Grün-blauer Zwist um Wohnbeihilfe für Migranten

07.Juli 2018

Seit Anfang Jänner müssen Drittstaatsangehörige zusätzliche Kriterien erfüllen, um Wohnbeihilfe zu bekommen. Das habe dazu geführt, dass schon mehr als 100 Personen, die jahrelang hier leben, nicht mehr unterstützt werden, kritisiert Landesrat Rudi Anschober (Grüne). Die Dunkelziffer sei höher, ergänzt Magdalena Danner von "Migrare", dem Zentrum für Migranten.

Nicht-EU-Bürger bekommen nur noch Wohnbeihilfe, wenn sie mindestens viereinhalb der vergangenen fünf Jahre gearbeitet haben und ausreichend Deutschkenntnisse nachweisen. Für Letztere ist ein Zeugnis oder Diplom des Integrationsfonds oder einer von diesem zertifizierten Einrichtung (Niveau A2) nötig. Auch der Bezug von Notstandshilfe wird bei der Wohnbeihilfe nicht mehr angerechnet.

Anschober nennt Beispiele: Betroffen seien etwa eine 63 Jahre alte Serbin, die seit 1990 in Österreich lebe, oder ein 40 Jahre alter Türke, der seit 2003 hier sei. Mitunter habe die Wohnbeihilfe zuvor 125 Euro und damit fast die Hälfte der Wohnkosten betragen, sagt Danner: "Eine Personengruppe wird jetzt systematisch ausgeschlossen." Das widerspreche dem EU-Recht und dem Landes-Antidiskriminierungsgesetz, sagt Anschober. Langfristig aufenthaltsberechtigte Personen müssten Österreichern gleichgestellt werden. Die Grünen streben eine externe rechtliche Überprüfung an.

Ganz anders sieht das die FP, in deren Kompetenz die Materie in der Landesregierung fällt. "Die Wohnbeihilfe ist keine Kernleistung der sozialen Sicherheit und somit nicht von der EU-Richtlinie betroffen", sagt FP-Klubobmann Herwig Mahr. Sie sei ein Teil der Wohnbauförderung. Der Verfassungsdienst habe die Novelle genau geprüft.

Den Zugang für Drittstaatsangehörige zu erleichtern, sei "weder sachlich gerechtfertigt noch von der Mehrheit gewollt", sagt Mahr: "Erst wenn Integration erfolgt sowie Sprache erlernt und Leistung erbracht wurde, soll der Zugang möglich sein." Heuer seien 476 Beihilfe-Ansuchen bewilligt und nur 18 Anträge abgelehnt worden. Alles andere sei Panikmache. Zahlreiche Fälle sind noch in der Warteschleife.

Laut Anschober ist es für Migranten in der Praxis oft schwierig, das Diplom zu erlangen oder bei zu starken gesundheitlichen Problemen den geforderten Weg zum Amtsarzt anzutreten. (az)