob Coupé oder Cabrio – eine absolut ausgeglichene Marke. Das heißt, die Verteilung ist halb-halb. Das gilt übrigens auch für die Altersstruktur. Von Jung bis Alt – die Kundenschicht ist gleich verteilt.

Frauen tanken nicht gerne. Wenn die Smart-Fahrerinnen nun ihr Fahrzeug jeden zweiten Tag anstecken müssen, verliert das Auto doch seinen Reiz…

Wir beschäftigen uns schon länger mit der E-Mobilität und denken nicht mehr in der Kategorie "Tanken". Wenn ich abends nach Hause komme, stecke ich den Smart an der Steckdose an. In der Früh ist der Akku voll. Dies ist etwas ganz anderes, als wenn ich daneben stehe und warten muss, bis der Tank voll ist. Wir sehen bei Smart das Laden als Erleichterung an.

Als die aktuelle Smart-Generation auf den Markt kam, war die Smart-Gemeinde geschockt. Smart-Partner Renault hatte vor allem beim Design dem Kleinen seinen Stempel aufgedrückt. Wie beurteilen Sie rückwirkend diese deutsch-französische Kooperation?

Er sieht aus wie ein Smart, fährt sich wie ein Smart – alles, was einen Smart ausmacht, ist in dem Fahrzeug vereint. Also: Es ist ein Smart.

Was dürfen wir künftig noch von Smart erwarten?

Eine ganze Menge! Neben der wirklich großen Revolution, der Umstellung auf den E-Antrieb, sind wir dabei, noch viele Kleinigkeiten umzusetzen. Nächstes Jahr steht ein Facelift an, bei dem das Design nachgeschärft wird. Wir werden zudem das Serviceportfolio massiv ausbauen. Und Ready-to-Share einführen, das jetzt schon in Frankreich, Italien und Deutschland startet. Ein Fahrzeugbesitzer kann dabei sein Fahrzeug via App für Dritte freischalten. Ob und wieviel er von den Nutzern verlangt, ist seine Entscheidung. Das ist die Welt, an der wir arbeiten. Also nicht das Fahrzeug selbst, sondern das Ökosystem drumherum.