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Steyr: Laufsteg in die Innenstadt

Von Tobias Hagleitner, 15. September 2018, 00:04 Uhr
Laufsteg in die Innenstadt
Auf der Brückenunterseite spannt sich das schlanke Tragwerk von Ufer zu Ufer, am Gehweg oben gibt es freie Sicht. Bild: Faruk Pinjo

STEYR. Mit dem Auto heran, zu Fuß hinein. Das ist das Konzept der neuen Parkgarage mit Brücke in die Innenstadt. Die Idee verdient Beachtung.

Ein Konsortium von Geschäftsleuten brachte 2011 den Vorschlag ein, am östlichen Uferhang der Enns eine Parkgarage zu errichten, kombiniert mit einer Brücke, die von dort direkt ins historische Zentrum führt. Der Deal: Die Initiatoren tragen den Großteil der Investition und bewirtschaften das Parkhaus, die Stadt unterstützt das Projekt und erhält den Mehrwert einer neuen Erschließung.

Einerseits wurde so die seit längerem gewünschte Verbindung über die Enns in möglichst direkter Linie zwischen Bahnhof und Stadtplatz realisierbar, andererseits lag in der Verbesserung des Parkplatzangebots in Zentrumsnähe eine Chance für die Belebung der Innenstadt, die Steyr durchaus brauchen kann.

Oft sind Rentabilität und technische Funktion bei Infrastrukturbauten dieser Art die einzigen Kriterien. Ärgerliche Beispiele dafür gibt es im Land genug. In diesem Fall wurde die Bedeutung für die Stadtgestalt erkannt, der Wert einer überlegten Gestaltung berücksichtigt.

Laufsteg in die Innenstadt
Steyr ist geprägt von großen Höhensprüngen. Die Architektur begegnet dem Versatz mit skulpturaler Schlichtheit. Bild: Faruk Pinjo

In einem Architekturwettbewerb wurde um Vorschläge gebeten, wie sich der Steg und die Fassade der zweigeschoßigen Hanggarage möglichst wirtschaftlich, nutzungsfreundlich und architektonisch elegant in den attraktiven Stadtraum fügen lassen. Bei der Bauaufgabe Fußgängerbrücke neigen Architektur- und Ingenieurbüros mitunter zur Verspieltheit. Selbstbezügliche, teils imposante, teils lächerliche Fremdkörper sind das Ergebnis. Der siegreiche Entwurf der Architekten Marte und Marte aus Vorarlberg überzeugt mit einer schlanken, sachlichen Konstruktion aus einem Hohlkasten auf einem einzigen, exzentrisch angeordneten Pfeiler. Unkompliziert schafft der Steg die gewünschte Verbindung und sticht präzise wie zurückhaltend in die denkmalgeschützte Stadtfassade am Ennskai. Die Feinheit wird möglich durch die kluge Statik der Brücke, die, im Osten eingespannt, auf dieser Seite nur einen geringen Teil der Lasten abzutragen hat.

Durchgängig aus Cortenstahl gefertigt, wurde der Steg mit der 270 Meter langen Fassade der Garage als Ganzes zusammengefasst, als Landschaft konzipiert. Rost, anderswo Grund genug, eine Brücke abzureißen, war hier von Anfang an gewünscht.

In der Metall- und Autostadt Steyr wird die künstliche Alterung ebenfalls nicht nur auf Gegenliebe stoßen, dennoch lässt das warme und nuancenreiche Farbbild das Bauwerk zeitlos

und selbstverständlich wirken: Der Gedanke, dass es den Ennssteg jemals nicht gegeben haben könnte, scheint fast absurd. Die städtebauliche und naturräumliche Einbettung stimmt, die Vertikalverbindung über Lift oder Treppe von Dukartstraße, Parkgarage, Brücke funktioniert sehr gut. Oben ergibt sich ein aufgeräumtes Straßenbild mit Panorama in die Innenstadt, der Stadtplatz ist im Nu erreicht. Die praktischen Ansprüche sind erfüllt.

Städtischer Mehrwert

Kritische Punkte sind die mangelhafte Einbindung der Uferwege in die neue Route über den Fluss, der bauskulptural vielleicht interessante, in der Nutzung aber fragwürdige "tote Winkel", der durch den Einschnitt am östlichen Brückenkopf entsteht und, nicht zuletzt, die im Farbton abweichende, billig wirkende Kunststoffbahn als Bodenbelag – Rutschfestigkeit hätte sich auch anders herstellen lassen.

Zusätzliche Brücken, insbesondere für Fuß- und Radverkehr, sind ein unschätzbarer Mehrwert für jede Stadt, insbesondere, wenn sie dabei helfen, städtische Räume wiederzubeleben und das Auto zurückzudrängen. Nichts spricht gegen eine öffentlich-private Kooperation wie in diesem Fall, um so etwas umzusetzen.

Es gibt aber drei entscheidende Voraussetzungen für das Gelingen: erstens der richtige Standort, zweitens gute, professionelle Gestaltung, drittens ein solides, nachhaltiges Konzept, das Nutzen und Kosten über den gesamten Lebenszyklus realistisch projektiert und vertraglich regelt.

 

Daten und Fakten

 

Objekt: Ennssteg, Steyr
Bauherrschaft: Stadtplatzgarage Steyr Gmbh (Initiatoren: Leopold Födermayr, Robert Franz Hartlauer, Wilfried Wetzl, Stephan Mayr, Alexander Stellnberger, Dietrich Buschmann)
Architektur: Marte.Marte Architekten, Feldkirch
Tragwerksplanung: M+G Ingenieure, Feldkirch
Wettbewerb: 2012
Fertigstellung: 11/2017
Maße: Länge: 105,5 m; Breite: 3,20 m; Konstruktionshöhe: 1,14 m
Bauweise: Zweifeld-Stahlkastenbrücke aus Cortenstahlblech; Mittelpfeiler: Blech, betongefüllt; Fassade der Stadtplatzgarage: Cortenstahl-Streckgitter, begrünt (noch im Wachstum)
Investitionsvolumen (Garage und Steg) 9.180.000,- Euro brutto (davon Stadt Steyr rund 2 Millionen Euro)

 

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